Bis das Glück mich findet
Paddy gingen zu Fuß zur Fairview Strand auf der Suche nach einem Taxistand. Maeve, Kevin und Paddy wollten in die nördliche Richtung; Maeve und Kevin zu ihrem Haus in Clontarf und Paddy zum Glenmallon Hotel, wo er ein Zimmer genommen hatte. Emmas Ziel hingegen war Rathfarnham, das Haus ihres Bruders, also die entgegengesetzte Richtung.
»Wir warten, bis du sicher im Taxi sitzt«, sagte Kevin, als sie einen Taxistand gefunden hatten. »Es kommt bestimmt gleich eines. Aber wir wollen dich nicht mitten in der Nacht allein hier stehen lassen.«
»Danke«, sagte Emma.
Die vier warteten schweigend. Schließlich sagte Paddy mit betonter Gleichmütigkeit, dass Brendan seine Heimkehr sehr dramatisch inszeniert hatte.
»Typisch Brendan«, meinte Emma. »Er hatte immer einen Hang zum Theatralischen. Deshalb haben die Medien ihn auch so geliebt.«
»Und Domino?«, fragte Paddy. »Hat sie ihn deshalb auch geliebt?«
»Nein«, erwiderte Emma knapp, »sie hat ihn geliebt, weil er sie geheiratet hat, als sie schwanger war und weil er sie vor ihren religiös fanatischen Eltern errettet hat.«
Paddy machte ein verwundertes Gesicht, und Emma zuckte mit den Schultern, während Maeve, die neben Kevin stand, unbehaglich von einem Bein aufs andere trat.
Alle waren erleichtert, als endlich ein Taxi vor ihnen hielt.
»Na, sehen wir uns mal wieder, Emma?«, fragte Maeve, als ihre alte Schulfreundin einstieg.
»Man kann nie wissen.« Plötzlich erhellte ein Lächeln Emmas Gesicht, und Maeve musste an das junge Mädchen denken, das Emma einst gewesen war, das hübscheste Mädchen in der Klasse und das mit dem größten Selbstbewusstsein. »Mal wieder so ein Treffen alter Schulfreundinnen wäre schon lustig. Es muss ja nicht unbedingt so dramatisch enden.«
»Wohin geht’s denn, meine Liebe?«, fragte der Taxifahrer.
Emma nannte ihm die Adresse. Dann lehnte sie sich auf dem Rücksitz zurück und klappte ihr Handy auf. Sie scrollte durch ihr Telefonbuch und stoppte bei G.
Dann drückte sie die Wähltaste.
Greg Delahaye war den Vormittag über beim Segeln gewesen. Als junger Mann war er oft mit dem Segelboot hinausgefahren; er und sein kleiner Bruder Roy waren Mitglieder im Segelclub am Ort gewesen. Brendan, der ältere Bruder, hatte sich nie für irgendeinen Wassersport interessiert. Greg hatte das Segeln immer viel Spaß gemacht, wenn auch mit zunehmendem Alter seine Begeisterung etwas nachließ, wohingegen Roy diesen Sport sogar zu seinem Beruf gemacht hatte. Jetzt, seit seiner Trennung von Emma, fuhr Greg wieder öfter mit dem Segelboot hinaus. Draußen auf dem Meer zu sein beruhigte ihn. In den letzten Wochen war es ihm gelungen, seinen Zorn ein wenig zu zügeln, und auch seine Verbitterung, die offenbar sein Leben begleitete, seit Brendan sich aus dem Staub gemacht hatte (was nicht ganz der Wahrheit entsprach; er war als junger Mann schon zornig und verbittert gewesen, seit dieser ganzen Geschichte mit seinem Baby, das er verloren hatte). Er hatte gemerkt, dass die Zeit draußen auf dem Meer ihm am besten half, seine Gedanken zu ordnen. Die Flucht seines Bruders hatte ihn auf eine Weise getroffen, wie er es nie vermutet hätte. Natürlich hatte Brendans Verschwinden ihm zunächst einmal einen Schock versetzt. Und dann kam der nächste Schlag, als er erkannte, wie schlimm es um die Firma bestellt war. Und im Zusammenhang damit die plötzliche Erkenntnis, dass Domino nun allein dastand – was ihm übrigens am meisten zu schaffen machte. Und dass sie auf ihn baute.
Greg machte sich nichts vor – er war die ganze Zeit über ein wenig in Domino verliebt gewesen. Sie hatte ihn an seine Jugendliebe erinnert, doch im Vergleich mit seiner Maria war sie stärker, entschlossener. Er hatte sich augenblicklich zu ihr hingezogen gefühlt, damals aber nie etwas anderes in ihr gesehen als die Verlobte seines Bruders. Erst als sie unter diesen Depressionen litt, bekam er plötzlich Angst um sie und verspürte das dringende Bedürfnis, ihr zu helfen. Es hatte ihn mit Freude und Stolz erfüllt, dass ihm dies tatsächlich gelungen war und dass Dominique wusste, was sie ihm verdankte. Und auch wenn er in dieser Phase bereits mit Emma verheiratet war, gefiel ihm der Gedanke, dass eine weitere Frau ihm vertraute und bei ihm Halt suchte.
Was ist nur mit mir los? dachte er jetzt, dass ich ständig das Bedürfnis haben muss, gebraucht zu werden? Warum suche ich mir immer unglückliche Frauen und versuche, ihre Probleme für sie zu lösen? Bei
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