Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
Etablierung der Provokation
Rammstein hatten mit „Sehnsucht“ nicht nur die Metal- und Gothic-Szene für sich begeistert, sondern waren inzwischen im Mainstream angekommen. Die Band füllte sogar die eine oder andere Seite des Teenie-Blattes Bravo, das Rammstein auch schon ins Heft gehievt hatte. Über den deutschsprachigen Raum hinaus war der Sechser rund um den Globus erfolgreich. Ihre Tourneen durch Australien, Südamerika, die USA und in andere Teile der Welt waren umjubelt, sogar in Japan bildete sich eine euphorische Fangemeinde. Dort stünden weibliche Teenager, wie die Wochenzeitung
Die Zeit
in ihrer Ausgabe 14/01 in einem Artikel über die Band mitteilte, „bevorzugt auf ‚Bück dich‘ “.
Das Problem, dass die Fans in fernen Ländern der deutschen Sprache in den allermeisten Fällen nicht mächtig sind, ist eigentlich keines. Für den genannten
Zeit
-Artikel bat das Blatt Rammstein zum Interview, und es war von Paul Landers über dieses Thema zu erfahren: „Deutsch ist in anderen Ländern ja eher süß.“ Die Fans können trotz der Sprachbarrieren mit den Texten augenscheinlich etwas anfangen. In einem Interview, das Bassist Oliver Riedel dem portugiesischen Magazin
Radio X
am 06. 06. 2001 gab, fragte sich der Redakteur, ob das Publikum in nicht deutschsprachigen Ländern die Lieder denn auch verstehen würden. Darauf sagte Olli (übersetzt): „Ich weiß nicht, ob sie das verstehen oder nicht, aber die Wahrheit ist, dass sie den Refrain der berühmtesten Lieder mitsingen.“ Und Richard sagte im Gespräch mit dem Heavy-Rock-Magazin
Break Out
für die Ausgabe 03/99: „Es ist so, dass die Amerikaner Rammstein nur als Sound hören, völlig losgelöst vom textlichen Hintergrund, den sie nicht verstehen. Tills Stimme ist für sie nur ein Sound, ein eigenes Instrument. Es ist das Gesamtbild, das für sie zählt, und das ist bei Rammstein eben ziemlich groß. Wenn man es genau nimmt, kann man sogar sagen, wir sind in Amerika erfolgreicher als in Deutschland, und zwar ganz einfach deshalb, weil es viel schneller ging.“ Nach den Konzerten erreichen die Band manchmal E-Mails, in denen die Fans nach der Bedeutung der Texte fragen. In den meisten Fällen reicht der nicht deutschsprachigen Anhängerschaft aber die Musik und das beeindruckende Live-Erlebnis der Bühnenshow des Sextetts.
Diese sich auf jedem Konzert einstellende faszinierende Atmosphäre versuchte die Band auf „Live in Berlin“ einzufangen und unter die Leute zu bringen, was nicht ganz so gut gelang, wie sich das Sextett das vorgestellt hatte. Chartplatzierungen gab es dafür zwar wie gewohnt, aber die Verkaufszahlen blieben hinter denen der beiden ersten Alben zurück – was sich mit der nächsten Studio-Produktion ändern sollte.
Für die ließen sich Rammstein viel Zeit, und zwar so viel, dass Gerüchte aufkamen, die Band habe interne Probleme und würde sich vielleicht sogar auflösen. Wie in den meisten Gerüchten immer ein Fünkchen Wahrheit steckt, hatten die Bandmitglieder tatsächlich Schwierigkeiten miteinander, als es an die Vorbereitungen und Aufnahmen für das neue Album, das „Mutter“ heißen sollte, ging. In einem Interview fürdie Ausgabe 06/04 von
Rock Hard
erzählte Paul Landers über diese für die Band nicht gerade einfache Phase: „Ja, ‚Mutter‘ machte wirklich nicht großartig Spaß. Das berühmte dritte Album, wie man immer so schön sagt. Zudem gab es zwischenmenschliche Gründe. Nach acht, neun Jahren hatten sich innerhalb der Band die Machtverhältnisse verschoben. Es passiert eigentlich in jeder Band, dass Ritchie Blackmore [von der Hard-Rock-Band Deep Purple, Anm. d. Autoren] aussteigt, weil er mit Jon Lord nicht mehr kann. Jahrelang waren ihre Reibereien für die Zuhörer erquickend, aber irgendwann geht es allen Beteiligten so sehr auf den Senkel, dass einer aussteigen muss.“ Die Band verlassen hatte niemand, aber, so berichtete Paul weiter: „Es gab auch bei uns Knatsch und Stress zwischen zwei Leuten wegen Kompetenzschwierigkeiten sowie Über- und Unterschätzung. Wir mussten uns neu orientieren. Dabei hat es auch gekracht. Aber – ich klopfe auf Holz! – wir haben es gut überstanden.“ Wer das war, wollte Paul aber nicht verraten. Auch Richard zog in der Phase der Entstehung von „Mutter“ nach New York. Für ihn war es allerdings schwierig, sich von Rammstein zu lösen, wie er dem Metal-Magazin
The Gauntlet
vom 09. 03. 2006 erzählte (übersetzt): „Wenn du in einer Band-Demokratie
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