Bis das Glück mich findet
herunter. Sie wusste selbst nicht, warum sie es aufklappte. Sie hatte bisher nie das Bedürfnis verspürt, ihrem Mann nachzuspionieren. Und dennoch. Als das Handy in ihrer Hand lag, konnte sie es sich nicht verkneifen, durch die Liste seiner SMS zu scrollen. Meistens waren es kurze Mitteilungen; »Sehen uns Dienstag« oder »Freitag Besprechung«, Nachrichten, dessen war sich Dominique sicher, die mit seiner Arbeit zu tun hatten. Und dann stieß sie auf eine, bei der ihr das Blut in den Adern gefror und die das Potenzial hatte, ihr Leben von Grund auf zu verändern.
Hi, Liebling , las sie. War wirklich schön letzte Woche. So schade, dass du wegmusstest. Vermisse dich schrecklich. Du wirst immer meine Nummer eins sein, nicht nur am Valentinstag. Es folgten ein Smiley und zehn X für Küsschen.
Der ihr unbekannten Nummer war kein Name zugeordnet. Dominique sank in den Lederdrehsessel hinter dem Schreibtisch. Sie hatte während ihrer ganzen gemeinsamen Zeit mit Brendan mit der Angst gelebt, dass er sie eines Tages verlassen würde. Sie befürchtete es schon, kurz nachdem sie ihn kennengelernt hatte (und erst recht, nachdem er ihren Eltern begegnet war); sie rechnete damit, als sie schwanger geworden war; diese Angst, neben anderen großen Ängsten, quälte sie in der dunklen Zeit nach Kellys Geburt; und sie hatte, wie sie sich jetzt eingestand, diese Angst stets im Hinterkopf gehabt, wenn er ohne sie abends ausgegangen war, um, wie er es nannte, seine geschäftlichen Kontakte zu pflegen. Sie hatte sich Sorgen gemacht, er könnte eine andere Frau kennenlernen, eine, die hübscher, klüger, interessanter war als sie. Doch diese Ängste hatten sich gelegt, nachdem sie sich in eine glamouröse Vorzeigefrau verwandelt hatte. Wenn die Zeitungen und bunten Blätter recht hatten, war sie eine selbstbewusste Frau, elegant und schön. Sie war eine Charity-Queen. Eine Inspiration für andere Frauen. Wie könnte Brendan je eine Frau verlassen, die so supertoll war?
Doch Brendan hatte sie gekannt, als sie noch nicht die strahlende Powerfrau gewesen war, und sie hatte den Fehler gemacht, sich einzubilden, der Domino-Effekt würde ausreichen, die Liebe ihres Mannes aufrechtzuerhalten. So, wie sie sich an Brendan stets als den jungen Mann erinnern würde, der sich damals an ihren Tisch im American Burger gesetzt hatte, so würde er in ihr immer noch das junge Mädchen sehen, das er seinerzeit hatte heiraten müssen. Und das Ganze wäre vielleicht auch okay gewesen, wenn sie sich nicht in eine Frau verwandelt hätte, die sich beharrlich weigerte, noch mehr Kinder zu bekommen. In eine Lügnerin, die ihm vormachte: »Jetzt noch nicht.« Die zu feige war, ihm zu gestehen, dass »niemals« viel wahrscheinlicher war.
Sie hatte ihre Unaufrichtigkeit damit gerechtfertigt, dass sich ihre Einstellung irgendwann ändern würde. Es gab schließlich jede Menge Frauen, die schwierige Schwangerschaften, schwierige Entbindungen und anschließend Depressionen gehabt und dennoch frohen Herzens weitere Kinder bekommen hatten. Sie selbst hingegen schaffte dies nicht. Auch wenn sie feige war, es ging einfach nicht.
Und deshalb hatte sie es sich selbst zuzuschreiben, wenn Brendan zu dem Entschluss gekommen war, dass seine Arbeit ihm mehr bedeutete als die große Familie, von der er immer geträumt hatte. Und sie hatte alle ihre bösen Ahnungen einfach verdrängt und beschlossen, dass dies für sie beide das Beste war. Bisher hatte es ja auch so ausgesehen, als ob diese Entscheidung richtig gewesen wäre, denn obgleich sie damals eine leichte Veränderung in der Qualität ihrer Beziehung registriert hatte, stand doch im Vordergrund, dass ihr Liebesleben immens davon profitierte. Sie hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, um ihm das Gefühl zu geben, dass sie die Einzige auf der Welt für ihn war. In der Nacht nach dem Verkaufsstart für Larkspur, als er so begeistert gewesen war von ihr, hatte er zweimal mit ihr geschlafen. Er liebe sie, und sie sei eine fantastische Frau, hatte er gesagt.
Aber offenbar nicht fantastisch genug.
Sie hatte ein Gefühl, als hätte ihr jemand in den Magen geboxt. Ihr Atem ging kurz und stoßweise, und sie war wie benebelt. Ihre Hände zitterten. Sie wollte nicht akzeptieren, dass nun tatsächlich der worst case eingetreten war. Sie sperrte sich gegen den Gedanken, dass er mit einer anderen etwas angefangen hatte.
So verharrte sie eine ganze Weile in dem Sessel. Dann stand sie auf, schob das Handy in die Gesäßtasche
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