Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
wirklich loszulassen und einzusehen, dass er für immer fort war.
Was auch immer dort hinten geschehen war, es war nicht wirklich gewesen. Es war nicht mein Vater gewesen. Er würde mich nie verletzen. Er liebte mich.
»Lass uns zum Devil’s Handbag zurückgehen«, sagte ich und atmete zittrig aus. Ich wollte so schnell wie möglich so
weit wie möglich von dem Reihenhaus weg. Noch einmal sagte ich mir, dass die Person, wen auch immer ich dort hinten gesehen hatte, nicht mein Vater gewesen war.
Das Echo vom Schlagen, Klingen und Jaulen von Schlagzeug und Gitarren, die sich für die Show warmmachten, wurde lauter und als meine Panik langsam abklang, spürte ich, wie sich mein Herzschlag verlangsamte. Die Vorstellung, mich in einem Schwarm von Hunderten von Körpern zu verlieren, die in dem Lagerhaus dicht gedrängt waren, hatte etwas Beruhigendes. Trotz allem, was geschehen war, wollte ich nicht nach Hause gehen, und ich wollte auch nicht allein sein; ich wollte in den Mittelpunkt der Menschenmenge schlüpfen. Es lag Kraft in der großen Zahl.
Vee griff nach meinem Handgelenk und hielt mich zurück. »Ist das, wer ich denke, dass sie es ist?«
Einen halben Block weiter stieg Marcie Millar in ein Auto. Ihr Körper sah aus, als wäre er in einen engen schwarzen Fetzen Stoff gegossen worden, der kurz genug war, um ihre schenkelhohen schwarzen Spitzenstrümpfe mit Strapsen zu zeigen. Hohe Stiefel, die bis über die Knie reichten und ein schwarzer Fedora vervollständigten das Outfit. Aber es war nicht das Outfit, das meine Aufmerksamkeit erregte. Es war das Auto. Ein glänzender Jeep Commander. Der Motor ging an, und der Jeep bog um die Ecke und geriet außer Sicht.
NEUN
H eilige Geisterbahn«, flüsterte Vee. »Hast du das gerade gesehen? Hab ich eben wirklich Marcie in Patchs Jeep einsteigen sehen?«
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es fühlte sich an, als hätte jemand Nägel in meine Kehle gestopft.
»Hab ich mir das eingebildet«, fragte Vee, »oder konnte man tatsächlich ihren roten Tanga unter dem Kleid hervorlugen sehen?«
»Das war kein Kleid«, sagte ich und lehnte mich an das Gebäude, um Halt zu finden.
»Ich versuche zwar, optimistisch zu sein, aber du hast recht. Das war kein Kleid. Das war ein Schlauch, den sie bis über ihren knochigen Hintern gezogen hatte. Das Einzige, was ihn davon abhält, bis zur Taille hochzurutschen, ist die Schwerkraft.«
»Ich glaube, mir wird schlecht«, sagte ich, und das Gefühl von Nägeln in der Kehle breitete sich bis in den Magen aus.
Vee drückte auf meine Schultern und zwang mich, mich auf den Bürgersteig zu setzen. »Tief atmen.«
»Er geht mit Marcie.« Es war beinahe zu schrecklich, um es zu glauben.
»Marcie lässt ihn ran«, sagte Vee. »Das ist der einzige Grund. Sie ist ein Schwein. Eine Ratte.«
»Er hat mir gesagt, zwischen ihnen wäre nichts.«
»Patch ist eine Menge, aber ehrlich ist er nicht.«
Ich guckte die Straße hinunter, wohin der Jeep verschwunden war. Ich spürte den unerklärlichen Drang, hinter ihnen herzustürmen und etwas zu tun, von dem ich hoffte, dass ich es bereuen würde – wie zum Beispiel Marcie mit ihrem blöden roten Tanga zu erwürgen.
»Du kannst nichts dafür«, sagte Vee. »Er ist der Idiot, der dich ausgenutzt hat.«
»Ich muss nach Hause«, sagte ich mit belegter Stimme.
In dem Augenblick hielt ein Polizeifahrzeug neben dem Eingang zum Club. Ein großer, schlanker Polizist in schwarzen Hosen und einem Smoking-Hemd stieg aus. Die Straße war voller Schatten, aber ich erkannte ihn sofort. Detective Basso. Er war schon einmal für mich zuständig gewesen, und ich hatte keine Lust, diese Erfahrung zu wiederholen. Zumal ich mir ziemlich sicher war, dass ich nicht auf der Liste seiner Lieblingsmenschen stand.
Detective Basso schob sich zum Anfang der Schlange durch, zeigte dem Rausschmeißer seinen Dienstausweis und ging ohne zu zögern hinein.
»Wow«, sagte Vee. »War das ein Bulle?«
»Ja, und er ist zu alt, also denk nicht mal daran. Ich will nach Hause. Wo hast du geparkt?«
»Er sieht nicht viel älter aus als dreißig. Seit wann ist dreißig zu alt?«
»Er heißt Detective Basso. Er hat mich nach dem Vorfall mit Jules in der Schule befragt.« Ich liebte es, die ganze Sache weiterhin den Vorfall zu nennen, statt es als das zu bezeichnen, was es wirklich gewesen war. Versuchter Mord.
»Basso. Das gefällt mir. Kurz und sexy, genau wie mein Name. Hat er dich abgetastet?«
Ich sah sie von
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