Bis dass der Tod euch scheidet
einem der Hochglanzmagazine, dazu abermals das Kuss-Foto.
Verräterische Laute aus dem Hotelzimmer … Was trieben sie nach der Show?
Er griff sich eine andere Zeitung, überflog auch da die Zeilen:
… damit hat sich Thor Fahlstrøm indirekt als schwul geoutet. Für die breite Masse der Black Metal-Fans eine Schande, die bei vielen Wooden Dark- Anhängern Hohn und Gespött auslöste, jedoch auch einen großen Anteil an Toleranz und Hochachtung.
In einer weiteren Überschrift einer Musikzeitschrift las er:
Metal meets Electro – der neue Sound? ... darunter: Bei den meisten Black Metal Bands ist das Experimentieren mit anderen Stilrichtungen zutiefst verpönt. Nun zeigten RACE und Wooden Dark, dass man beide Elemente wunderbar kombinieren kann, ohne langweilig zu klingen …
Und immer wieder: Fahlstrøm is gay!
Spontan griff er nach dem Stapel von Zeitschriften und steuerte wieder die Treppe an.
„Hey? Was soll das werden? Wir wollten die Fotos von Julia ansehen!“
Dylan stoppte. „Und ich möchte jetzt die Zeitungen lesen.“
„Du legst den Stapel sofort wieder zurück.“ Tony hatte sich längst erhoben. Sein ausgestreckter Zeigefinger deutete zum Tresen. „Du wirst diesen Scheiß nicht lesen!“
Es klang ermahnend, nach einem drohenden Streit, sodass sich Julia auf dem Sofa kaum zu rühren vermochte.
„Du hast mir nichts zu befehlen!“
„Du legst jetzt die Zeitungen weg und liest das nicht!!!“, brüllte Tony.
„Klar werde ich das machen!“
„Nein, hab ich gesagt! Absolut nein!“
„Dann eben nicht!“, keifte Dylan. Mit ganzer Kraft warf er den Stapel zu Boden. Einen gefühlten langen Moment sahen sie sich wütend an, bis sich der Manager in Gang setzte und vor den am Boden liegenden Zeitschriften Halt machte. Gezielt suchte er drei der seriösesten Zeitungen heraus.
„Hier, die darfst du lesen.“ Er drückte sie Dylan in die Hände. Die anderen Hefte sammelte er auf, um sie zurück auf den Tresen zu packen. „Den Rest ersparst du dir besser.“
„Okay!“ Es klang schnippisch. Dylan machte kehrt und verschwand schnellen Schrittes, wie ein Gespenst, wie eine Erscheinung.
„Und die Fotos?“, rief Tony fragend hinterher. Da erst konnte sich Julia wieder entspannen.
„Lass ihn einfach. Irgendwann wird schon der richtige Zeitpunkt kommen, in dem er die Fotos genießen kann.“
„Na schön!“ Tony kam zurück. Er betrachtete die Bilder, als wäre zuvor nichts geschehen. Aber Julia konnte den Vorfall nicht so stehen lassen.
„Wie du das kannst“, staunte sie. „Kein anderer von uns würde sich erlauben, Dylan dermaßen in die Schranken zu weisen.“
„Anders geht es nicht“, erklärte Tony. „Und selbst ich habe nicht immer ein glückliches Händchen mit ihm.“ Er dachte an die vielen Eskalationen, die sich der Sänger von RACE bisher erlaubt hatte, und die selbst er nicht verhindern konnte.
„Aber das eben war heavy!“ Julia schüttelte den Kopf.
„Das war gar nichts.“ Tony winkte ab, als hätte ihn Dylans Darbietung überhaupt nicht imponiert. „Du hättest ihn mal sehen sollen, als er unsere Eingangstür eingetreten hat, das ist schon zweimal passiert.“ Er deutete zur Terrasse. „Er hat das Verandafenster zerschlagen …“ Er drehte sich dem Essbereich zu. „Und die Lampe in der Küche hat er abgerissen. Der ganze Putz fiel von der Decke.“ Im Nachhinein konnte er darüber lachen, aber Julia machte ein ganz erschrockenes Gesicht.
„Was wirklich?“
Tony nickte. „Die Ausraster, die du mitbekommen hast, waren harmlos dagegen.“
„Aber …“ Julia konnte kaum aussprechen, was so nahe lag. „Gehört er dann nicht in psychiatrische Behandlung?“
Tony schüttelte sofort den Kopf. „Ich weiß, das würden viele gerne sehen. Es würde für viel Furore sorgen und für noch mehr Publicity, aber Dylan ist nicht gestört.“ Da war er sich sicher, obwohl er kein Attest dafür besaß. Obgleich auch Carol schon mehrfach um ein gründliches, fachmännisches Durchchecken des Sängers gebeten hatte.
Aber für ihn stand fest: „Dylan ist tief in seinem Herzen einfach nur sehr alleine. Der Erfolg und die Musik sind ihm oftmals viel zu viel. Er hat nur dieses Gewaltpotenzial, mit dem er sich abreagieren kann. Im Grunde genommen fehlt ihm ein Mensch, der ihm alle Aufmerksamkeit schenkt, der sich um ihn kümmert und ihn immer mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringt.“
Da schlich sich ein Lächeln auf Julias Gesicht. Kess sah sie den Manager
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