Bis dass der Tod euch scheidet
waren seine blauen Augen auf Dylan gerichtet.
„Jetzt du …“
Dylans Hand zitterte leicht, als er nach dem Glas griff, das bis zum Rand mit Thors Lebenssaft gefüllt war. Schon als er es anhob, strömte der Geruch nach dem abgestandenen Blut in seine Nase und brachte ihn fast zum Würgen.
Doch er riss sich zusammen, vielleicht so stark, wie nie zuvor. Mit geschlossenen Augen führte er das Glas an seinen Mund und leerte es so schnell, als würde er einen Schnaps hinunterkippen. Er verzog sein Gesicht. Bitterer Geschmack herrschte
auf seiner Zunge. Der metallische Geruch von Blut lag in der Luft.
Er atmete hektisch, vielleicht zu schnell. Ebenso schnell setzte er die Sektflasche an den Mund, um ein paar Schlucke nach zu trinken, in der Hoffnung, der ekelhafte Geschmack würde schnell verfliegen.
Aber die Übelkeit blieb. Und schon sprang er auf, eilte ins Badezimmer, wo er gerade noch rechtzeitig den Toilettendeckel aufreißen konnte, bevor er sich ächzend erbrach.
Zitternd sank er auf die Knie, die WC-Schüssel fest umklammert. Noch einmal musste er würgen, und so spuckte er den Rest des mit Alkohol vermischten Blutes aus.
„So, wie es aussieht, willst du doch keine Brüderschaft mit mir“, hörte er Thor sagen, der vor dem Bad stand und kopfschüttelnd hineinsah.
„Doch!“, brüllte Dylan. Tränen der Erschöpfung und der Anstrengung schimmerten in seinen Augen. Mühselig kam er auf die Beine und steuerte auf Thor zu. „Ich will!“
Und schon griff er nach dem Handtuch, welches noch immer um Thors nackten Arm gewickelt war. Die Wunde war inzwischen verschlossen, doch als Dylan gierig seine Lippen dort ansetzte und an ihr saugte, brach sie sofort wieder auf. Eine ganze Weile leckte Dylan wie besessen an dem Einstich und schluckte das Blut dabei eifrig herunter, bis er Thors Hand in seinem Nacken spürte.
Da sah er auf. Blut klebte an seinen Lippen, an seinem Kinn und seinem Hals.
„Du bist wahnsinnig, Perk, weißt du das?“, entwich es Thor, dabei sah er sein Gegenüber ganz merkwürdig an.
„Bestimmt nicht wahnsinniger, als du …“, erwiderte Dylan. Sein Herz pochte stark. Er war erregt, ganz aufgewühlt. Er stöhnte leise, als er Thors Zunge in seinem Mund spürte, seinen festen Griff, der ihn an sich drückte. Ihr inniger Kuss schmeckte nach Blut, nach Gewalt und Verderben. Und ebenso nach dem größten Kick, den Dylan je erlebt hatte.
„Hast du Lust mit mir wegzufahren?“, flüsterte Thor in sein Ohr. Da löste er sich. Sein Gemüt war ganz berauscht und sogleich auch erstaunt.
„Wegfahren? Wohin?“
„Mensch, wir sind in Los Angeles!“, antwortete Thor. „Du willst doch nicht den ganzen Abend in diesem Hotelzimmer verbringen, oder?“
Er wandte sich ab, als wäre die Leidenschaft zwischen ihnen plötzlich nicht mehr von Bedeutung.
„Also ich hau ab, mich hält hier nichts mehr …“
Er ging zurück auf den Balkon, doch bevor er wieder sein eigenes Zimmer betrat, sah er Dylan herausfordernd an.
„Und? Lust auf einen Mitternachtstrip?“
Dylan zögerte kurz. Die Wunde an seinem Arm hatte aufgehört zu bluten. Er konnte das Handtuch entfernen und den Ärmel seines Longsleeves wieder nach unten ziehen. Nur kurz dachte er an Tony. Es würde Ärger geben, würde er das Hotel über Nacht verlassen. Und erst Recht, würde herauskommen, dass er mit Fahlstrøm um die Häuser zog. Doch konnte Dylan nicht machen, was er wollte? Warum kümmerte ihn Tonys Meinung? War diese nicht egal?
„Ich komme mit …“
Kurz darauf trafen sie wieder in der Lobby zusammen, wo Thor einen Wagen anmietete. Dass er alkoholisiert war, bemerkte der Portier nicht, und auch Dylan schwieg. Thor schien klar bei Verstand, und es machte den Anschein, als könne er auch noch problemlos Auto fahren.
Gepäck nahmen sie allerdings nicht mit. Nur Thor verstaute eine kleine Kulturtasche auf der Rückbank.
„Du denkst, wir bleiben die ganze Nacht weg?“, erkundigte sich Dylan, als er das bemerkte.
Thor nickte. „Klar, bis wir da sind, wird es schon fast morgens sein.“
Dylan überlegte. Die Verunsicherung war in sein Gesicht geschrieben. Er schielte zum Hotel.
„Vielleicht sollte ich auch noch was mitnehmen …“
„Du kannst meine Zahnbürste gerne mitbenutzen, wenn es dich nicht zu sehr ekelt.“
Thor schwang sich hinter das Lenkrad des gemieteten Chevrolets Impala – ein Cabriolet - und lachte sein dunkles Lachen.
Die Zahnbürste mit Thor teilen?
„Warum eigentlich nicht, jetzt, wo wir
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