Bis ich dich finde
bißchen aggressiv zu ihm gewesen war.
Robbie legte Jack die Hand um den Nacken. Er verbeugte sich wackelig
und berührte mit seinem eiförmigen Schädel Jacks Nasenspitze. »Deine Mutter hat
dich geliebt, Jackie. Sie hat nur eben nicht jeden, nicht einmal dich, so
geliebt wie William. «
Die Ehemaligen waren mit Ausnahme von Leslie Oastler nach Hause
gegangen. Die Singles unter ihnen – zumal jene, die geschieden und stolz darauf
waren – nahmen Tätowierer mit. Mr. Ramsey, der Jack sein übliches Adieu entbot
– »Jack Burns!« –, hatte ebenfalls einen Tätowierer mit nach Hause genommen.
(Night-Shift Mike vom Sailors’ Friend Tattoo in Norfolk, Virginia. Mike war
also tatsächlich ein Matrosenfreund!)
Sogar Miss Wong, die endlich Fühlung mit dem Wirbelsturm aufgenommen
hatte, in dem sie zur Welt gekommen war, tanzte wie wild – und ließ auf höchst
denkwürdige Weise alle [714] Hemmungen fahren, als sie mit beiden Brüdern
Fronhofer zu »Stuck Inside of Mobile with the Memphis Blues Again« Jitterbug
tanzte. (Sie ging mit dem besseraussehenden der beiden Brüder nach Hause.)
Die Malcolms blieben bemerkenswerterweise sehr lange – Mrs. Malcolm
wurde durch die Anwesenheit von Marvin »Mekong Delta« Jones aus Tuscaloosa,
Alabama, ungewöhnlich stark aufgeheitert. Marvin hatte im Vietnamkrieg beide
Beine und einen Teil seiner Nase verloren; er hatte seinen Rollstuhl neben dem
von Mrs. Malcolm geparkt und unterhielt sie und Mr. Malcolm mit lustigen, wenn
auch möglicherweise apokryphen Geschichten darüber, wie er als an den Rollstuhl
Gefesselter mit halber Nase versuchte, bei einer Frau zum Schuß zu kommen.
(»Die wenigsten haben Verständnis«, begann eine Geschichte; Rollstuhl-Jane
lachte sich kaputt.)
Miss Wurtz, die zu einer schicklichen Zeit nach Hause ging – und
zwar allein, wie nicht eigens betont werden muß –
löste, indem sie mit Bob mitsang, stürmischen Beifall aus. Ihre
Interpretationen von »All I Really Want to Do« und »I’ll Be Your Baby Tonight«
hinterließen bleibenden Eindruck. Flattop Tom sagte zu Jack, so jemanden gebe
es in Cleveland nicht; North Dakota Dan sagte das gleiche von Bismarck. (Wieso,
fragte sich Jack, war Edmonton so vom Glück begünstigt?)
Das Oastlersche Anwesen wurde in jener Nacht zum Motel
umfunktioniert, die Motorräder waren wie Wachen auf dem Rasen postiert. Einige
lauerten dicht beim Haus, wie Eindringlinge, die sich durchs Fenster Zutritt
verschaffen wollten.
Lucky Pierre verlor auf der Wohnzimmercouch das Bewußtsein und wurde
von so vielen Ledermonturen zugedeckt, daß am anderen Morgen kein Mensch wußte,
wo er war – bis Joe Ink sich auf ihn setzte.
Flipper Volkmann und Wolverine Wally mußten getrennt [715] werden –
erneut die alte Michigan-Geschichte. Man steckte Flipper in Jacks früherem
Zimmer ins Bett und ließ Wolverine die Nacht in der Küche verbringen, wo der
weniger gutaussehende der Brüder Fronhofer über ihn wachte – derjenige, der
nicht mit Miss Wong und dem in ihr tobenden Hurrikan nach Hause gegangen war.
Bad Bill Letters und Slick Eddie Esposito schliefen Kopf an Fuß auf
dem Eßzimmertisch, und ihr Gespräch über Night-Shift Mike, den Matrosenfreund,
war im ganzen Haus zu hören. »Man müßte seine Augen schon im Arsch haben, Bill,
um nicht zu merken, daß Night-Shift schwul ist«, sagte Slick Eddie.
»Eddie, wenn du deine Augen im Arsch hättest, wärst du der erste,
der es merkt«, antwortete Bad Bill.
»Du bist ein Arschloch, Bill«, sagte Slick Eddie.
»Klar bin ich ein Arschloch!« erwiderte Bad Bill. »Erzähl mir mal
was Neues.« Aber Slick Eddie schlief tief und fest; er schnarchte bereits.
»Träumt süß, ihr Arschlöcher!« schrie Bad Bill, als meinte er jeden einzelnen
im Haus.
»Träumt süß, ihr Arschlöcher!« riefen Badger Schultz und seine Frau
Little Chicken Wing aus dem Bügelzimmer, wo sie einen alten Quilt auf dem Boden
ausgebreitet hatten.
»Tolle Party, was?« flüsterte Jack der einen der Schwestern
Skretkowicz zu, mit der er sich Emmas Bett teilte.
»Ja, deine Mutter wäre begeistert gewesen!« sagte Ms. Skretkowicz.
Es handelte sich leider um diejenige, die mit Flattop Tom verheiratet gewesen
war. Auf ihren Hintern war ein sagenhafter Krake tätowiert; er bedeckte
komplett beide Pobacken. »Flattop Toms Werk«, gab sie ein wenig bekümmert zu.
»Womit nichts gegen den Kraken gesagt sein soll.«
Ein Stück weiter den Flur entlang lag Leslie mit der anderen
Schwester Skretkowicz
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