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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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gingen durch eine sehr dicke Stahltür, die mit einer Endgültigkeit hinter ihnen zufiel, die Claire schaudern ließ. Dann passierten sie eine Reihe vergitterter Tore, die dick genug aussahen, um selbst Vampire abzuhalten. Ein paar von ihnen waren verbeult. Auf einigen sah man sogar ins Metall gepresste Abdrücke von Fingern, wo Vampire versucht hatten, die Tür zu verbiegen. Erfolglos, wie es aussah.
    Die Tore fielen alle hinter ihr ins Schloss und schnitten damit jeglichen Fluchtweg ab. Dieser nicht hinterlassene Zettel schien mit jedem Schritt wichtiger zu werden. Verstohlen zog Claire ihr Handy aus der Tasche und überprüfte, ob sie Empfang hatte.
    Kein einziger Balken. Klar. Hier konnte sie nicht einmal eine SMS schreiben, um Hilfe anzufordern. Die Wände des langen Ganges, den sie entlanggingen, waren mit vielen Kratzern, Furchen und herausgerissenen Stücken gezeichnet, die für sich sprachen. Wahrscheinlich stammten sie von Menschen und Vampiren, die darum gekämpft hatten freizukommen.
    »Alles okay?«, fragte Myrnin, der sich zu ihr umblickte. Sie nickte, entschlossen, ihm nicht zu zeigen, wie verunsichert sie war. »Es ist gleich dahinten.«
    Kurz darauf blieb er vor einer weiteren Tür stehen, die keinen Knauf hatte. Daneben befand sich eine kleine Tastatur, auf der Myrnin ein paar Zahlen eintippte. Dann drückte er seinen Daumen auf eine Glasplatte. Die Tür ging mit einem Zischen auf.
    Myrnin trat als Erster ein. Jason saß mit angezogenen Knien auf einer schmalen Pritsche an der Wand. Er hatte einen blendend weißen Krankenhauskittel an, auf dessen Vorderseite – und wahrscheinlich auch auf der Rückseite – das Wort HÄFTLING stand.
    Ausdruckslos blickte er zu ihnen auf. Sein Gesicht unter dem wirren dunklen Haarschopf war starr und reglos, seine Augen waren ausdruckslos wie Steine.
    »Hey, Jason«, sagte Claire. Sie klang nervös. Na ja, sie war es auch. »Darf ich mich setzen?« Die einzige Sitzgelegenheit war das Bett. Jason sagte weder Ja noch Nein, deshalb setzte sie sich an das am weitesten von ihm entfernte Ende. »Geht es dir gut?«
    Er zuckte mit den Achseln. Es war nur eine ganz, ganz kleine Bewegung seiner Schultern, die kaum zu bemerken war. Seine toten Augen huschten zu Myrnin, dann wieder zurück zu ihr.
    Jason war gefährlich, das wusste sie. Sie hatte gesehen, wie er Shane angegriffen hatte, und sie hatte ihn auch schon Schlimmeres tun sehen. Wenn ich jetzt aufstehe und gehe, wird mir das niemand übel nehmen, dachte sie. Nicht einmal Eve.
    Der Gedanke an eine weinende, unglückliche Eve mobilisierte ihren letzten Rest Entschlossenheit. Sie blickte Myrnin an, der in der Ecke neben der Tür stand. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, draußen zu warten?«, fragte sie ihn.
    »Außerhalb dieses Raumes?«
    »Ja.«
    »Bist du dir sicher?«
    Das war sie nicht, aber sie nickte trotzdem. Myrnin warf ihr einen langen, besorgten Blick zu, bevor er seinen Daumen auf eine Glasplatte innerhalb der Zelle drückte und die Tür öffnete.
    Nachdem sie sich hinter ihm geschlossen hatte, blickte Claire Jason an. »Besser?«
    Eine Sekunde lang dachte sie, sie hätte ein schemenhaftes kleines, bitteres Lächeln über sein Gesicht huschen sehen, aber bevor sie sich vergewissern konnte, war es schon wieder verschwunden. »Glaubst du etwa, sie sehen uns nicht?«, fragte er.
    »Doch, da bin ich mir ziemlich sicher. Tut mir leid.«
    Er zuckte wieder mit den Schultern. »Macht nichts. Warum bist du hergekommen?«
    »Myrnin hat mich geholt.«
    »Er denkt, dass ich mit dir reden werde.«
    »Ja, ich glaube schon.«
    Jason schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe nichts zu sagen.«
    »Jason – das hier ist ernst. Es ist nichts, was dich nur für eine Weile hinter Gitter bringt. Es ist Mord. Und wir sind hier in Texas. Damit verstehen sie hier keinen Spaß, schon gar nicht in dieser Stadt.«
    Dieses Mal erhielt sie nicht mal ein Schulterzucken, sondern nur einen leeren Blick.
    »Sie wollen wissen, wer dich dazu angestiftet hat. Wer hat dich damit beauftragt, das Blut von Doug zurückzustehlen?«
    »Wer ist Doug?«
    »Der Typ, den du umgebracht hast«, sagte sie und starrte ihm dabei geradewegs in die Augen. »Ein Freund von mir.«
    Das ließ ihn ein wenig zusammenzucken. »Tut mir leid«, sagte er. Es klang jedoch nicht besonders reumütig. »Ihr habt euch den Falschen geschnappt. Ich war’s nicht.«
    »Sie sind sich aber ziemlich sicher.«
    »Sie sind sich immer sicher, aber das heißt nicht, dass sie es wissen.

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