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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Klientin tot war und die Kinder in der Festung in größerer Gefahr waren als bei mir – trotzdem …
    Ich atmete die verschiedenen Gerüche ein, die Kindern anhängen. Wir hatten ein paar Blocks hinter uns gebracht, und ich bezweifelte, dass uns jemand einholen würde.
    Ihr Pech, falls doch.
    »Fatima«, sagte ich.
    Das Kind sah mich an. Sie hielt die Hände der Vier- und der Fünfjährigen, die zwischen ihr und ihrem Bruder saßen.
    »War deine Mutter verletzt?«
    Sie nickte. Die Tränen hatte sie überwunden. Ich spürte, sie hatte den Schmerz für all ihre Brüder und Schwestern heruntergeschluckt, spürte, dieses Kind hatte schon mehr Härten erlebt, als ich in all meinen brutalen fünfundfünfzig Jahren angehäuft hatte.
    »Hatte sie davor schon mal vor irgendetwas Angst?«
    »Mama hatte andauernd Angst vor irgendetwas«, erklärte sie mir. »Sie meinte, hinter jeder Tür steckt ein Räuber, selbst im großen Haus.«
    »Im großen Haus?«
    »Da hat Iwan mit uns allen gewohnt.«
    »War Iwan der Freund von deiner Ma?«
    »Manchmal.«
    »Hat er ihr wehgetan?«
    »Mhm. Das war der Mann, der aus dem Fenster geklettert ist.«
    »Ich bringe euch in die Wohnung einer wirklich netten Lady und ihrer Tochter«, versuchte ich, sie vom unterschwelligen Schmerz des Verlustes abzulenken.
    »Wir wollen bei unserer Tante Chrys bleiben«, widersprach Fatima.
    »Ja«, bekräftigte eine ihrer kleinen Schwestern.
    »Sobald ich sie gefunden habe, bringe ich euch gern zu ihr«, beruhigte ich sie. »Aber erst mal muss ich euch an einen sicheren Ort bringen.«
    »Und wenn es uns dort nicht gefällt?«, fragte das älteste Kind.
    »Wenn nicht, dann müsst ihr auch nicht dort bleiben.«
    Fatima nickte, und ich musste mich ermahnen, dass sie noch ein Kind war und nicht die Frau, die sie zu sein schien.
     
    Aura Ullman besaß eine sehr geräumige Wohnung im obersten Stock am Gramercy Park West. Aus dem Wohnzimmerfenster konnte man auf den Privatpark hinuntersehen.
    Auras siebzehnjährige Tochter Theda ließ uns ins Haus und öffnete, nachdem wir die Stufen bis oben erklommen hatten, die Wohnungstür. Sie war eins achtundsiebzig, wog höchstens achtundvierzig Kilo, hatte tiefschwarze Haut, graue Augen und welliges braunes Haar, das ihre verwickelte Herkunft verriet.
    »Hi, Onkel L«, sagte sie und lächelte. »Wer sind denn deine Freunde?«
    Sie ging in die Knie, und Fatimas hartes Herz schmolz dahin. Die beiden umarmten sich, und der Rest der Sippe eilte herbei, um mitzumachen.
    »Ist deine Mutter da?«, fragte ich.
    »Du weißt doch, sie arbeitet«, erwiderte der Teenager. Dann fragte sie die Kinder: »Habt ihr Hunger?«
    Es gab Tomatensuppe, Frosties, Erdnussbuttersandwiches mit Traubengelee, Orangensaft, Milch und drei Cola. Fatima, die ihren kleinen Bruder Uriah auf der Hüfte trug, sorgte dafür, dass all ihre Brüder und Schwestern ordentlich um den Tisch saßen.
    »Aber klar, Onkel L«, sagte Theda zu mir. »Mama hat nichts dagegen, wenn ich es erlaube.«
    Wir hatten versucht, Aura anzurufen, aber sie ging an keines ihrer Telefone.
    An ihr ideales Domizil war Aura aufgrund ihrer Position im Immobiliengeschäft gekommen. Ich wusste, sie hatte den Platz und das Mitgefühl, um die Kinder zu beschützen. Ich hätte sie zu mir mitgenommen, wenn Gordo dort nicht im Sterben gelegen hätte.
    »Sag ihr, es ist nur, bis ich ihre Tante finde«, erklärte ich.
    »Keine Sorge«, versicherte Theda. »Ma mag Kinder.«
    Ich brauchte weitere Auskünfte, doch es war besser, die Sippe unter Fatimas Aufsicht zu belassen, bevor ich weitere Fragen stellen konnte.
    Auf meinem Handy fand ich eine SMS von Mardi vor: Kit iB. WaS. Kitteridge im Büro. Wartet auf Sie.

23
    »Glaubst du, deine Ma hat etwas dagegen, wenn ich mir was von ihr ausleihe?«, fragte ich Theda. Fatima und sie, und ein wenig auch der älteste Bruder Boaz, scharten die Kinder um den Plasma-Fernseher im Wohnzimmer, damit sie sich Ponyo auf einem Abo-Kanal anschauen konnten.
    »Bestimmt nicht, Onkel L«, antwortete Theda.
     
    Auras Schlafzimmer duftete noch immer so süß wie vor fast zwei Jahren. Ich schloss die Tür zum Flur und ging dann zum wandgroßen Schrank. Der Safe befand sich im Schrank hinter der Kleidung, unter einem Seidenschalbehang. Ich kannte die Kombination.
    In dem Safe fand sich unter anderem eine ganze Auswahl an Waffen und Munition. Eine davon war eine deutsche Luger, die Auras Vater gehört hatte, einem togoischen, zum Schurken gewendeten Armeeoffizier. Er hatte

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