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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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die Gesellschaft einer netten jungen Frau freute. Er sah ja sonst niemanden außer seiner grobschlächtigen Pflegerin. Und Sofja war beinahe hübsch. Nur kannte Melnik sie schon seit so vielen Jahren, dass ihm das nicht mehr auffiel, und auch sie selbst schien sich dessen nicht bewusst zu sein. Sie kleidete sich nachlässig und trug eine hässliche Kurzhaarfrisur.
    »Sie sollten sich die Haare wachsen lassen«, sagte Agapkin gleich bei der ersten Begegnung zu ihr, »Sie haben eine verblüffende Ähnlichkeit mit Tanja.«
    Melnik zuckte innerlich zusammen. Tanja war die Tochter von Sweschnikow. Melnik vermutete, dass Agapkin in ferner Vergangenheit unglücklich verliebt in sie gewesen war. Er befürchtete, der Alte könnte eine zu große Anhänglichkeit an Sofja entwickeln und sich nicht mit dieser einen Begegnung begnügen.
    Damit hatte er recht. Bereits nach einer Woche verlangte Agapkin, sie erneut zu sehen. Melnik erfand immer neue Ausreden, sagte, sie habe viel zu tun, sei verreist oder krank, doch der Alte blieb hartnäckig, und Melnik musste ihm seine Bitte schließlich erfüllen.
    Im Übrigen hatte das sogar sein Gutes. Sofjas Gegenwart löste Agapkin die Zunge. Er erging sich in sentimentalen Erinnerungen und verplauderte sich dabei, verriet neue, interessante Einzelheiten. Sofja fiel das natürlich nicht auf, aber Melnik registrierte alles.
    Er war ein wenig besorgt, dass Agapkin einfallen könnte, Sofja allein einzuladen, ohne ihn. Aber das war kaum möglich. Sie hatten ihre Telefonnummern nicht ausgetauscht, jedenfalls nicht in seiner Gegenwart, und er hatte die beiden nie allein gelassen.
    Nach dem dritten Besuch fand er, dass es genügte, und ging ohne Sofja zu Agapkin. Er erklärte, er habe Sofja mitbringen wollen, aber sie habe abgelehnt, sie habe gerade eine stürmische Affäre und langweile sich natürlich mit ihnen, den beiden alten Männern.
    Sofja ihrerseits erkundigte sich mehrfach beiläufig, wie es Agapkin ginge, äußerte aber nicht die Absicht, ihn allein zu besuchen.
    Der Kontakt zwischen Agapkin und Sofja war also auf ganz natürliche Weise abgebrochen, und das zur rechten Zeit, denn genau in diesem Moment tauchte Iwan Subow auf. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern hatte er den Namen Agapkin nicht überhört. Allein, dass Subow von sich aus auf Sweschnikow zu sprechen kam, sprach für sich. Endlich hatte Melnik echte Sponsoren gefunden. Subow und die Leute, die hinter ihm standen, brauchten nur einige Monate, um Agapkin nicht nur ausfindig zu machen, sondern auch bei ihm zu Hause aufzutauchen.
    Melnik wusste: Nun hatte endlich das richtige, ernste Spiel begonnen. Und da waren Außenstehende überflüssig.
Moskau 1917
    Die Arbeit war Sweschnikows Rettung. Er übernahm die hoffnungslosesten Fälle. Er rächte sich am Tod, rang mit ihm wie mit einem persönlichen Feind und besiegte ihn, wenn niemand an einen Sieg glaubte. Der Tod war ein heimtückischer und erbarmungsloser Gegner, und Sweschnikow nutzte jede Chance, ihn herauszufordern.
    Seinen eigenen Sohn hatte er ihm nicht entreißen können. Er rettete fremde Söhne, Brüder und Väter. Es kam vor, dass ein Verwundeter zum hoffnungslosen Fall erklärt wurde und die einhellige Meinung lautete: nicht operieren. Keiner wollte einen Tod auf dem OP-Tisch, das war eines der unerschütterlichen Gesetze der Chirurgie. Warum seinen guten Ruf riskieren? Dann übernahm Sweschnikow die Verantwortung und operierte. Die Pflegerinnen flüsterten, seine Hände könnten zaubern. Die Verwundeten wollten nur von ihm operiert werden. Das weckte Neid. Keiner seiner Kollegen war so erfolgreichund wurde von den Patienten so geliebt wie Doktor Sweschnikow.
    Die Anfang Februar wie eine Epidemie ausbrechende allgemeine Politisierung machte auch um das Lazarett keinen Bogen. Alle, von der Waschfrau bis zum Professor, redeten über Politik, stritten und hielten Kundgebungen ab. Die fieberhafte Erwartung grundlegender Veränderungen erfasste alle und verwandelte zuverlässige Ärzte in Schwätzer und zerstreute Dilettanten, akkurate Krankenschwestern in nutzlose Müßiggängerinnen.
    Fußböden wischen, Wäsche waschen, Instrumente sterilisieren, bettlägerigen Patienten das Bettgeschirr wechseln, Wunden versorgen, Medikamente verordnen – das alles schien unwichtig im Angesicht des nahenden Sturms.
    Professor Sweschnikow blieb ein weißer Rabe, düster und schweigsam. Dass er sich Komitees und Banketten kategorisch verweigerte, ärgerte viele.
    Das Lazarett wurde

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