Bis dass der Tod uns scheidet
sich mit dieser Waffe selbst gerichtet, bevor er für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Es gab noch eine .22er, eine .32er und eine .45er, die Aura aufgehoben hatte, nachdem ihre Aufräumteams sie im Laufe der Zeit in einigen Büros und Wohnungen gefunden hatten. Es gab auch noch eine kurzläufige .41er mit sechs Schuss, die mir gehörte. Ich hatte sie eines Nachts bei ihr gelassen, als ich zu einem Mann gehen wollte, der meine Klientin Madeline Rutile vergewaltigt hatte.
Sein Name war John Ball, und alle Welt hielt ihn für unschuldig. Doch wenn er die Fährte eines ganz bestimmten Frauentyps aufnahm, wich sein gutes Benehmen und machte regelmäßigen Tobsuchtsanfällen und Demütigungen Platz, die die Frau tagtäglich fürchtete. Ein Schaden, unter dem sie für den Rest ihres Lebens leiden sollte.
Eines späten Abends hatte ich eine Verabredung mit John Ball – ein Bewerbungsgespräch, sozusagen. Das war das neue, halb rehabilitierte Ich, das so tat, als sei es noch das alte. Ball wollte mich bitten, Beweise bei einem seiner Opfer zu platzieren. Ihr Name war Jenna Rider. Dass Jenna ein weiteres von Balls Opfern war, hatte ich nach wochenlangen Observierungen herausgefunden. Normalerweise suchte sich Ball Frauen, die etwas zu verlieren hatten, wenn sie zur Polizei gingen. So konnte er sie ungestraft misshandeln. John Ball war im Besitz von Beweisen, dass Jenna in eine Unterschlagung bei ihrer vorigen Firma verwickelt war. Ich hatte Jenna davon überzeugt, so zu tun, als habe sie Klage gegen ihren Vergewaltiger – also John – eingereicht. Dann hatte ich Randolph Peel, einem unehrenhaft entlassenen Detective des NYPD, darum gebeten, sich mit Ball in Verbindung zu setzen und ihm von der drohenden Anklage zu berichten. Für zweieinhalbtausend Dollar überließ er dem Täter die gefälschten Unterlagen. Dann brachte er meinen Namen ins Spiel und sagte Ball, ich sei die Art Mann, der der Frau eins überbraten und die Beweise so platzieren konnte, dass der Fall gegen ihn abgeschmettert werden würde.
Für mich war das eine ganz normale Angelegenheit. Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie an Malen nach Zahlen gehalten.
Am Abend meiner Verabredung mit John war ich erst bei Aura gewesen. Meine Kleidung und meine Waffe lagen auf ihrem rosa-blauen Sessel. Als ich ihr erzählte, was ich vorhatte, überredete sie mich, meine Waffe dazulassen.
»Vielleicht verlierst du die Nerven, Leonid«, sagte sie, »und bringst ihn um.«
»Würde ihm recht geschehen«, meinte ich.
»Aber dir nicht.«
Ich ließ die Waffe zurück und ging zu Balls Büro. Als er mir eine Hand zur Begrüßung hinhielt, schlug ich ihn k. o.
Ich hatte gehofft, mit den Informationen verschwinden zu können, die er über Jenna gesammelt hatte, stattdessen zog ich das große Los. John hatte in seinem Büro einen Aktenschrank mit zwei Schubladen. In der oberen Schublade fanden sich die Beweise, die er über mehr als dreißig Frauen gesammelt hatte. In der unteren fanden sich Fotos, Videos und andere Erinnerungsstücke an seine Beutezüge. Sechs Akten waren noch in Bearbeitung – darunter die meiner Klientin.
Aura hatte recht gehabt. Wenn ich meine Waffe dabeigehabt hätte, hätte ich den Kerl auf der Stelle kaltgemacht. So erleichterte ich ihn um den Inhalt der oberen Schublade.
Ich meldete den Angriff auf Ball bei einem Polizisten namens Willis Philby, dessen Spezialgebiet Sexualstraftaten waren. Ich verschwand, bevor die Bullen eintrafen, und ließ ein paar belastende Fotos herumliegen.
Es wurde Anklage erhoben. John, der über einige Ressourcen verfügte, stand noch immer vor Gericht. Ich gab die einzelnen Akten an die jeweiligen Opfer zurück und kaufte Aura einen Rubin in Cabochonschliff an einer dünnen 24-Karat-Goldkette.
»Ma hat angerufen«, teilte mir Theda mit, als ich, ein paar Pfund schwerer, aus dem Schlafzimmer kam.
»Was hat sie gesagt?«
»Dass wir mal sehen werden, wenn sie nach Hause kommt. Also, ich glaube, sie wird einwilligen.«
Auf der Straße kam ich mir mit der Waffe in der Tasche sicherer vor. Ich hatte einen Waffenschein und einen Grund, mich bedroht zu fühlen. Vielleicht suchte Berija nach mir. Vielleicht war Shawna gar nicht tot, auch wenn ich davon ausgehen musste. Die Kinder brauchten Zeit, um sich zu beruhigen und sich sicher zu fühlen, bevor ich sie befragen konnte. Aura würde das schon hinkriegen.
In der Zwischenzeit musste ich mich selbst schützen, während ich durch die
Weitere Kostenlose Bücher