Bis das Glück mich findet
sagte er.
»Das geht nicht«, erwiderte sie. »Ich bin zu schwer. Du wirst dir die Arme auskugeln.«
»Du halbe Portion, du.« Er hob sie hoch. »Du wiegst ja gar nichts. Du bist leicht wie eine Feder.«
Sie fühlte sich beschwipst, und ständig war ihr zum Kichern zumute. Er legte etwa dreißig Meter zurück, dann blieb er stehen. Sie befanden sich am Rand eines großen Feldes, das an die Siedlung angrenzte. Wenn sie jetzt einfach über dieses Feld gingen, das mit Gras, Buschwerk und kleinen Bäumen bewachsen war, würden sie ohne Umweg direkt zur Hauptstraße gelangen.
»Du hattest recht«, keuchte er. »Ich hab mir tatsächlich fast die Arme ausgekugelt. Du bist die schwerste kleine Feder, die mir je untergekommen ist. Ich kann unmöglich quer über dieses Feld laufen. Ich werde im Dreck stecken bleiben!«
»Oh, du Armer.« Sie gab ihm einen Kuss und glitt von seinem Arm. »Ich bemühe mich, ein braves Mädchen zu sein, und will versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen.«
»Du bist doch immer ein braves Mädchen.« Er grinste. »Ein braves katholisches Mädchen.«
»Brendan!« Sie klang, als habe seine Bemerkung sie verletzt, aber er lachte nur.
»Ich mag das«, versicherte er ihr. »Ich finde es gut, dass du offenbar anständig erzogen worden bist.«
»Zu anständig«, sagte sie angesäuert.
»Ach, nicht wirklich.« Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mund.
Sie presste ihn an sich, so fest, dass sie durch die dünne Jacke und das rosa Kleidchen hindurch jeden Teil seines Körpers spüren konnte. Sie war immer noch leicht benommen von den Drinks, doch jetzt wurde ihr richtig schwindlig, weil sie ihn so sehr begehrte. Sie verspürte den unbändigen Wunsch, regelrecht mit ihm zu verschmelzen. Sie wollte ihn nie mehr loslassen.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie erneut, als sie beide nach Luft schnappten.
Er schaute ihr in die Augen, und sie fragte sich, ob es ihr eigenes Begehren war, das sich in seinen Augen spiegelte. Ihr wurde bewusst, dass sie am ganzen Körper zitterte und ihn mehr als alles auf der Welt wollte.
Aus dem Augenwinkel sah sie in einiger Entfernung ein paar Kastanienbäume stehen, die ihre kahlen Äste in den Nachthimmel streckten. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn in diese Richtung. Er ließ sich von ihr führen, bis sie die Bäume erreicht hatten, die sie sowohl von der Siedlung als auch von der Hauptstraße abschirmten. Aus der Ferne drang das Rauschen der vorbeifahrenden Autos zu ihr, doch viel lauter noch dröhnte in ihren Ohren das Geräusch ihres eigenen Atems.
»Domino …«
»Schsch.« Sie küsste ihn.
Er erwiderte ihren Kuss, und sie spürte, wie sie sich an den Stamm des mächtigen Kastanienbaums lehnte. Sie zog ihn an sich und schob eine Hand unter sein Baumwollhemd. Sein Körper fühlte sich warm an, ungeachtet der kalten Nacht. Ihre Finger glitten spielerisch durch seine Brustbehaarung und wanderten dann nach unten zum Bund seiner Jeans.
»Domino …« Seine Stimme klang gepresst. »Du sollst wissen, wie sehr ich dich begehre … aber so habe ich es nicht geplant.«
»Warum muss man immer alles vorher planen?« Ihre Finger glitten in seine Jeans.
Und dann lag plötzlich seine Hand auf ihrem Oberschenkel, und sie spürte, wie er den Saum ihres rosa Kleidchens weiter nach oben schob.
Ihr Atem ging keuchend. Kurz kam ihr der Gedanke, dass er vielleicht recht hatte, dass es eventuell doch einen besseren Zeitpunkt gegeben hätte. Aber sie wollte nicht warten. Sie wollte es mit ihm treiben, hier und jetzt. Was kümmerte es sie, dass sie mitten auf einem Feld standen? Was kümmerte es sie, dass es zu nieseln angefangen hatte? Und ganz gewiss war es ihr egal, dass Evelyn auf Knien um das Seelenheil ihrer Tochter beten würde, wenn sie wüsste, was diese im Begriff war zu tun.
Kapitel 3
I hr rosa Kleid war ruiniert, die Schuhe schlammverkrustet, und sie hatte die klobige weiße Halskette verloren.
Den Verlust der Halskette konnte sie verschmerzen, und die Schuhe konnte man wieder putzen, doch als sie in ihrem Schlafzimmer das Kleid betrachtete (Brendan hatte, nachdem sie fast zwei Meilen Richtung Innenstadt gelaufen waren, endlich ein Taxi aufgetrieben, mit dem er sie nach Hause gebracht hatte), bezweifelte sie sehr, ob sie es je wieder würde tragen können. Es war fleckig und nass und unten am Saum von der rauen Rinde des Kastanienbaums ein Stück eingerissen. Sie starrte entsetzt auf den Riss, war jedoch gleichzeitig immer noch in Hochstimmung, weil sie
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