Bis ich dich finde
Schulzeit Kurse in
Schauspielerei, Regie und Stückeschreiben. Das Ganze wurde von einer
gemeinnützigen Stiftung finanziert. Wenn Claudia und ihr Shakespeare-Forscher
nicht gerade mit ihren Theaterproduktionen und Kursen beschäftigt waren, waren
sie Vollzeit-Spendensammler.
»Wir sind eine große Familie – vier Mädchen«, erklärte Sally.
»Irgendwann müssen wir alle aufs College. Meine Eltern leben [982] uns alles vor.
Wir lieben das Theater, wir lernen, selbständig zu sein, wir machen uns nichts
aus Geld, aber wir brauchen ständig welches. Verstehst du?«
»Wieviel willst du?« fragte Jack Claudias Tochter.
»Es würde meine Mutter umbringen, wenn sie wüßte, daß ich mit dir
geschlafen habe«, sagte sie.
»Wieviel, Sally?«
Sie packte sein Handgelenk und sah auf seine Uhr. »Scheiße! Du mußt
mich beim Georgian oder in der Nähe absetzen. Angeblich war ich bei
Probeaufnahmen, wo ich Gelegenheit hatte, dich kennenzulernen. Immer diese
blöden festen Zeiten!«
»Deine Eltern haben gewußt, daß du mich triffst?« fragte er sie.
»Ja, aber nicht, daß wir miteinander schlafen!« rief Sally lachend.
»Es sind wirklich tolle Eltern, das habe ich dir doch gesagt.«
Sie gab ihm einen Prospekt des Nuts & Bolts Playhouse, der
Bilder von Claudia, ihrem Mann und den anderen Töchtern enthielt. Er, Jack,
solle den Scheck auf die Nuts & Bolts Foundation ausstellen. Da es sich um
eine gemeinnützige Einrichtung handele, sei Jacks »Spende« steuerlich
absetzbar, wie Sally ihm erklärte.
Seit Jahren fragten die Kinder ihre Mutter, warum sie Jack Burns
nicht um einen finanziellen Beitrag zu ihrem Theaterunternehmen bitte. Er sei
ein Filmstar, und Claudia kenne ihn – er werde bestimmt etwas spenden.
»Warum hast du mich nicht einfach um eine Spende gebeten?« fragte er
Sally.
»Hättest du mir soviel gegeben?« fragte Sally. (Er hatte der Nuts
& Bolts Foundation einen Scheck über 100000 Dollar ausgestellt. Verglichen
mit dem, was das Strafgesetz Kaliforniens vorsah, war das preiswert.)
Er fuhr das Mädchen samt Claudias altem Koffer zur Ocean [983] Avenue
zurück. Zumindest im Hinblick auf den Koffer hatte er recht gehabt: Er war ein
Requisit gewesen.
Sallys Eltern waren Nachtmenschen. Nachdem sie die jüngeren Töchter
zu Bett gebracht hatten, waren sie nach unten gegangen, um in der Bar noch
etwas zu trinken. Dort würden sie auf Sallys Rückkehr von den »Probeaufnahmen«
warten. Sie waren damit einverstanden gewesen, daß sie sich mit Jack Burns
traf, allerdings nur zu dem Zweck, ihn um eine Spende für ihre Bemühungen um
Claudias erste und beständigste Liebe, das Theater, zu bitten. (Das hatte Sally
wohl gemeint, als sie davon sprach, daß sie lernten, selbständig zu sein.) Was
Claudias alten Koffer anging, so hatte Sally ihn mit Prospekten des Nuts &
Bolts Playhouse vollgestopft, bloß für den Fall, daß sie bei den angeblichen
Probeaufnahmen noch andere reiche und berühmte Filmstars treffen würde.
Sally und Jack diskutierten darüber, ob es eine gute Idee wäre, wenn
er sie in die Eingangshalle des Georgian begleitete, um ihren Vater
kennenzulernen und Claudia um der alten Zeiten willen hallo zu sagen. Sally
könnte verkünden, wie außerordentlich großzügig Jack gespendet habe. Geschenke
von 100000 Dollar seien selten; in dieser Größenordnung böten sie die
Möglichkeit, »seinen Namen zu verewigen«, wie Sally ihm sagte, etwa durch ein
Stipendium für einen jungen Schauspielschüler, Regisseur oder Stückeschreiber,
das Jacks Namen trage. Außerdem würden im Augenblick gerade Spenden für ein
neues Theater mit sechshundert Plätzen gesammelt. (Es gab offenbar reichlich
Möglichkeiten, seinen Namen zu verewigen.)
»Du kannst dich aber auch dafür entscheiden, anonym zu bleiben«,
sagte Sally.
Jack entschied sich dafür, anonym zu bleiben. Er sagte Sally, er
wolle lieber nicht in die Bar des Georgian Hotel mitkommen, um ihren Vater
kennenzulernen und die Bekanntschaft mit ihrer Mutter zu erneuern.
[984] »Ist wahrscheinlich besser so«, sagte Sally. »Ehrlich gesagt, ich
würde es hinkriegen. Ich habe das Ganze eine Ewigkeit geprobt. Aber ich glaube,
offen gesagt, nicht, daß du als Schauspieler gut genug bist, um einfach da
reinzuspazieren und so zu tun, als hättest du mich nicht nach Strich und Faden
gevögelt.«
»So gut bin ich wahrscheinlich wirklich nicht«, gab er zu.
»Jack, ich finde dich richtig süß«, sagte sie und küßte ihn auf die
Wange. »Mom und Dad werden
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