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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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»Er sieht irgendwie rot aus, ganz wund
gescheuert!« sagte sie.
    »Was?«
    »Herrje, Jack, du hast ihn wund gescheuert! Du mußt ihn mal ein,
zwei Nächte in Ruhe lassen. Wann hat das denn angefangen?«
    »Ich hab ihn nicht wund gescheuert«, widersprach Jack.
    »Erzähl mir keinen Scheiß, Zuckerbär. Du hast dir so oft einen
runtergeholt, daß dein Kleiner regelrecht malträtiert aussieht.«
    »Was ist ›einen runterholen‹?«
    »Das weißt du doch. Du hast masturbiert.«
    »Was?«
    »Du hast dich selbst befriedigt.«
    »Hab ich nicht.«
    »Jack, du hast es gerade im Traum getan!« In diesem [347]  Augenblick
begann er zu weinen. Er wollte, daß Emma ihm glaubte, wußte aber nicht, wie er
es ihr sagen sollte. »Nicht weinen, Süßer. Wir machen alles wieder gut.«
    »Wie denn?«
    »Wir tun ein bißchen Feuchtigkeitscreme oder so drauf. Keine Sorge,
Jack. Das machen alle Jungen – sie holen sich einen runter. Ich hatte unrecht,
als ich gedacht habe, du wärst dafür noch zu jung.«
    »Ich mache das nicht!« beharrte Jack. Er mußte rufen, denn Emma war
gegenüber, im Badezimmer ihrer Mutter. Als sie zurückkam, hatte sie eine
Feuchtigkeitscreme dabei. »Brennt das?« fragte er sie.
    »Das hier nicht. Nur Cremes mit Zeug brennen.«
    »Was für Zeug?«
    »Chemikalien«, sagte Emma. »Parfüm, künstliches Zeug und anderer
Mist.« Sie strich die Lotion auf seinen Penis. Es tat nicht weh, aber er konnte
nicht aufhören zu weinen. »Jetzt krieg dich mal wieder ein, Zuckerbär. Es ist
doch nichts dabei, sich einen runterzuholen.«
    »Ich hole mir keinen runter. Das ist
Mrs. Machado.«
    Unvermittelt ließ Emma seinen Kleinen los. »Mrs. Machado?«
    »Sie macht alles mögliche. Sie steckt Mister Penis in sich rein«,
sagte Jack.
    »Mister Penis?«
    »Mrs. Machado sagt ›Miiiester‹«, erkärte er.
    » Wo steckt sie ihn sich rein, Zuckerbär?«
fragte Emma, bevor Jack antworten konnte, fuhr sie fort: »In den Mund?«
    »Auch in den Mund«, sagte er.
    »Jack, was Mrs. Machado tut, ist ein
Verbrechen!«
    »Was?«
    »Es ist ein Unrecht, Süßer. Ich meine nicht dich – du hast nichts
Unrechtes getan. Aber sie schon.«
    »Bitte sag meiner Mutter nichts«, bat er.
    [348]  Emma schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.
»Zuckerbär«, flüsterte sie, »wir müssen dafür sorgen, daß Mrs. Machado damit
aufhört. Sie muß damit aufhören.«
    » Du kannst dafür sorgen, daß sie aufhört«,
schlug Jack vor. »Ich wette, du kannst das.«
    »Ja, das glaube ich auch«, sagte Emma finster.
    »Geh nicht!« bettelte er. Er umklammerte sie mit aller Kraft. Er
wußte, daß sie ihn noch viel fester an sich drücken konnte, doch sie hielt ihn
wie zuvor. Sie strich ihm zwischen den Schulterblättern über den Rücken und
küßte ihn auf die noch feuchten Lider und die Ohren.
    »Ich bin ja da, Zuckerbär. Schlaf einfach ein, Jack. Ich bleibe bei
dir.«
    Er fiel in einen traumlosen Schlaf, so tief, daß er beinahe nicht
aufgewacht wäre, als sie sich stritten. »Herrgott, er hatte einen Alptraum«,
hörte er Emma sagen. »Ich hab ihn bloß im Arm gehalten, damit er wieder
einschlafen kann, und dabei bin ich selbst eingeschlafen. Was denkt ihr
eigentlich? Daß ich mich voll angezogen zu ihm ins Bett gelegt habe, um mit ihm
zu vögeln ?«
    »Du solltest dich jedenfalls nicht zu ihm ins Bett legen, Emma«,
sagte Mrs. Oastler. »Du hast unter der Decke gelegen,
wenn ich das bemerken darf.«
    »Ich glaube, es ist alles in Ordnung«, sagte Alice. »Ich glaube,
Jack geht’s gut.«
    »Ach, du glaubst, es geht ihm gut. Ich bin verdammt erleichtert, das
zu hören!« rief Emma.
    »Sprich nicht in diesem Ton mit Alice«, sagte Mrs. Oastler.
    »Jack, bist du wach?« fragte Emma.
    »Ich glaube schon«, sagte er.
    »Wenn du wieder schlecht geträumt hast, sag mir Bescheid«, sagte
Emma. »Du weißt ja, wo ich bin.«
    »Danke!« rief Jack ihr nach, als sie hinausging.
    [349]  »Emma –«, begann Mrs. Oastler.
    »Laß sie, Leslie«, unterbrach Alice sie. »Ich sehe ja, daß nichts
passiert ist.«
    »Ist bestimmt alles in Ordnung, Jack?« fragte Leslie.
    »Ja, bestimmt. Alles in Ordnung«, sagte er. Jack sah seine Mutter
an, als wäre sie sein Einmannpublikum, obgleich er wußte, daß sie das nicht
war. »Es ist überhaupt nichts passiert«, sagte er zu ihr. Miss Wurtz hätte
seine Artikulation gelobt. Zu Jacks Überraschung ging ihm die Lüge so leicht
über die Lippen wie nur irgendein Text, den er je auf der Bühne gesprochen
hatte. Zum

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