Bis du erwachst
heiraten, aber du nicht, weil ‹die Ehe einfach nicht funktioniert›, also richte ich mich nach dir. Cara will, dass wir unsere Jobs kündigen und uns selbständig machen, also tun wir es.»
«Ich dachte, dass du das alles auch wolltest!»
«Das stimmt schon, aber alles, was wir tun, geschieht auf
dein
Betreiben! Ich wollte es dir immer nur recht machen, ich wollte, dass
du
glücklich bist. Dich wie eine Königin behandeln, weil du nichts anderes verdienst, vor allem nach deiner Kindheit. Und für mich ist das auch kein Problem, weil ich dich ja liebe. Und
ein
Mal will ich jetzt etwas für
mich
! Ich will, dass du dich zur Abwechslung mal nach mir richtest. Ist das denn so verkehrt, Cara?»
«Aber ich will keine Kinder! Jetzt nicht, und wahrscheinlich auch nicht in einem Jahr! Wie oft muss ich dir das noch sagen? Mir gefällt mein Leben – unser Leben –, wie es ist, ich brauche keine Veränderung!»
Er war jetzt wirklich zornig. Das konnte sie an der Form seiner Augenbrauen sehen und daran, wie er sich hielt – angespannt, still, wütend. So zornig hatte sie ihn erst einmal erlebt, vor etwa fünf Jahren, als ihr damaliger Chef ihr bei einer Abschiedsparty im Büro an den Hintern gegrapscht hatte. Ade hatte sich aufgeregt, dass «keiner seine Frau derart respektlos behandeln» dürfe, und gedroht, ihrem Chef die «Fresse zu polieren», was Cara lächerlich gefunden hatte, hauptsächlich, weil es gar nicht zu ihm passte. Natürlich hatte sie ihn davon abgebracht, seine Drohung in die Tat umzusetzen, indem sie ihm offenbarte, dass sie besagtem Chef bereits eine Ohrfeige versetzt hatte.
Ade setzte sich auf eine Kiste. Wutentbrannt. Mit gesenktem Kopf.
«Du willst bloß kein Kind mit
mir
.» Seine Stimme brach, und es tat ihr wirklich furchtbar leid, dass der einzige Mann, den sie je geliebt hatte, derart litt. Sie setzte sich zu ihm und wollte seine Hand nehmen. Doch stattdessen schwiegen sie beide. Cara schwamm der Kopf vor lauter Worten und Sätzen, die sie hätte sagen können, um alles wieder in Ordnung zu bringen.
«Danke, dass du mir alles gesagt hast, was ich wissen muss», sagte er schließlich. Seine Stimme klang nicht länger zornig, sondern einfach zutiefst verletzt.
Er ließ sie dort in der Vorratskammer sitzen. Und sie fühlte sich so einsam wie nie zuvor in ihrem Erwachsenenleben.
In dieser Nacht schlief Ade auf dem Sofa. Cara lag wach im Bett.
Am nächsten Morgen hatte er eine Reisetasche gepackt und war verschwunden.
24
Da war er schon wieder.
Diesmal rannte er davon, als er Millie entdeckte. Sie wandte sich gerade vom Getränkeautomaten des Krankenhauses ab.
«Hey!», rief sie ihm nach und verfolgte ihn halbherzig, bis sie sich daran erinnerte, dass sie ein heißes Getränk in der Hand hielt. Er fuhr zu ihr herum. Sein Gesicht war kaum zu sehen unter der Kapuze seines Sweatshirts. Dann war er verschwunden.
«Verdammte Frechheit!», murmelte Millie.
Aber da war er doch schon wieder! Sie stellte ihren Becher auf den Boden und lauerte ihm hinter der Flurecke auf.
«Hab dich!», rief sie und packte den Jungen am Arm. Erschrocken wich er zurück. Als die Kapuze dabei von seinem Kopf glitt, kamen eine Baseballkappe, schulterlanges Haar, Lidschatten und ein Hauch Lippenstift zum Vorschein. Er war eine Sie!
«Fassen Sie mich nie wieder an, haben Sie gehört?», sagte das Mädchen.
Millie erholte sich rasch von ihrem Schock. «Schon gut. Ich will nur wissen, was du vor dem Zimmer meiner Schwester zu suchen hast.»
Ihre Miene verwandelte sich. «Ihrer Schwester?»
«Wer bist du denn?»
«Irgendwer.»
«Ja, aber wer?» Vor gar nicht allzu langer Zeit war sie selbst noch ein Teenager gewesen, sie würde schon mit dem Mädchen zurechtkommen.
«Wer sind Sie, Hawaii Fünf-Null oder was?», sagte das Mädchen.
«Hawaii Fünf-was?»
«
Die Polizei!
Sind Sie von der Polizei? Weil Sie mir diese ganzen Fragen stellen.»
«Ich hab dich nur nach deinem Namen gefragt.»
«Na schön, Sie können DT zu mir sagen.
Okay? »
Millie dachte einen Augenblick nach. Das merkwürdige Gedicht, das Cara in der Plastikhülle mit Lenas «wichtigen Dingen» gefunden hatte, war mit DT unterzeichnet.
«Schreibst du Gedichte?»
Sie sah überrascht aus. «Ich reime, klar?»
Schwester Gratten tauchte mit besorgter Miene auf. «Was ist hier denn los?»
«Das geht dich doch nichts an, Oma», entgegnete DT.
Millie hätte am liebsten gekichert. «Nichts, Schwester Gratten. Wir sind gerade unterwegs zu
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