Bis die Daemmerung uns scheidet
müssen. Schlimm genug, dass er damals in seinem Labor so getan hatte, als würde sie ihm gehören, aber ich würde ihm die Hölle heißmachen, wenn er hierhergekommen war, in unser Haus, und mein Mädchen in die finstere Nacht hinausgezerrt hatte, aus was für durchgeknallten Gründen auch immer.
Sie sah ihn nicht so, aber Myrnin war immer noch ein Kerl. Ein alter, einsamer Kerl. Ich hatte gemerkt, wie er sie anschaut. Vielleicht mochte er sie nur, vielleicht war es aber auch mehr – ehrlich gesagt, ab und zu fragte ich mich das. Ich fragte mich, was das war zwischen ihr und ihm. Manchmal hätte ich am liebsten meine Hände um seinen Hals gelegt. Hab ich aber nicht gemacht. Noch nicht. Ich glaubte nicht, dass Claire irgendeine Ahnung hatte, dass Myrnin überhaupt etwas für sie empfand.
Claire zuliebe hatte ich vieles von dem, was ich von ihrem Boss hielt, für mich behalten, aber in letzter Zeit war mir einiges davon herausgerutscht. Und Myrnin mag mich auch nicht besonders – das habe ich an seinem Blick bemerkt, vor allem, als er uns gemeinsam in seinem Labor angetroffen hat. Myrnin war einer, der sein Territorium genau absteckte, genau wie ich. Claire würde das nicht gefallen, aber es war eine nackte Tatsache.
Und wenn Myrnin sie mitgenommen hatte, aus meinem Territorium … wenn er ihr irgendetwas angetan hatte … Nun, dann würde ich das Blut dieses wahnsinnigen Vampirs vergießen.
Ich saß im Dunkeln und starrte lange Zeit auf die Leiter, dann ging ich zurück in mein Zimmer, setzte mir die Kopfhörer wieder auf, schaltete im Fernsehen irgendeinen hirnlosen Sender ein und dämmerte weg, denn momentan gab es ansonsten nichts zu tun.
Als ich meine Augen wieder aufschlug, saß ein Traum-Mädchen auf meinem Bett.
Ich wusste, dass es ein Traum war, weil ich überhaupt nicht erschrocken bin, als ich sie sah. Es war, als sollte sie da sein, deshalb gab es keinen Grund, Angst zu bekommen oder es seltsam zu finden. Schön war sie auch – auf eine ganz andere Art als Claire: Sie hatte lange blonde Haare, die sich in dichten Wellen um ihr herzförmiges Gesicht schmiegten und bis auf den Rücken hinunterfielen. Sie war klein, hatte aber eine starke Ausstrahlung. Ihr Lächeln war wie der Sonnenaufgang und ihre Augen hatten die Farbe des Sommerhimmels. Und ja, okay, ich hab sie von oben bis unten taxiert. Sie war es wert – Kurven (schöne!) an den richtigen Stellen. Nicht dürr wie ein Model, sondern sexy wie ein richtiges Mädchen.
Nachdem ich ein paar Sekunden lang ihre Schönheit bewundert hatte, ging mir auf, dass ich mich zu einer Vampirin nicht so hingezogen fühlen sollte. Natürlich war sie eine Vampirin. Hundertprozentig. Nun hätte ich kurz zuvor am liebsten ein paar Vampire durch die Mangel gedreht, einschließlich meines besten Freundes, und man sollte annehmen, dass ich ihr gegenüber dasselbe empfand … tat ich aber nicht. Sie gefiel mir.
Außerdem kam sie mir irgendwie vage bekannt vor. Als hätte ich sie schon mal gesehen. Aber ich hatte auch nicht das Bedürfnis, weiter darüber nachzudenken.
»Du warst heute beeindruckend«, sagte sie. Sogar ihre Stimme klang wie ein Traum, wie eine dieser flüsternden Stimmen, bei denen sich alles ganz heiß und verschwitzt anfühlt, wenn man wieder aufwacht. »Wassily war überrascht, weißt du? Noch nie hat ein Mensch es geschafft, ihn im Kampf zu berühren, geschweige denn, ihn auf die Matte zu werfen. Ich glaube, er war beeindruckt und wütend zugleich.«
»Danke«, sagte ich. Ich lächelte ihr zu und es fühlte sich gut an. »Es hat gutgetan, ihn auf seinen Platz zu verweisen.«
»Es war eine Wonne zuzuschauen. Du bist so … stark.« Sie blickte mich durch ihre gesenkten Wimpern hindurch an und mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Sie hatte diese Präsenz und diese Macht. Wie ein Traum. Natürlich war sie ein Traum. Alle paar Minuten flimmerte eine dieser Sex-Hotline-Werbungen über den Fernsehbildschirm. Wahrscheinlich hatte mein Gehirn sie sich daraus zusammengesetzt – und aus der Vampirbesessenheit, die ich gerade zu entwickeln schien. Selbst ihre Stimme klang, dass man bereit war, Geld dafür bezahlen, damit sie den eigenen Namen flüstert. »Wassily hat es ja schon erwähnt – er möchte, dass ich dir eine persönliche Einladung zu seinem exklusiven Sparring-Club überbringe. Aber du darfst niemandem davon erzählen, ob du nun daran teilnimmst oder nicht. Auf diese Weise macht es mehr Spaß. Unser kleines Geheimnis, verstehst
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