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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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innere Erkenntnis der Angst. Daraufhin erläuterte ich, dass beide Frauen angeblich Probleme mit demselben Mann gehabt hatten – ihrem Ehemann.
    »Die Frau, die mir das alles erzählt hat«, fuhr ich fort, »hatte sich nur als seine Frau ausgegeben. Sie wurde vor nicht mal zwei Tagen vor den Augen ihrer Kinder umgebracht.«
    Wir kamen gerade durch den touristischen Teil von SoHo. Früher mal waren hier Lagerhäuser und kleine italienische Läden gewesen, doch nun gab es Restaurants und Hotels, und Straßenhändler verschacherten alles, von großen Silberringen bis zu Gemälden von nackten Frauen mit dicken Ärschen.
    Hush hatte die Hände in den Taschen vergraben und die Augen auf den Bürgersteig gerichtet, bis wir an der Spring Street vorbei waren und nach Süden zur Canal Street abbogen. Dann sah er mich an.
    Lower SoHo war zu dieser Abendzeit dunkel und still. Es war ein Ort, an dem ein Mann wie Hush frei sprechen konnte.
    »Weißt du noch, was du mir vor fünf Monaten hier auf dieser Straße gesagt hast?«, fragte er.
    Ich nickte und gestand den Schatten ein, dass ich es wusste.
    Es hatte sich um eine Lektion gehandelt, die mein manchmal anarchistischer, manchmal kommunistischer, aber immer revolutionärer Vater mir und meinem jüngeren Bruder eingebläut hatte, als ich neun und Nikita sieben gewesen war.
    Manche Menschen leben außerhalb der Sphäre von Gesetz und Menschlichkeit , sagte der gute alte Papa zu uns. Sie sehen etwas neben der Straße oder folgen einer Melodie, die niemand sonst hören kann. Dieses besondere Ereignis schickt sie auf eine Reise, die niemand anderer unternehmen kann. Jahre sind sie von ihrer Familie und von der Welt getrennt. Sie erleben fantastische Abenteuer und kämpfen für die Freiheit aller.
    Tolstoy McGill hatte dies als Warnung für den wahrhaft Radikalen oder Militanten gedacht. Du gibst dein Ziel niemals auf – auch nicht für die Liebe.
    Eines Tages wurde mir klar, dass die absurde Warnung meines Vaters so viel Wahrheit enthielt, dass Hush sie vielleicht als positive Ermunterung für seinen Weg vom Mörder zum Familienvater ansehen könnte, nicht als Warnschild, wieder umzukehren und den dunkleren Pfaden zu folgen.
    »Wie hast du es geschafft, LT?«, fragte Hush.
    Er blieb stehen, also tat ich es auch. Zwei Frauen, die ein Dutzend Schritte hinter uns gingen, wechselten die Straßenseite, so als hätten sie das schon die ganze Zeit vorgehabt.
    Ich lächelte über die angeborene Intelligenz dieser jungen Frauen in kurzen Kleidern und knallbunten Stöckelschuhen. Das Grinsen beinhaltete auch die (schon mindestens hundertmal gewonnene) Erkenntnis, dass Hush, der womöglich gefährlichste Mann auf der Welt, mich für seinesgleichen hielt und mich vielleicht sogar als Vorbild dafür ansah, wie ein Mann sein Leben führen sollte.
    »Gehst du noch immer in das buddhistische Kloster?«, fragte ich.
    Hush schüttelte den Kopf, und wir gingen weiter.
    »Jetzt wo Tamara und Thackery hier sind, möchte ich die Zeit mit ihnen verbringen. Entweder der Job oder das Kloster.«
    Hush fuhr für einen noblen New Yorker Limousinenservice. Ich hatte nie verstanden warum. Er war vielfacher Millionär, aber er arbeitete vier Tage die Woche und kutschierte Leute durch die Gegend, die schreiend davongerannt wären, wenn sie gewusst hätten, wer er war.
    »Aber du meditierst immer noch, oder?«
    »Ja. Etwa eine Stunde am Morgen und manchmal, wenn es mir im Kopf kalt wird, auch noch nachts.«
    »Als du im Kloster warst, da haben sie sicher ab und zu über Erleuchtung gesprochen.«
    Wir überquerten die Canal Street. Die Straßenstände hatten schon dichtgemacht, und es war ziemlich leer. Hush und ich bogen links ab und gingen zum Broadway hinüber.
    »Ja, haben sie«, meinte Hush.
    »Ich habe mal einen Schüler des großen tibetischen Meisters Chögyam Trungpa sagen hören, dass die Meditation eine Geste hin zur Erleuchtung ist, dass man diesen Wissenszustand aber niemals wahrhaft erreichen kann«, sagte ich. »Ich glaube, er meinte, dass wir niemals ganz in der realen Welt sein werden. Es ist so, als seien wir Schatten, den meisten Menschen unsichtbar. Wir müssen uns ganz stark konzentrieren, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Und diese Konzentration wird uns vielleicht eines Tages normalisieren, uns zu Mitgliedern der Gruppe machen.«
    »Aber was ist mit unseren Sünden?«, fragte der ehemalige Auftragskiller.
    Die Überraschung über seine Wortwahl musste wohl auf meinem Gesicht gestanden

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