Bis das Glück mich findet
Kein Besucher im Haus der Bradys entging ihr.
»Unsere Zeit reicht leider nur für eine schnelle Tasse Tee, Mrs Brady«, sagte Brendan, als Dominique die Kanne auf den Couchtisch stellte. »Sie wissen ja, wie schwierig es ist, ein Taxi zu bekommen.«
»Ihr wollt mit dem Taxi fahren?« Evelyn warf Dominique einen strengen Blick zu.
»Das ist einfacher, als wenn man versuchen will, mit dem Bus hinzufahren«, erwiderte Dominique. An diesem Abend hatte sie ausnahmsweise kein Problem damit, ein Taxi zu nehmen. Sie trug ein dünnes blassrosa ärmelloses Kleidchen mit schmalem Silbergürtel und dazu hochhackige pinkfarbene Schuhe, die sie erst am Vormittag gekauft hatte und die jetzt schon an den Zehen drückten, weil sie eigentlich eine halbe Nummer zu klein waren. Vor Brendans Ankunft hatte Evelyn Dominique bereits darauf hingewiesen, dass die Absätze zu hoch seien und das Kleid zu dünn sei – und viel zu weit ausgeschnitten –, aber Dominique hatte Evelyns Einwände schlicht ignoriert. Desgleichen deren Tirade, dass das weiße Jäckchen, das Dominique dazu trug, völlig ungeeignet für das Wetter an diesem Abend sei und sie nicht vor der Kälte schützen würde und dass die klobigen weißen Ohrringe und die Kette einfach billig aussähen.
»Tja, ich fürchte, wir müssen nun schleunigst aufbrechen«, sagte Brendan. Er trank seine Tasse in einem Zug aus. »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Mr und Mrs Brady.«
»Nehmen Sie denn nicht wenigstens einen Keks?« Evelyn hielt Brendan den Teller hin.
»Danke, wir bekommen ja auf der Party etwas zu essen«, erwiderte Brendan. »Es war sehr nett bei Ihnen, vielen Dank, Mrs Brady. Komm, Domino, es wird höchste Zeit.«
»Domino?« Evelyn runzelte die Stirn.
»Mein Kosename für sie«, sagte Brendan lässig und nahm Dominiques Hand. »Noch mal vielen Dank.«
Mit diesen Worten zog er Dominique rasch aus dem Zimmer und nach draußen. Als sie auf dem Gehweg standen, schaute sie Brendan zerknirscht an.
»Es tut mir so leid«, fing sie an. »Sie …«
»Mach dir keine Gedanken«, fiel er ihr ins Wort. »Sie machen sich eben Sorgen um dich. Wie alle Eltern. Das ist ganz normal.« Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Dominique stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Brendan hielt sie ganz fest. Und das, obwohl er ihre Eltern kennengelernt hatte. Er musste sie wirklich und wahrhaftig lieben.
Und sie liebte ihn ebenfalls, wirklich und wahrhaftig.
»Nun, was hältst du von ihm?«, fragte Evelyn ihren Mann, während sie das Teegeschirr abräumte.
»Ich denke, er ist ziemlich harmlos«, erwiderte Seamus. »Er ist Maurer.«
Evelyn schniefte. »Viel Geld hat der nicht«, sagte sie. »Ein sehr unsicheres Einkommen.«
»Aber ich habe den Eindruck, dass er sie gernhat.«
»Gernhat? Nicht, dass er sie liebt?«
»Ich glaube nicht, dass er mir das sagen würde«, meinte Seamus. »Aber so lange sind die beiden ja auch noch nicht zusammen, deshalb …«
»Ich denke, dass sie Probleme mit ihm kriegen wird.« Evelyn zog die Stirn in Falten.
»Wieso?«
»Er ist achtundzwanzig, Seamus. Er befindet sich in einer anderen Lebensphase als sie.«
»Vielleicht sorgt er dafür, dass ihr Leben nun in etwas ruhigeren Bahnen verläuft«, entgegnete Seamus.
»Und vielleicht benützt er sie einfach nur. Er nennt sie Domino.«
»Das ist wohl kaum ein Grund, ihn unsympathisch zu finden.«
Evelyn runzelte die Stirn. »Für mich ist das ein Zeichen von fehlender Achtung. Allerdings ist es mir ein Rätsel, wie sie erwarten kann, geachtet zu werden, wenn sie sich so anzieht wie heute Abend.«
»Evelyn …«
» Und sie liebt ihn zu sehr.« Evelyn nahm das Tablett und trug es in die Küche, und Seamus trottete ihr nach. »Sie liebt ihn zu sehr, aber ihm bedeutet sie nicht genug, und so etwas nimmt immer ein böses Ende.«
Die Party fand in einem Gemeindesaal in der Nähe der Nangor Road statt. Der Saal war mit Luftballons und Transparenten dekoriert, versehen mit allen möglichen Glückwünschen zum einundzwanzigsten Geburtstag für Peadar, einen von Brendans Kumpeln, der mit ihm auf der Baustelle des Bürokomplexes arbeitete.
»Er ist echt ein feiner Kerl, unser Peadar«, sagte Brendan laut zu Dominique, als sie vor ihm standen, um zu gratulieren. »Der beste Arbeiter von uns allen.«
»Tja, das stimmt wirklich.« Peadar grinste. »Ich muss schließlich wiedergutmachen, was dieser faule Sack hier alles verpennt.«
Brendan schlug Peadar herzhaft-männlich auf die Schulter,
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