Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
einzelnen Gefallen bezahlst, aber ich dachte, eine laufende Rechnung wäre einfacher.« Er lächelte spöttisch. Ein selbstgefälliges Angeber-Grinsen.
Ich kniff die Augen zusammen. »Das macht dir Spaß, was?«
»Bald komme ich und treibe meine Schulden ein, und dann werde ich wirklich Spaß haben.«
»Du hast mir den Jeep nicht geliehen«, entgegnete ich. »Ich habe ihn gestohlen. Und das war kein Gefallen – ich habe ihn requiriert.«
Er sah wieder auf die Uhr. »Wir werden später weiterreden müssen. Ich muss weg.«
»Das stimmt«, schnappte ich. »Ins Kino mit Marcie. Geh und amüsier dich, während mein Leben auf dem Spiel steht.« Ich redete mir ein, dass ich wollte, dass er ging. Er hatte Marcie verdient. Es war mir egal. Ich geriet in Versuchung, ihm noch etwas hinterherzuwerfen; ich dachte daran, die Tür hinter ihm zuzuknallen. Aber ich würde ihn nicht gehen lassen, bevor ich die Frage gestellt hatte, die in meinen Gedanken brannte. Ich grub meine Zähne in das Innere meiner Wangen, um meine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Weißt du, wer meinen Vater ermordet hat?« Meine Stimme
war kalt und kontrolliert und nicht meine eigene. Es war die Stimme von jemand anderem, bis in die Fingerspitzen von Hass, Zerstörung und Anklage erfüllt.
Patch blieb mit dem Rücken zu mir stehen.
»Was ist in jener Nacht geschehen?« Ich kümmerte mich nicht darum, die Verzweiflung in meiner Stimme zu vertuschen.
Nach einem Augenblick der Stille sagte er: »Du fragst so, als würdest du glauben, ich müsste es wissen.«
»Ich weiß, dass du die Schwarze Hand bist.« Ich schloss kurz die Augen und fühlte, wie mein gesamter Körper unter einer Welle von Übelkeit schwankte.
Er sah über die Schulter. »Wer hat dir das gesagt?«
»Dann stimmt es also?« Ich merkte, dass ich beide Hände zu Fäusten geballt hatte und heftig zitterte. »Du bist die Schwarze Hand.« Ich beobachtete sein Gesicht, betete darum, er möge es irgendwie zurückweisen.
Die Großvateruhr im Flur läutete zur vollen Stunde, ein schwerer, vibrierender Ton.
»Hau ab«, sagte ich. Ich würde nicht vor ihm weinen. Ich weigerte mich. Ich würde ihm diese Befriedigung nicht geben.
Er stand da, sein Gesicht kalt vom Schatten, satanisch angehaucht.
Die Uhr schlug in der Stille. Eins, zwei, drei.
»Dafür wirst du bezahlen«, sagte ich, mit immer noch merkwürdig fremder Stimme.
Vier, fünf.
»Ich werde einen Weg finden. Du verdienst es, zur Hölle zu fahren. Nur, dass ich es schade fände, wenn die Erzengel mir zuvorkämen.«
Ein Blitz schwarzer Hitze zuckte durch seine Augen.
»Du verdienst alles, was auf dich zukommt«, sagte ich zu
ihm. »Jedes Mal, wenn du mich geküsst und im Arm gehalten hast … in dem Wissen, was du meinem Vater angetan hattest …« Ich verschluckte mich und drehte mich um, verlor die Kontrolle, als ich es am wenigsten gebrauchen konnte.
Sechs.
»Geh«, sagte ich mit ruhiger Stimme, die aber nicht fest war.
Als ich aufsah, mit blitzenden Augen, und Patch mit der Heftigkeit meines Hasses im Blick dazu bringen wollte zu gehen, war ich allein im Flur. Ich sah mich um, erwartete, dass er aus meinem Blickfeld herausgetreten war, aber er war überhaupt nicht mehr da. Eine merkwürdige Stille ließ sich zwischen den Schatten nieder, und mir wurde klar, dass die Großvateruhr aufgehört hatte zu schlagen.
Ihre Zeiger waren auf der Sechs und der Zwölf stehengeblieben, in dem Augenblick, in dem Patch für immer gegangen war.
SIEBZEHN
N achdem Patch gegangen war, vertauschte ich meinen Strandaufzug mit dunklen Jeans und einem T-Shirt und zog eine schwarze Razorbills-Windjacke über, die ich letztes Jahr auf der Weihnachtsfeier des eZines gewonnen hatte. Obwohl der Gedanke daran meinen Magen in Aufruhr versetzte, musste ich Patchs Apartment durchsuchen, und zwar heute Abend noch – bevor es zu spät war.
Es war dumm von mir gewesen, Patch zu verraten, dass ich wusste, dass er die Schwarze Hand war. Ein Augenblick von feindseligem Leichtsinn. Ich hatte meinen Überraschungsmoment preisgegeben. Ich bezweifelte, dass er mich als eine tatsächliche Bedrohung ansah – er hatte mein Versprechen, ihn zur Hölle zu schicken, vermutlich höchst amüsant gefunden – aber ich verfügte nun über Informationen, die er sorgfältig verborgen hatte. Nach allem, was ich von den allwissenden, immer wachsamen Erzengeln wusste, konnte es nicht leicht gewesen sein, seine Verwicklung in den Mord an meinem Vater vor ihnen zu
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