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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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sie zusammen.
    »Und weiter?«, fragte er dumpf.
    »Nichts weiter. Sie haben sich friedlich getrennt. Chudolej und Renata sind verschwunden, der Herr im Pelz stand eine Weile am Grab, verbeugte sich vor mir und Papa, und dann stellte sein Lakai einen Korb Narzissen auf das Grab. Wer kann das gewesen sein? Was bedeutet seine Geste? Warum war Chudolej so erschrocken? Und warum ausgerechnet Narzissen? Bei der Kälte erfrieren sie doch sofort.«
    »Nein. Ich weiß es nicht«, sagte Agapkin rasch und leckte sich die trockenen Lippen.
    »Fjodor Fjodorowitsch, ist Ihnen nicht gut? Sie sind ganz blass geworden.«
    »Ich glaube, ich habe erst jetzt begriffen, dass Wolodja nicht mehr lebt.«
    An seinem ausweichenden Blick erkannte Tanja, dass er log.
    Boris Melnik war aufgeregt und voll glücklicher Erwartung. Sein Zustand war vergleichbar mit dem einer Frau in den letzten Wochen der Schwangerschaft, wenn sie keine Kraft mehr hat zu warten, Angst davor hat, dass es bald, ganz bald so weit ist, und endlich ihr Kind sehen will. Doch eine Schwangerschaft dauert nur neun Monate, Melnik dagegen trug sein geliebtes Kind bereits seit vielen Jahren aus. An all die schlaflosen Nächte, Enttäuschungen und Erniedrigungen mochte er gar nicht zurückdenken.
    Nicht zum ersten Mal hatte er vor potentiellen Sponsoren sein Ass aus dem Ärmel gezogen – Fjodor Fjodorowitsch Agapkin. Natürlich hatte er niemandem dessen Telefonnummer und Adresse gegeben. Das hatte Agapkin ihm strikt verboten, und auch Melnik selbst war klar, dass man keine zufälligen, fremden Personen zu dicht an ihn heranlassen durfte.
    Erschien ein möglicher Geldgeber Melnik klüger und aussichtsreicher als andere, erwähnte er Agapkin im Gespräch beiläufig, als ein Beispiel für eine rätselhafte Langlebigkeit. Er deutete an, dessen hohes Alter hinge womöglich nicht nur mit Besonderheiten seines Organismus zusammen, sondern auch mit einer bisher unbekannten gewissen äußeren Einwirkung, wobei er immer hinzufügte, dass eigentlich nichts Besonderes daran sei, in den Bergen Abchasiens gebe es sogar Hundertfünfzigjährige. Doch Agapkin lebe immerhin in Moskau, einer verschmutzten Megapolis, und sei trotzdem so alt geworden.
    So überprüfte Melnik, ohne etwas Wichtiges preiszugeben, wie ernsthaft die Absichten des potentiellen Sponsors warenund über welche Möglichkeiten er verfügte. Würde er den Alten ausfindig machen wollen? Und können?
    Bislang hatte niemand Kontakt zu Agapkin aufgenommen. Ob aus mangelndem Interesse oder Unfähigkeit war zweitrangig.
    Melnik hatte schon einige Erfahrung im Umgang mit Geldleuten, staunte aber immer wieder. Sie ähnelten einander wie Brüder. Als wären sie eine neue Unterart der Säugetiere, deren typische Eigenschaften waren: nicht zuhören, nichts hören, nicht zurückrufen, verschwinden. Melnik versuchte seine Emotionen auszuschalten, aber das gelang nur selten. Jedes Mal wartete er, war aufgeregt und nervös.
    Überdies war Agapkin schlau und dickköpfig, es kostete große Mühe, ihm tröpfchenweise wertvolle Informationen zu entlocken. Er schwatzte über Nebensächliches. Es fehlte ihm ganz offensichtlich an menschlicher Zuwendung, er wollte seine Erinnerungen gern mitteilen, erinnerte sich aber vor allem an Unwesentliches, alltäglichen Kleinkram.
    Vieles musste Melnik selbst herausfinden und ergänzen und dann in Gesprächen mit Agapkin präzisieren, die Spreu vom Weizen trennen. Manches blieb noch immer unklar, aber das Wesentliche wusste Melnik immerhin: Das Präparat existierte. Der einzige Mensch, der wusste, wo es sich befand, war der Enkel des Professors. Außer ihm gab es keine Erben. Der Weg war frei.
    Den Namen des Enkels hatte Melnik allein herausgefunden, ohne Agapkins Hilfe, und dem Alten kein Wort davon gesagt. Später hatte er auch ermitteln können, wo der Enkel lebte. Zwar nicht die genaue Adresse, aber das Land und den Ort. Doch der Ort war so klein, dass es kein Problem sein dürfte, den Enkel dort zu finden. Nun musste er nur noch Kontakt zu ihm aufnehmen und ihn dazu bringen, dass er herausgab, wasihm, Professor Melnik, gehörte. Dafür brauchte er Geld, Geld und nochmals Geld.
    Erstens würde die Reise einiges kosten. Zweitens könnten neben den gewichtigen Argumenten wie der Pflicht gegenüber dem bedeutenden Großvater und der ganzen Menschheit noch weitere Anreize nötig sein. Drittens, wenn der Enkel einwilligte, wäre eine Menge weiterer Probleme zu lösen: Er brauchte ein modern ausgestattetes

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