Bis das Glück mich findet
könnte.
»Ich fürchte, dazu fehlt mir die nötige Fantasie.« Alles, was Dominique sah, war die monatelange Arbeit, die vor ihnen lag.
»Die habe ich«, erwiderte Brendan.
Es stimmte. Was Häuser betraf, so war er ein Mensch mit Visionen, geradezu ein Künstler, wie Dominique manchmal anerkennend sagte. Wenn er sich einmal in ein Gebäude verliebt und dessen Potential erkannt hatte, konnte ihn nichts mehr aufhalten. Brendan entkernte das Haus in Terenure, einem Vorort im Süden von Dublin, verlegte neue Leitungen, verputzte die Wände neu und schliff das wunderschöne alte Parkett ab, das unter einem alten braunen Teppichboden verborgen gewesen war. Die zerbrochenen Fensterscheiben ersetzte er durch modernes Isolierglas. Er kaufte ein neues Gartenhäuschen und ließ den Garten von einem Landschaftsarchitekten neu anlegen. Als alle Arbeiten beendet waren, erkannte man das Anwesen nicht mehr wieder. Wenn es ums Bauen und Renovieren ging, konnte keiner Brendan Delahaye etwas vormachen.
In den letzten zehn Jahren war Brendans Firma stetig gewachsen, nachdem er für die halbe Siedlung in Firhouse Anbauten angefügt hatte (obwohl keiner so schön geworden war wie der an ihrem eigenen Haus, dachte Dominique mit Befriedigung) und weitere sechs Wohnhäuser in Clondalkin schlüsselfertig gebaut und verkauft hatte. Sogar in den Zeiten, in denen die Nachfrage nach Immobilien zurückging, war Brendan nie ohne Aufträge, und jeden Monat kam mehr Geld herein.
Dominique hatte aufgehört, für Brendan und die Firma die Buchführung zu machen. Während ihrer monatelangen postnatalen Depression, in der sie zu überhaupt nichts fähig gewesen war, hatte Brendan für diese Arbeit einen eigenen Buchhalter eingestellt. Matthew Donnelly war der Bruder von Miley, der für Brendan auf dem Bau arbeitete. Er unterschied sich in seinem Äußeren total von Brendan und Miley, die oft in ihren mörtelverschmierten Overalls und verschwitzten T-Shirts in der Küche saßen, starken Tee tranken und über das nächste Projekt redeten. Matthew dagegen war stets tadellos gekleidet, trug dreiteilige Anzüge und pastellfarbene Hemden mit weißem Kragen und weißen Manschetten. Er führte ein anderes Buchführungssystem ein und sprach kompetent und selbstbewusst von Dividenden und Cashflow. Dank seiner geschickten Beratung hatte Brendan genug Kapital zur Verfügung, um das Haus in Terenure aufwendig zu renovieren und in ein Schmuckstück zu verwandeln.
Dominique wusste, sie konnte sich nicht gegen den Umzug sperren, auch wenn sie wirklich sehr gerne in ihrem alten Haus geblieben wäre – mochte das neue Haus nun Potenzial besitzen oder nicht. Sie würde tun, was immer Brendan wollte, denn trotz allem war er bei ihr geblieben. Vor zehn Jahren war sie überzeugt gewesen, er würde sie verlassen, eine Vorstellung, die ihr unsägliche Angst machte. Natürlich hätte sie es ihm nicht verdenken können. Niemand könnte das. Wer würde denn schon am Abend zu einer Frau heimkommen wollen, die jeden Antrieb verloren hatte und sich für nichts mehr interessierte? Der alles egal war, besonders die eigene Person? Die weder zum Friseur noch zum Einkaufen ging, sondern den lieben langen Tag in ausgeleierten Trainingshosen im Haus herumhing, mit strähnigen, langen Haaren, Leidensmiene, das Gesicht bleicher denn je? Dominique hatte sich damals vorgestellt, wie er sie verlassen und Kelly mitnehmen würde, und auch wenn sie sich einzureden versuchte, dass dies wohl das Beste für alle Beteiligten wäre, weil sie das Baby, im Gegensatz zu ihm, ja nicht liebte, war dieser Gedanke einfach nur grauenvoll gewesen. Als alles glücklich überstanden war, gab es Zeiten, da konnte sie kaum glauben, dass er trotz ihrer Depression bei ihr geblieben war, und bisweilen fragte sie sich, warum er dies getan hatte. Aber so etwas würde sie ihn nie fragen. Sie stellte ihm nie irgendwelche Fragen. Sie stritt nie mit ihm. Und sie gestattete ihm, alle wichtigen Entscheidungen, ihr gemeinsames Leben betreffend, eigenmächtig zu treffen.
Kellys Wohlergehen hatte nun oberste Priorität für sie. In der Zeit, in der Dominique wegen ihrer Depression in psychologischer Behandlung gewesen war, hatte sie erfahren, dass Kinder, die unter der mangelnden Liebe ihrer Mutter litten, ein hohes Risiko besaßen, später einmal selbst an einer postnatalen Depression zu erkranken. Sie war außerdem zu der Überzeugung gekommen, dass Evelyn ebenfalls für lange Zeit nach ihrer, Dominiques, Geburt eine
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