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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Zeiten, in denen wir wochenlang kein Wort miteinander geredet haben? Nie im Leben, Millie. Ich sag es nicht gern, aber dein Vater war ein nichtsnutziger   … jedenfalls habe ich meine kleinen Mädchen bekommen. Manche Frauen, meine Freundin Eloise zum Beispiel, hatten nicht dieses Glück. Außerdem war es damals ziemlich schwer, einen guten, starken Mann zu finden. Ist es ja immer noch. In Southampton bin ich umgeben von schmalbrüstigen Schwächlingen mit kaputten Gelenken. Von denen will ich nichts wissen.»
    «Dad war wirklich ziemlich kalt, stimmt’s?»
    Kitty schwieg, und Millie war sich nicht sicher, ob sie eine Antwort erzwingen sollte. Aber dieser Brief   … sie mussteunbedingt wissen, ob Donald Curtis wirklich zu allen so war, nicht nur zu seinen Kindern, zu ihr. Es war ihr einfach wichtig.
    «Ja, das war er. Ich glaube, das war er schon von Geburt an.»
    Mit dieser Antwort gab sich Millie zufrieden. Sie wechselte das Thema. «Wolltest du dir in Brasilien wirklich das Gesicht liften lassen?»
    «Bevor ich den Anruf von Ade wegen Lena bekam? Ja.»
    «Warum?»
    «Weil ich keine Lust mehr habe, morgens aufzuwachen und auszusehen wie ein Rhinozeroshintern.»
    «Das ist doch eine maßlose Übertreibung!» Millie lachte.
    «Es ist nicht lustig, in den Spiegel zu schauen und dort deine Mum zu sehen.»
    «Mir würde das nichts ausmachen.»
    «Du bist so süß, aber du hast Glück, du gerätst nach deiner Tante Hortense. Lena hat ziemlich viel von Donald, während Cara eher nach mir kommt. Aber verrat ihr bloß nicht, dass ich das gesagt habe.»

28
    Die Klinik war vornehmer als das Fen Lane, überall Glas und silberne Wandvertäfelungen. Selbst die Empfangsdame, die hinter einem hohen silberfarbenen Tresen saß und telefonierte, wirkte glamourös.
    «Kann ich Ihnen helfen?», fragte sie. Ihre Zähne waren schneeweiß, und man konnte nicht erkennen, ob sie erst fünfundzwanzig war oder in Wirklichkeit schon doppelt so alt. Und so begannen Kitty und Millie, das Alter der Leute zu raten, die an ihnen vorbeikamen.
    «Ich glaube, die Empfangsdame ist hundertdrei», flüsterte Kitty, während sie in dem schicken Wartezimmer darauf warteten, dass sie an die Reihe kamen. Zeitschriften lagen herum, und unter einem Schild mit der Aufschrift «Gratis zu Ihrer Erfrischung» waren frisches Obst und Wasserflaschen arrangiert. Hätte Lena es auf einer privaten Station wie dieser vielleicht besser gehabt? Aber Millie wusste, dass Lena bei Schwester Gratten und dem Ärzteteam im Fen Lane Hospital in besten Händen war, trotz des verlorenen Notizbuchs.
    «Was meinst du, wie alt ist die da? Fünfunddreißig?», fragte Millie, als eine Krankenschwester an dem verglasten Wartezimmer vorbeikam.
    «Niemals. Am Hals kann man es immer sehen, Millie. Die ist schon über fünfzig.»
    Millie musste kichern. Ein Paar im Partnerlook kam herein und nahm ihnen gegenüber Platz. Sie schaute auf den Plasmabildschirm, auf dem die «Fortschritte der Chirurgie» angepriesen wurden, und biss in ihren Gratisapfel.
    «Mrs.   Curtis?», fragte eine junge Frau in grünem Kittel, die aussah wie dreißig.
    «Du hast Dads Namen beibehalten?»
    «Das hatte nichts mit ihm zu tun. Ich finde, es klingt besser als Kitty Badjie, außerdem bin ich im Theater als Kitty Curtis bekannt. Wenn irgendeine neue Rolle hereinkäme, wüssten sie, nach wem sie suchen müssten.»
    Der Chirurg war wirklich nett, erklärte ihnen die gesamte Prozedur, und dann beschlossen die beiden Frauen den wunderbaren Tag in einem kleinen Bistro in der Nähe. Auch wenn es kein typischer Mutter-Tochter-Ausflug gewesen war, hatte Millie ihn doch genossen.
    Als Millie an diesem Abend an Lenas Bett saß und ihr von Kittys Vorhaben erzählte, fühlte sie sich froh und hoffnungsvoll. Die Amerie-CD war gerade zu Ende gegangen, als es an der Tür klopfte. Millie erkannte Deana sofort durch das Glas, hauptsächlich, weil sie sonst niemanden kannte, der derart weite Jeans trug.
    «Der Song ist voll krass», erklärte Deana.
    «Krass?»
    «Cool.»
    «Ja, das hab ich schon verstanden!» Millie war beinahe fünfundzwanzig, nicht fünfunddreißig.
    Deana blieb in der Tür stehen. «Tut mir leid wegen neulich.»
    «Schon gut, ich hab das Geld ja wiedergekriegt. Danke.»
    «Ich hab nur Spaß gemacht», seufzte sie und schob sich langsam ins Zimmer.
    «Setz dich, wenn du magst.»
    «Ich brauch dazu keine Erlaubnis, Miss.»
    «Ich heiße Millie. Und ich weiß, dass es dich fertigmacht, sie so zu sehen.

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