Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
mattschwarzer Kunststoff. Das kann alles sein , sagte ich mir und schaute schnell weg. Der Deckel einer Plastikschale, ein Kinderspielzeug … einfach alles. Aber es sah nicht aus wie alles – es sah aus wie die Rückseite von einem Handy. Cal war ziemlich sicher gewesen, dass sich Chelseys Handy irgendwo auf der Insel befand … und falls es ihr Handy war …
Mir blieb keine Zeit zum Nachdenken. Ich sah, wie der mit dem toten Herzen zu dem Pferdeschwanztypen schaute und ihm zunickte, woraus ich folgerte, dass meine Zeit abgelaufen war. Wenn ich das Handy erwischen wollte, musste ich jetzt sofort handeln.
»Okay, okay«, sagte ich zu dem mit dem toten Herzen, hob die Hände und entfernte mich mit ein paar Schritten nach links kleinlaut von dem Bunker. »Ist gut, ich geh ja schon … ich geh.«
Der mit dem toten Herzen warf dem Pferdeschwanztypen einen Blick zu, um ihn zurückzupfeifen, dann wandte er sich wieder mir zu und sagte leise: »Dann mach.«
Ich trat noch einen halben Schritt nach links und wandte mich schließlich an den jüngeren Biker. »Weiß Robyn eigentlich Bescheid über Chelsey?«, fragte ich ihn.
»Was?«
»Robyn Mayo … weiß sie Bescheid, was ihr mit Chelsey gemacht habt?«
»Was soll das?«, knurrte er. »Verdammte Scheiße, was weißt du über Rob– «
»Wir stehen uns näher, als du denkst«, sagte ich mit einem Lächeln. »Ich meine, Robyn und ich …« Ich hob die Hand und kreuzte die Finger. »Wir sind so.«
Er rannte jetzt auf mich zu – mit wütendem Blick, verkrampftem Kiefer und geballter Faust – und ich hatte gerade noch Zeit, ein bisschen weiter nach links zu treten, sodass ich, als er mich traf – mit einem seitlichen Schwinger gegen den Kopf –, nach hinten Richtung Ginstersträucher taumelte. Ich ging mit dem Schlag mit, so gut ich konnte, und auchwenn mir für einen Moment schwarz vor Augen wurde, als ich rückwärts stolperte und zu Boden ging, war ich noch geistesgegenwärtig genug, so zu fallen, wie ich es wollte – mit dem Gesicht nach unten in das Ginstergewirr, direkt auf das Handy. Und während ich ächzend und stöhnend im Sand lag – was ich nicht vortäuschen musste –, gelang es mir, ein bisschen umherzutasten, das Handy zu finden und in mein Hemd zu schieben, bevor mich der Biker erreichte und mir seinen Stiefel in den Rücken rammte. Ich rollte zur Seite und versuchte aufzustehen, doch er trat noch mal zu, diesmal voll in den Bauch. Meine Lunge wurde mit einem Schlag leer, und als ich mich keuchend, schnaufend und nach Luft ringend krümmte, traf mich ein weiterer Tritt am Kopf und ich landete mit ausgebreiteten Armen im Sand.
Ich hatte das sichere Gefühl, am Ende zu sein.
Der Schlag hatte mich nicht bewusstlos gemacht, aber ich wusste kaum mehr, wo ich war. Im Kopf drehte sich alles, es klingelte in meinen Ohren und alles um mich herum war ein einziger Nebel – eine Wolke aus wirbelndem Himmel und Sand, eine Wolke, die jedes Mal ihre Richtung änderte, wenn ich aufzustehen versuchte …
Ich schaffte es nicht.
Der Biker stand jetzt über mir – ein diffuser schwarzer Schatten, der aus dem Nebel ragte –, und als er den Stiefel hob, um ihn mir in den Schädel zu rammen, schien sich plötzlich alles zu verlangsamen … für einen zeitlosen Augenblick war mir jedes kleinste Detail bewusst: Abriebspuren am Stiefelabsatz, verkratztes Leder, die stumpfe Oberfläche einer Eisenschnalle …
Und ich spürte keine Angst.
Nur eine leise Enttäuschung, dass es so enden würde – von einem Biker am Strand zu Tode getreten.
Na ja …
Der Stiefel kam jetzt auf mich zu, ein großes, verzerrtes schwarzes Ding, das aus der Wolke herabsank …
Ich schloss die Augen und lächelte, dachte an Gott in einer schwarzen Lederjacke.
Ist gut, John , sagte eine Stimme in meinem Herzen. Ich bin hier.
»Hey, Stace«, sagte ich selig. »Du kommst gerade rechtzeitig – «
»Stevie!«
Das war eine andere Stimme, die Stimme eines toten Herzens, die aus dem Nebel rief.
»Das reicht.«
Ich öffnete die Augen. Der Riesenstiefel hing in der Luft.
»Nicht jetzt, okay?«
Ich blinzelte. Der Stiefel war weg.
»Lass ihn einfach liegen.«
Der diffuse schwarze Schatten zögerte einen Moment, fluchte leise vor sich hin, entfernte sich dann, immer noch fluchend, und verschwand im Nebel …
13
Ich weiß nicht mehr viel davon, wie ich zurück ins Hotel kam. Ich habe nur eine vage Erinnerung, dass ich hochgezogen wurde und jemand – wahrscheinlich der mit dem toten
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