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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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nein, sie war sich fast sicher, dass eine dieser Stimmen Shane gehörte.
    Und die andere Stimme gehörte einem Mädchen.
    Und dann lachte das Mädchen. Es war kein freundliches Lachen. Es war ein Lachen, das tief aus der Kehle kam, ein neckendes, kokettes Lachen.
    Verdammt, das konnte einfach nicht wahr sein.
    Claire sah rot, sie knirschte mit den Zähnen und griff nach dem Türknauf. Dabei starrte sie das verrostete Schild an, das Shane an seine Tür genagelt hatte und auf dem WER WIDERRECHTLICH EINTRITT, WIRD ERSCHOSSEN stand.
    Trotzdem. Das würde sie nicht tatenlos hinnehmen. Das würde sie überhaupt nicht hinnehmen.
    SHANE
    Nach der Sache mit Michael und dem kaputten Controller und Claire konnte ich nicht schlafen. Ich war völlig ruhelos, komisch drauf und fühlte mich wie unter Strom, als hätte ich fünfzehn Tassen Kaffee getrunken und mit Red Bull runtergespült. Kein gutes Gefühl. Ich versuchte es mit Kopfhörern, aber es half auch nichts, mir dröhnendes Speed Metal durch den Schädel zu jagen. Ich hatte einen Sandsack im Keller und hätte hinuntergehen können, um meinen Frust daran abzulassen, aber das erschien mir falsch. Einfach … falsch.
    Schließlich stand ich auf und strich im Haus herum. Michael war noch wach und klimperte unten auf der Gitarre herum. Normalerweise war das cool – ich mochte seine Musik schon immer –, aber heute wollte ich, dass er damit aufhört. Ich wollte nicht an ihn erinnert werden, daran, dass nur ein paar Meter von mir entfernt ein Vampir wohnte und so tat, als wäre er ein Mensch. Das hatte mir in letzter Zeit zwar nicht so viel ausgemacht, aber jetzt kam dieses Unbehagen mit aller Macht zurück.
    Ich meinte, aus Claires Zimmer Geflüster zu hören, aber es war sehr leise und in meinen Ohren summte es noch von den Kopfhörern. Ich dachte über sie nach und hätte als Nächstes am liebsten … Na ja, ich bin eben ein Kerl. Ihr wisst schon, was ich wollte. Wenn sie noch wach war, ging es ihr vielleicht genauso.
    Wenn wir so nah beieinander wären, würden wir uns vielleicht weniger … gefangen fühlen.
    Ich klopfte so leise wie immer. Vielleicht hatte ich mir die Stimmen nur eingebildet, denn jetzt war kein Laut zu hören, überhaupt nichts. Sie schläft, sagte ich mir. Entspann dich. Geh kalt duschen. Oder ich könnte mit meinen wunden Knöcheln den Sandsack bearbeiten, das hätte den gleichen Effekt – mich auslaugen, das Adrenalin in meinem hyperaktiven Körper abbauen.
    Stattdessen streifte ich weiter durchs Haus.
    Ich weiß nicht, wann genau ich die Leiter bemerkte; wahrscheinlich etwa zwei Stunden später. Ich war in die Küche gegangen, um mir ein Sandwich zu machen. Michael hatte aufgehört zu üben und war nach oben ins Bett gegangen, deshalb hatte ich die Dunkelheit und die Schatten ganz für mich allein. Ich überlegte, ob ich für eine Revanche bei Dead Rising üben sollte, aber nicht einmal dazu hatte ich Lust.
    Als ich an dem Fenster, das nach hinten rausgeht, vorbeikam, sah ich draußen etwas, was nicht dorthin gehörte, silbern aufblitzen. Ich trat einen Schritt zurück und – verdammt – da lehnte eine Leiter seitlich am Haus. Eine lange silberne Leiter, die nicht uns gehörte.
    Ich starrte sie ein paar Sekunden lang an, dann wurde mir klar, dass sie zu Claires Fenster führte. Mein Magen wurde eiskalt und drehte sich. Ich nahm drei Stufen auf einmal, als ich nach oben rannte, durch den Flur stürmte und die Tür zu ihrem Zimmer aufriss, bereit anzugreifen, was immer da bei ihr im Zimmer war, bereit zu töten oder zu sterben und …
    … und sie war nicht da. Niemand war da. Ihr Bett war zerwühlt, aber die Matratze war kalt, als ich sie anfasste. Sie war wohl schon eine Weile weg.
    Leiter. Offenes Fenster. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie Claire entführt wurde, ohne einen Ton von sich zu geben, und schaffte es einfach nicht. Sie hätte wenigstens eine Möglichkeit gefunden, von der Leiter zu fallen oder sie gegen das Haus zu schlagen.
    Es war alles so leise vor sich gegangen, dass sie es selbst getan haben musste, absichtlich.
    Sie war gegangen und hat mir nicht mal Bescheid gesagt. Wahrscheinlich mit irgendeinem Vamp, dachte ich. Sie hatte viel zu viel Vertrauen zu ihnen und einfach nicht diesen Instinkt, mit dem in Morganville Geborene ausgestattet waren – den Instinkt, jedem zu misstrauen, und zwar immer.
    Wenn Myrnin, dieser Schwachkopf, derjenige gewesen war, der sie mitten in der Nacht weggelockt hatte, dann würde ich ihm wehtun

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