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Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt

Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt

Titel: Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becca Fitzpatrick
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mich wieder verlassen würde. Das Gefühl der Verlassenheit überwog alles andere. Er würde mich hier zurücklassen. Im Gruselkabinett. Im Dunkeln, mit niemandem, der mir half, außer Rixon. »Warum verlässt du mich schon wieder? Ich brauche dich!«
    Berühre Rixons Narben. Dort siehst du die Wahrheit.
    Das Gesicht meines Vaters zog sich in die Dunkelheit zurück. Ich streckte die Hand aus, um ihn aufzuhalten, aber sein Gesicht verwandelte sich in ein nebliges Band, als ich es berührte. Die silberweißen Stränge lösten sich in der Dunkelheit auf.
    »Nora?«
    Ich schreckte bei dem Ton von Rixons Stimme auf. »Wir müssen uns beeilen«, sagte er, als wäre nicht mehr als ein Wimpernschlag von Zeit vergangen. »Wir sollten nicht im äußeren Tunnelring auf Scott treffen, auf den alle Eingänge münden.«
    Mein Vater war verschwunden. Aus einem Grund, den ich nicht erklären konnte, wusste ich, dass ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Das Gefühl von Schmerz und Verlust war unerträglich. Jetzt und hier, wo ich ihn am meisten brauchte,
verängstigt und verloren wie ich war, hatte er mich verlassen, und ich war auf mich allein gestellt.
    »Ich kann nicht sehen, wohin ich trete«, keuchte ich und wischte mir die Augen trocken. Ich kämpfte darum, meine Gedanken nur auf dieses eine Ziel zu richten: zu den Tunneln zu gelangen und Vee auf der anderen Seite zu treffen. »Ich brauche was, woran ich mich festhalten kann.«
    Rixon hielt mir ungeduldig den Saum seines Hemdes hin. »Halt dich an meinem Hemd fest und folge mir. Bleib nicht zurück. Wir haben nicht viel Zeit.«
    Ich drückte die abgenutzte Baumwolle zwischen meinen Fingern, und mein Herz schlug lauter. Nur Zentimeter von mir entfernt war die nackte Haut seines Rückens. Mein Vater hatte gesagt, ich sollte seine Narben berühren; das wäre jetzt so einfach. Ich musste nur meine Hand ….
    Dem dunklen Sog nachgeben, der mich verschluckte …
    Ich dachte an die paar Male, als ich Patchs Narben berührt hatte und für kurze Zeit in seine Erinnerung transportiert worden war. Ohne den Schatten eines Zweifels wusste ich, dass dasselbe geschehen würde, wenn ich Rixons Narben berührte. Ich wollte nicht gehen. Ich wollte auf den Beinen bleiben, zu den Tunneln gelangen und aus dem Delphic herauskommen.
    Aber mein Vater war zurückgekommen, nur um mir zu sagen, wie ich die Wahrheit erfahren konnte. Was auch immer es in Rixons Vergangenheit zu sehen gab, es musste wichtig sein. Sosehr es auch schmerzte zu wissen, dass mein Vater mich hier zurückgelassen hatte, ich musste ihm doch vertrauen. Ich musste glauben, dass er alles aufs Spiel gesetzt hatte, um mir das zu sagen.
    Ich ließ meine Hand unter Rixons Hemd nach oben gleiten. Ich spürte glatte Haut … dann einen unebenen Rand aus Narbengewebe. Ich legte meine Hand auf die Narbe und
wartete darauf, in eine fremde, unbekannte Welt gezogen zu werden.
     
    Die Straße war ruhig und dunkel. Die Häuser, von denen sie auf beiden Seiten gesäumt wurde, waren verlassen, vernachlässigt. Die Gärten waren klein und eingezäunt. Fenster waren entweder verbarrikadiert oder vergittert. Ein heftiger Frost biss mir in die Haut.
    Zwei laute Explosionen zerrissen die Stille. Ich drehte mich zu dem Haus auf der anderen Straßenseite herum. Schüsse? , dachte ich panisch. Ich suchte sofort in meinen Taschen nach meinem Handy, wollte 911 anrufen, als mir einfiel, dass ich mich in Rixons Erinnerung befand. Alles, was ich sah, war bereits geschehen. Ich konnte nichts mehr daran ändern.
    Das Geräusch von rennenden Schritten hallte durch die Nacht, und ich sah im Schock, wie mein Vater durch das Tor des Hauses auf der gegenüberliegenden Straßenseite ging und dann um die Ecke herum verschwand. Ohne zu warten, folgte ich ihm.
    »Dad!«, schrie ich, ich konnte nicht anders. »Geh nicht dorthin!«
    Er trug dieselben Sachen wie in der Nacht, als er ermordet wurde. Ich drängte mich durch das Tor und fand ihn an der hinteren Ecke des Hauses. Schluchzend warf ich die Arme um ihn. »Wir müssen zurückgehen. Wir müssen von hier verschwinden. Etwas Schreckliches wird geschehen.«
    Mein Vater ging durch meine Arme hindurch zu einer kleinen Steinmauer, die das Grundstück umgab. Er kroch gebückt die Mauer entlang, die Augen fest auf die Hintertür des Hauses gerichtet. Ich lehnte mich an die Wand, schlug die Hände vors Gesicht und weinte. Ich wollte es nicht sehen. Warum hatte mein Vater mir gesagt, ich sollte Rixons
Narben berühren? Wusste

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