Bis das Glück mich findet
ihrer Jeans und verließ das Arbeitszimmer, um Kelly den Schreibblock zu geben. Ihre Tochter saß in ihrem Zimmer am Schreibtisch, das lange Haar auf einer Seite nach hinten geschoben, und las aufmerksam in ihrem Buch.
»Hier, bitte sehr.« Dominique war verblüfft, wie normal ihre Stimme klang.
»Danke, Mum.« Kelly blickte nicht von ihrem Buch auf.
Sie ist eine gute Schülerin, dachte Dominique. Sehr gescheit für ihr Alter. Sehr gewissenhaft. Im Gegensatz zu mir. Eher wie Brendan, eigentlich.
Dominique ging in ihr Schlafzimmer. Es war ein großzügiger Raum mit breiten Schiebefenstern, die viel Licht hereinließen. Sie ließ sich auf die Kante des Doppelbetts aus Schmiedeeisen sinken, das mit einem elfenbeinfarbenen Satinüberwurf bedeckt war, und las die Nachricht erneut.
Nicht nur am Valentinstag . So was Dämliches. Brendan hielt gar nichts vom Valentinstag. Noch nie hatte er ihr aus diesem Anlass eine Karte oder Blumen geschenkt. Nur Schwachköpfe würden an dem einen Tag im Jahr freiwillig den zehnfachen Preis für Rosen zahlen, fand Brendan. Aber er brachte ihr gelegentlich Blumen mit. Immer wenn er ein schlechtes Gewissen hatte?, fragte sich Dominique jetzt.
Sie grübelte darüber nach, ob Greg Bescheid wusste. Sie musste an ihr Gespräch damals im Haus ihrer Schwiegereltern denken, über das Thema Verzeihen, als er sie gefragt hatte, ob sie Brendan einen Seitensprung verzeihen könnte. Es sei nur ein Beispiel gewesen, hatte Greg sich beeilt zu erklären, und sie hatte ihm dies damals auch abgenommen, aber nun bekam sie Zweifel. Und dann fiel ihr plötzlich ein, dass Greg sich in letzter Zeit ihr gegenüber manchmal so zurückhaltend verhielt. Vielleicht ist das der Grund, dachte sie. Wenn Greg wusste, dass Brendan ihr untreu war, würde er den Drang verspüren, es ihr zu erzählen. Und das wiederum würde ihn in einen Gewissenskonflikt stürzen, weil er sich gleichzeitig zu Loyalität seinem Bruder gegenüber verpflichtet fühlte. Sollte sie Greg anrufen und ihn einfach fragen? Oder sollte sie zuerst mit Brendan reden? Sie überlegte, wie sie am besten das Gespräch auf dieses Thema lenken könnte. Vielleicht das Handy deutlich sichtbar auf den Tisch legen? Ihn fragen, wie er den Valentinstag verbracht hatte? An dem besagten Abend hatte er eine Besprechung gehabt, wie ihr jetzt wieder einfiel. Mit Matthew, der nach wie vor die Buchführung machte, und Ciara, die seine Firmenanwältin geworden war. Dominique war Ciara schon mehrmals begegnet. Sie war eine gepflegte, intelligente Frau, aber kaum der Typ, den ein Mann zur Gespielin wählen würde. Sie war groß und kräftig gebaut, sodass die paar Pfund Übergewicht sich schön verteilen konnten, und ihr dunkelbraunes, dicht gelocktes Haar war zu einer adretten Kurzhaarfrisur geschnitten. Nicht reizlos. Aber auch nicht der Knaller. Es konnte nicht sein, dass er mit Ciara ein Verhältnis hatte. Wenn er schon fremdging, würde er sich sicher einen attraktiveren Typ aussuchen als seine etwas lehrerinnenhafte Firmenanwältin. Also war die Besprechung am Valentinstag vielleicht wirklich nur rein geschäftlich gewesen. Oder hatte sich Brendan kurz gefasst und war nach zehn Minuten gegangen, um mit … mit … Caryn, vielleicht? Die junge Mitarbeiterin der PR-Agentur? Sie sah viel flotter aus als Ciara. Und jünger. Andererseits hätte Dominique sich gewundert, wenn Brendan sich für Caryn interessiert hätte. Sie war viel zu dünn. Brendan mochte überschlanke Frauen nicht. Tja, wer war es dann?
Es konnte jede sein. Dominique wusste kaum Bescheid über die Menschen, mit denen Brendan beruflich verkehrte. Es war nicht erforderlich, dass sie mit ihnen Umgang hatte. Aber diese Frau, kannte Dominique sie? War sie aus Cork? Oder aus Dublin? War er in sie verliebt? Besprachen die beiden Wichtiges miteinander, vielleicht sogar jetzt im Moment? Sprachen sie etwa über den Zustand seiner Ehe, und wie man das Ganze möglichst elegant beenden könnte? Erklärte Brendan, dass er Dominique nie wirklich geliebt habe, ihm damals ja aber schlichtweg nichts anderes übrig geblieben sei, als sie zu heiraten? Regeln von anno dazumal für anno dazumal. So sagte Brendan bisweilen, wenn ihm staatliche Bauvorschriften nicht in den Kram passten. Dachte er genauso über seine Ehe?
Zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung waren Scheidungen in Irland noch gesetzlich verboten gewesen, im Gegensatz zu heute. Die erbitterte Kampagne vor der Volksabstimmung 1995, als Scheidungsgegner Poster
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