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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Bhullar
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Vieles sagen, aber es war so wenig Zeit. Und leider plap perte ich auch immer wie ein unartiges Kind dazwischen. Am Ende des Telefongespräches zwangen wir uns, wenigstens „Ich liebe dich“ zu sagen. Manchmal fielen diese schönen Worte kläglich aus und mein Herz tat mir weh.
    Er fragte mich nie, ob ich ihn noch liebe und er fragte mich auch nie, ob ich andere Männer kennengelernt hätte. Das war unter seiner Würde, das liebte ich an ihm. Er wa r sich seiner vollkommen sicher. Ganz im Gegensatz zu mir.  Wusste er, dass ich ihn so liebte? Wusste er, dass ich wusste, dass er mich abgöttisch liebte? Verrückte Gedanken! Ich wollte nur eines: Sehr bald mit ihm zusammen sein, ob verheiratet oder nicht.
     
    An einem Sonntag Ende November - die ganze Stadt war in Nebel eingehüllt - hielt ich es nicht mehr aus, nicht bei ihm zu sein und tat etwas, was ich noch nie gemacht hatte. Ich fuhr spontan zu ihm, ohne ihn darüber zu informieren. Ich wollte mit dem Bayernticket frühmorgens fahren und nachts wieder zurückfahren. Im Zug überlegte ich lange, ob ich ihn so einfach überraschen durfte und war natürlich ungeheuer neugierig, was er so allein ohne mich in Salzburg trieb. Aber dann dachte ich, dass er vielleicht nicht zuhause sein könnte und dass ich dann die Fahrt umsonst gemacht hätte. So entschloss ich mich, ihn doch durch eine kleine SMS darüber zu informieren, dass ich um 12 Uhr 40 am Bahnhof ankommen würde. Durch sein Zurückpiepsen mit dem Handy erkannte ich, dass er sich sehr freute. Am Bahnhof sah ich ihn stehen, mager und mit zerzausten Haaren und seine Schläfen waren noch grauer geworden. Ich beobachtete ihn eine Weile vom Zug aus und sah, wie er nervös und unsicher um sich schaute, weil er mich nicht entdeckte. Ich war über seinen Gesichtsausdruck überrascht und wartete noch ein bisschen, bis er mich selbst entdeckte. Da hellte sich sein Gesicht ein ganz klein bisschen auf, kurz darauf umarmte und küsste er mich - aber nicht so innig und so lange wie beim letzten Mal. Ich sah deutlich, dass er frustriert war und schon platzte er mit der neuesten Neuigkeit heraus.
    „ Jagir ist ein elender Lügner, Jasmin. Stell dir vor, er hat gar keinen Besuch von seinem Onkel bekommen. Es war vollkommen umsonst, dass er mich aus seiner Wohnung schmiss, weil er den Platz gar nicht brauchte. Wieso belügt der mich? Ich habe ihn immer respektiert und er macht Scheiße mit mir. Das verzeihe ich ihm nicht. Am liebsten würde ich ihm eine klatschen. Jetzt muss ich in diesem Drecksloch bei den anderen Indern hausen und du darfst nicht dorthin kommen, weil so was nicht üblich ist bei uns, dass ein Mann mit seiner Freundin zusammen im Bett schläft, während die anderen nebenan nächtigen. Ich bin furchtbar sauer auf Jagir ‚ das kannst du mir glauben.“
    Ich hatte schon lange vorher geahnt, dass es faule Aus reden von Jagir waren, um uns auf diese Weise loszuwerden. Warum konnte dieser Mann uns das nicht direkt ins Gesicht sagen? Wieder dachte ich daran, ob nicht Sharma selbst die Sache inszeniert hatte. Ich schwieg und schaute ihn nur an - den Tränen nahe. Ich konnte es nicht fassen, dass wir nicht die paar Tage noch in Jagirs Wohnung verbringen konnten.
    Sharma regte sich furchtbar über den Vorfall auf und wei gerte sich strikt, auch nur eine Nacht in Jagirs Wohnung zu verbringen. Das war natürlich für mich ein großer Nachteil, weil ich nicht mit Sharma zusammen einige Tage verbringen konnte.
    Als er mit mir in die Wohnung in der Judengasse ging, in der schon drei Inder wohnten, flog ich vor Entsetzen fast rückwärts wieder raus, denn es bot sich mir ein schrecklicher Anblick! Das war keine Wohnung, das war ein Drecksloch.
    Man kam in einen Raum, wo man über zwei uralte Fern seher stolperte, die unter einem versifften Waschbecken ohne Wasserhahn standen. Drei komisch angeordnete Bettgestelle standen wahllos herum, auf denen lieblos irgendwelche Lumpen als Zudecken geworfen waren und davor prangte ein baufälliger Wohnzimmertisch von vorne bis hinten mit Unrat bedeckt. Neben dem Eingang befand sich eine Dusche, die so verdreckt war, dass man sie fast nicht als Dusche erkannt hätte. Daneben führte ein Durchgang in einen anderen Raum, in dem ein riesiges Bettgestell stand, auf dem zwei verdreckte, mit Bröseln übersäte Matratzen lagen. Direkt neben dem „Bett“ stand ein kleines wackeliges Kästchen, auf dem eine komplett verkleisterte Kochplatte prangte. Unser „Rattenzimmer“ war Gold dagegen

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