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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Straßen von New York zog.
    Ich hatte einen Haufen Geld bekommen, wofür, war aber nicht klar.
    Shawna hatte mich engagiert, um Chrystal zu beschützen, doch nun war Shawna womöglich selbst das Opfer. Cyril kletterte wohl nicht durch Fenster im siebten Stock, um Frauen umzubringen, aber mit seinem Geld konnte er ein ganzes Regiment im Dunkeln agierender Söldner mieten, die eine solche Aufgabe erledigten.
    All diese Spekulationen waren Fiktion, Schund, nicht die Kalorien wert, die sie kosteten.
     
    Warren Oh, der Afro-Sino-Jamaikaner, saß am Empfangstresen des Tesla Building. Er war ein gutaussehender Mann: sechzig, sah aber aus wie vierzig, zwei Kinder, ein halbes Dutzend Enkel und eine Mutter, die auf die hundert zuging.
    »Hallo, Mr. McGill«, sagte er.
    »Mr. Oh.«
    »Sind Sie heute Nachmittag im Büro?«
    Ein einzelner Gong ertönte. Es war der Ton, der eine Runde einläutete oder beendete. Ich sah auf mein Handy.
    »Vielleicht nicht«, sagte ich zum Wachmann. »Hallo«, sagte ich ins Telefon.
    »Hier sind ein paar Typen, die Iran belästigen«, erklärte Firpo.
    »Ich bin sofort da.«
     
    Gordos Boxstudio lag sechs Blocks von meinem Büro entfernt. Ein Taxi hätte zu lange gebraucht, also rannte ich los, so schnell ich nur konnte. Ich rempelte Leute um, schlängelte mich durch den Straßenverkehr, lief bei Rot über die Straße, schnaufte heftig. Ich blieb auch nicht an der Eingangstür stehen. Ich nahm zwei, drei Stufen auf einmal, bis ich im vierten Stock angelangt war.
    Dort entdeckte ich zwei Männer, die gerade einen blutig geschlagenen Iran Shelfly ins Treppenhaus zerrten. Der junge Exknacki trug noch dieselben Sachen, die er beim letzten Mal angehabt hatte. Die Männer trugen dunkle Kleidung – keine Geschäftskleidung, keine Arbeitsklamotten, eher Ganovenfreizeitkleidung. Sie kamen zum Treppenabsatz, als ich gerade zwei Treppen unter ihnen war. Keine Zeit, sich groß was auszudenken oder sich auf einen Kampf einzulassen. Iran war ein guter Kämpfer, und trotzdem hatten die beiden ihn offenbar zu Boden gestreckt.
    Also griff ich in die Tasche und zückte den Revolver.
    Die beiden hünenhaften Weißen sahen die Waffe. Als ich den Hahn spannte, schenkten sie mir besondere Aufmerksamkeit.
    Irgendwo im Hinterkopf ermahnte ich mich, mal wieder meinen Ruhepol finden zu müssen, denn meine Gewaltbereitschaft nahm geradezu erschreckende Ausmaße an.
    Doch nun war die Waffe gezückt, also hielt ich mich an das Drehbuch.
    »Muss ich noch was sagen?«, fragte ich den Mann direkt vor mir.
    Der hässliche weiße Kerl verzog das Gesicht. Er bewegte sich, als wolle er eine Stufe nach unten nehmen.
    »Gorman«, hielt ihn der andere Kerl zurück, der hinter Iran stand. »Das ist LT McGill.«
    Gormans Blick wanderte zu mir und verriet die Erkenntnis, dass er dem Tod viel zu nah gekommen war.
    »Das hier ist nicht deine Angelegenheit, McGill«, sagte er.
    »Verpiss dich oder wage den nächsten Schritt, Mann.« Ich habe festgestellt, dass zu blöden Situationen meist auch bescheuerte Dialoge gehören.
    Die ganze Szene war noch keine zwanzig Sekunden alt, kam mir aber so vor, als hätte ich genug Zeit gehabt, das ganze Erste Buch Mose vorzutragen.
    Der Kerl hinter Iran hob die Hände und ging zur Wand. Ich umging die beiden und richtete die Waffe auf Gormans Brust.
    »Das ist ein Fehler«, sagte der Anführer der beiden.
    »Deiner«, pflichtete ich ihm bei.
    Der Arschkriecher ging die Treppe hinunter und ließ Gorman allein mit Iran und mir. Auch ohne Waffe hätten wir ihn erledigen können.
    Der Kerl erkannte den Ernst der Lage, ging einen Schritt nach unten, zögerte, tat den nächsten Schritt.
    »Wir sprechen uns noch, Iran«, sagte er, bevor er sich umdrehte und davoneilte.

24
    »Lehn den Kopf zurück, Junge«, befahl Firpo, der tubaspielende, moppwedelnde Aushilfscutman.
    Iran saß in Gordos Bürosessel, während Firpo die Wunde über dem linken Auge verarztete.
    Firpo war klein und drahtig, hatte glänzende schwarze Haut und Augen, die sahen, ohne zu schauen. Er hatte volles Haar mit weniger Grau, als man bei seinem Alter vermutet hätte.
    »Ich hätte sie erledigt, wenn ich sie gesehen hätte«, schimpfte der junge Mann.
    Ich hielt mit der .41er in der Hand Wache.
    »Wenn ein Mann einen Knüppel auf sich zukommen sieht, duckt er sich und rennt davon«, meinte Firpo und wischte den Übermut des jungen Kerls beiseite.
    »Ich hätte sie erledigt«, beharrte Iran.
    »Kopf zurück.«
    In gewisser Hinsicht genoss ich

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