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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Lena.»
    Schwester Gratten warf DT einen skeptischen Blick zu. Das Mädchen verströmte durch jede Pore ihres Körpers Feindseligkeit.
    Die Oasis-CD endete gerade, als sie Lenas Zimmer betraten.
    «DT?», fragte Millie. Dieser freche Teenager wirkte plötzlich ganz klein. Sie stand wie angewurzelt an der Tür und starrte auf Lena.
    «Tut mir leid, aber ich kann nicht», sagte sie entschieden. Millie hatte schon vergessen, was die Menschen empfanden, wenn sie Lena zum ersten Mal dort liegen sahen, lebendig, aber leblos, im Tiefschlaf und doch wach. Unglauben, Überraschung und Trauer spiegelten sich in ihren Gesichtern in unterschiedlichen Anteilen, und doch war der Ausdruck immer irgendwie gleich. Darauf folgten die üblichen Bemerkungen, zum Beispiel «Wie lang liegt sie schon so da?», «Was sagen die Ärzte?», oder, so wie jetzt: «Verdammte Scheiße!»
    «Würdest du freundlicherweise nicht so herumfluchen?», bat Millie. Der Teenager trat ans Bett. «Hast du Angst oder was?», fragte Millie kühn. «Ich hab vor nix Angst», erwiderte das Mädchen trotzig.
    «Ich hab dich schon mal gesehen, stimmt’s?», fragte Millie.
    DT antwortete nicht. Sie starrte auf Lena. Sie wirkte noch sehr jung, und hinter ihrem großspurigen Auftreten verbarg sich ziemlich offensichtlich Angst.
    Wer hätte ihr daraus auch einen Vorwurf machen sollen? Sie war noch so jung! Als Millie Lena zum ersten Mal so sah, hatte sie auch einen Höllenschiss gehabt. Und auch noch danach.
    «Wie heißt du?», fragte Millie.
    «DT. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt.»
    «Ich muss deinen richtigen Namen wissen, damit ich ihn am Empfang hinterlegen kann. Bisher hast du dich immer reingeschlichen, oder?»
    «Ja. Wenn irgendwer den Summer gedrückt hat, bin ich einfach hinter ihm her.»
    «Also, dein Name?»
    «Nicht schon wieder!»
    «Würdest du bitte einfach antworten!»
    «Deana Thornton.»
    Millie unterdrückte ein Kichern. «Woher kennst du Lena denn?»
    «Warum?»
    Allmählich fand Millie die Kleine ermüdend. «War nur eine Frage.»
    «Sagen wir, sie schuldet mir noch was.»
    «Was denn?»
    «Ihre Schwester schuldet mir Geld.»
    «Wie viel?»
    «Zwanzig. Bei unserem letzten Treffen hätte sie es eigentlich zurückgeben sollen. Hab sie mit SMS bombardiert, aber sie hat nicht zurückgerufen. Ich hätte die Kohle jetzt gern zurück.»
    «Die SMS habe ich gesehen.»
    «Genau. Also?» Mit erhobenen Augenbrauen drehte sie sich zu Millie um.
    «Und deswegen bist du gekommen?» Millie fand das alles irgendwie nicht richtig.
    «Ich wollte nur sichergehen, dass sie nicht versucht, mit meinem Geld durchzubrennen.»
    Millie nahm ihre letzten zwanzig Pfund aus der Tasche und reichte sie Deana.
    «Yeah, danke», sagte sie. «Was machen Sie hier alle immer? Ist doch ein bisschen langweilig.»
    «Manchmal reden wir mit Lena. Hören Musik.»
    «Und das ist alles?»
    «Tja. Es heißt einfach abwarten, Deana», sagte Millie traurig.
     
    Nach den Veränderungen an seinem Körper fand Michael, dass nun seine Umgebung an der Reihe war. Und da er seine Wohnung so hasste, entschied er, dass dies ein guter Ansatzpunkt war.
    Er hatte sich ausgerechnet, dass es noch eine Weile dauern würde, bis er sich ein Haus leisten konnte, selbst wenn er morgen befördert werden würde. Und auch auf die Gefahr hin, dass er sich anhörte wie ein Sandalen tragender Gutmensch: Während er hier geistige Nabelschau betrieb, gab es überall Menschen, die überhaupt keine Bleibe hatten. Leute, die gar nichts besaßen. Er zumindest hatte ein Dach über dem Kopf und einen Job. Was hatten sie? Was hatte Lena, die an ihr Krankenhausbett gefesselt war? Und wie wäre es zur Abwechslung einmal damit, einfach zu leben, statt sich ständig Gedanken über die Zukunft zu machen? Michael hatte beschlossen, statt dauernd nur an das zu denken, was er sich wünschte, wollte er sich dem widmen, was er hatte – und das war zufällig eine Sozialwohnung auf dem Dog Kennel Hill Estate, die dringend gestrichen und ein wenig verschönert werden musste.
    Nach der Arbeit kaufte er rasch ein paar Farben. Er hatte nicht recht gewusst, wo er anfangen sollte, bis Charlotte ihm einen Vortrag über neutrale und warme Töne gehalten hatte. Er war sich nicht sicher, ob sie von Farben oder Stimmungen redete, beschloss aber, ihrem Urteil zu vertrauen.
    Er brauchte keinen speziellen Maleroverall, da er zu Hause tütenweise Sachen hatte, die für eine wohltätige Sammelstelle bestimmt waren (dazu alles, was er im letzten

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