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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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eingehackt. Er nimmt deine Geldüberweisung und gibt dir mehr als das Vierfache zurück.«
    »Du klingst beeindruckt«, meinte ich.
    »Bin ich auch. Ich meine, das ist ein recht einfacher Betrug, aber dein Sohn ist darauf gekommen. Er ist noch ein Kind, aber er ist den anderen weit voraus.«
    »Ich ruf später noch mal an«, sagte ich und legte auf.
     
    »Hallo?«
    »Twill?«
    »Hi, Pop. Was gibt’s?«
    »Ist Katrina da?«
    »Mom ist mit Dorrie ins Kino.«
    Der Satz hätte auch genauso gut ein Code sein können für: Sie ist mit einem Mann ausgegangen, der auf der linken Arschbacke eine Y-förmige Narbe hat .
    »Hast du was von D gehört?«, fragte ich Twill.
    Er zögerte. Für meine Zwecke war das gut.
    »Na komm schon, Junge, ich weiß, dass Tatyana angerufen und Dimitri sich von Bertrand Geld geliehen hat.«
    »Dieser Bertrand ist ein Mistköter, Dad«, erwiderte Twill.
    »Ich habe dich nach Dimitri gefragt.«
    »Er ist in Frankreich, Mann. Ist nach Warschau geflogen, hat sich mit Tatyana am Flughafen getroffen, und dann sind sie beide runter nach Nizza gedüst. Er hat mich angerufen, weil er noch mehr Geld brauchte.«
    »Und er ist deswegen zu dir gekommen, weil du als Kassenpacker im Supermarkt so schöne Rücklagen hast?«
    Twill verstummte.
    »Woher hast du das Geld, Twill?«
    »Ich dachte, du wolltest was wegen D wissen?«
    »Woher hast du das Geld, das du deinem Bruder überwiesen hast?«
    »Waren doch nur ein paar Hunderter. Ich hab das Geld genommen, das mir Onkel Gordo mal gegeben hat.«
    »Bald bist du achtzehn, Sohn.«
    »Hm-hm. Ich weiß.«
    »Kriegen die dich noch mal dran, werde ich dir nicht mehr helfen können.«
    »Ich mach nichts, wofür die mich drankriegen können, LT. Meine Hände sind sauber.«
    »Verarsch mich nicht, Sohn.«
    »Ich doch nicht, Pa.«
    »Okay. Wenn dich Dimitri wieder anruft, sag ihm, ich muss mit ihm sprechen. In Ordnung?«
    »Kapiert.«
    Wir verabschiedeten uns, und ich rief Bug zurück.
    »Hi, LT.«
    »Kannst du dich in Twills Konto hacken?«
    »Kann ein heißes Messer Butter schneiden?«
    »Räum es aus«, erklärte ich, »jeden einzelnen Centavo. Bunker es irgendwo.«
    »Okay.« Bugs Stimme klang zögernd.
    »Eines Tages wirst du Kinder haben«, ging ich auf den Klang seiner Stimme ein, »dann wirst du verstehen.«
    »Na, vielleicht«, räumte er ein. »Ich kümmer mich sofort darum.«

34
    Ich stand auf der 9th Street kurz vor der 3rd Avenue. Die Nacht war elektrisch, aber menschenleer. Es gab nicht viel Verkehr, weder Fußgänger noch Radfahrer. Ich stand still, aber mein Verstand brach alle Geschwindigkeitsbegrenzungen.
    Hush täuschte sich bei Auftragskillern selten. Er kannte seinen Beruf.
    Ich musste Twills Geschäft dichtmachen, aber das war nicht alles. Ich musste meinen Lieblingssohn davon abhalten, in die Verderbtheit abzudriften. In seinem jugendlichen Überschwang konnte er unmöglich begreifen, wie sehr das Gewicht seiner Taten auf ihm und seiner Seele lasten würde.
    Ich machte Fortschritte, aber es kam mir so vor, als hätte ich gerade drei Schritte auf ein fünfhundert Meter langes vermintes Feld getan. Ich konnte die andere Seite sehen. Ich konnte mir vorstellen, Boden zu betreten, der mir nicht unter den Füßen hochgehen würde. Doch erst musste ich den nächsten Schritt tun, dann den nächsten.
    »Entschuldigung, Sir«, sagte eine Männerstimme mit falsch klingender Bescheidenheit.
    Eine Autotür schlug zu.
    Schritte von mehr als einem Mann.
    Ich lächelte über die Ablenkung, die diese kleine Bedrohung mir bot.
    »Ja, Sir?«, antwortete ich, bevor ich mich zu den Cops umdrehte.
    Die beiden waren natürlich größer als ich. Sie waren weiß, aber das tat nichts zur Sache. Junge Männer machen gern den Fehler, wegen meiner Größe, meines Gewichts und meines offenkundigen Alters zu glauben, ich sei keine Gefahr.
    »Was ist hier los?«, fragte mich der Beamte zur Linken.
    »Ich stehe hier an einer leeren Straße und halte Rückschau über mein bisheriges Leben«, antwortete ich.
    »Haben Sie getrunken?«, wollte der andere wissen. Er hatte einen Schönheitsfleck auf der linken Gesichtshälfte, anderthalb Zentimeter vom Nasenflügel entfernt. Als Mann nannte er das wohl eher einen Schönheitsfehler.
    »Mein ganzes Leben«, antwortete ich. »Aber nicht in den letzten zwölf Stunden.«
    »Können Sie sich ausweisen?«, fragte die Schönheit.
    »Wozu?«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin ein Mann mittleren Alters, trage einen Anzug und stehe allein und mit leeren

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