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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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haben, denn Hush erklärte: »Ich weiß, was ich getan habe, war falsch, Leonid. Das spüre ich jedes Mal, wenn ich meinen Sohn ansehe.«
    Ich lächelte. Wir bogen links ab auf den Broadway. Als ich nach oben in den Himmel schaute, konnte ich nur Dunkelheit erkennen. Die Worte kamen von einem Ort zu mir, mit dem ich nur selten in Kontakt kam.
    »Schuldgefühle zu haben ist Luxus, Hush. Der kleine Thackery schleicht sich vielleicht in die Speisekammer und stibitzt sich einen Keks, obwohl seine Mutter gesagt hat, er solle sie in Ruhe lassen. Danach fühlt er sich schuldig. Das liegt daran, dass er unschuldig ist und beichten muss, ein böser Junge gewesen zu sein, aber man kann ihm immer noch verzeihen. So sind wir nicht. Für uns gibt es keine Vergebung. Für Menschen wie dich und mich ist Schuld Schwäche. Sie hat keinerlei Bedeutung, wie ein Teller Kaviar an der Kriegsfront. Unsere Beichte, unser Gnadengesuch besteht darin, zu tun, was richtig ist.«
    Ich wollte noch mehr sagen, doch der Strom der Worte versiegte.
    Hush blieb erneut stehen.
    Der Blick in seinen Augen verriet Wut und Schmerz, wie bei einem Verehrer, der gerade abgewiesen worden ist.
    Ich bin es gewohnt, den Leuten schlechte Neuigkeiten zu überbringen. Ihre Frau und Ihr bester Freund… so etwa. Manche werden wütend, wenn sie etwas zu hören bekommen, da sie nicht glauben wollen. Das gehört zum Job – doch diesmal, während ich mit Hush dem dunklen Broadway nordwärts folgte, ließ mich die Wirkung meiner Worte nicht kalt.
    Er zuckte zusammen, und ich wunderte mich.
    Er sah sich in beide Richtungen um, und ich wunderte mich immer noch.
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, du bist einem Mann namens Bisbe über den Weg gelaufen«, erklärte Hush, und ich stellte fest, dass ich die Luft angehalten hatte.
    »Bisbe?«
    »Wenn es ums Töten ging, war ich die letzte Instanz«, fuhr Hush fort und nickte. »Ehrliche Arbeit. Nichts Ausgefallenes, nur wenn es unbedingt sein musste. Aber wenn, dann konnte ich einen Mann auch mit einem Hagelschlag umbringen. Bisbe ist verrückt. Du heuerst ihn an, um einen Kerl mit einer Kugel in den Hinterkopf zu erledigen, und BB bringt ihn mittels Wurzelentzündung oder Selbstmord um. Abergläubische meinen, er ist eine Art Mystiker. Ich halte ihn für schlichtweg durchgeknallt.«
    »Bist du sicher?«
    »Dass er durchgeknallt ist?«
    »Dass er die Frauen umgebracht hat.«
    »Nichts ist sicher«, erwiderte Hush, »aber dass ein Obdachloser eine Frau mit einem perfekten Schlag tötet und dann am helllichten Tag in der Menge verschwindet … Vorsicht ist besser als Nachsicht.«

33
    Während ich Hush die Einzelheiten erläuterte, gingen wir zu seinem Haus zurück. Er ging zwei Stufen nach oben und blieb stehen, als er bemerkte, dass ich ihm nicht folgte.
    »Möchtest du einen Kaffee?«, fragte er.
    »Nein danke. Ich muss herausfinden, was ich als Nächstes zu tun habe.«
    »Wenn du meinen Rat hören willst, mach Urlaub. Tokio ist ganz nett, hab ich gehört.«
    Warnungen, selbst von Hush, brachten mich immer zum Grinsen.
    »Meine Klientin hat sechs Kinder hinterlassen, die sich allein durchschlagen müssen.«
    »Sie hat dich angelogen.«
    »Na und? Warum sollte sie anders sein als alle anderen?«
    Hush zuckte zusammen, Ausdruck seiner Besorgnis.
    »Danke für die Unterhaltung, LT. Bei mir ist noch nicht alles verloren, weißt du?«
    »Sag Tam und Thackery gute Nacht.«
    »Wir sollten das bald mal wiederholen«, erklärte er.
    Ich nickte, drehte mich um und grübelte über mein Leben nach. Ich war wie ein Käfer, der gelernt hatte, ganz nahe beim Feuer zu leben, vielleicht sogar in den Flammen, um die Fressfeinde zu verscheuchen – ich trieb den Teufel mit dem Beelzebub aus.
    Da ich gerade an Käfer dachte, griff ich nach meinem Handy und wählte eine Nummer.
    Bug ging beim zweiten Klingeln dran. »Hi, LT.«
    »Bug.«
    »Was kann ich für dich tun?«
    »Hast du Antwort gekriegt?«
    »Ein Umschlag mit einer MetroCard, in ein kleines Blatt Linienpapier gewickelt. Ich habe sie bei meinem abendlichen Power-Walk mit in die U-Bahn genommen und durch die Maschine gezogen, mit der man die Restsumme ablesen kann. Auf der Karte waren noch neunundvierzig Dollar fünfzig. Sie sah ein wenig abgenutzt aus. Ich nehme an, dass Twill ein Karten-Lese-Schreibgerät hat und die Leute dazu bringt, die weggeworfenen Karten in der U-Bahn zu sammeln. Vielleicht hat er sich auch in das Computersystem der Metropolitan Transit Authority

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