Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
Vom Netzwerk:
kündigen?«, fragte Agapkin.
    »Ich weiß nicht. Ich bin ein guter Chirurg. Ich brauche die Praxis. Und auch das Gehalt.«
    »Sie könnten von Honoraren leben.«
    »Ich habe seit Semesterbeginn noch keine Kopeke für meine Vorlesungen bekommen. Sie machen immer nur Versprechungen, werden aber wohl kaum zahlen. Die Bank, in der meine Ersparnisse lagen, ist schon im März verschwunden. Ist wohl Pleite gegangen, oder die Besitzer sind ins Ausland abgehauen.«
    »Ich dachte immer, Sie wären reich«, bekannte Agapkin.
    »Reich sind Kaufleute, Beamte und Bankiers. Ich bin nur Arzt, und das war auch mein Vater. Natürlich haben wir nie Not gelitten, wir mussten uns nie Gedanken um den nächsten Tag machen. Ich habe gut verdient, aber auch viel ausgegeben. Nein. Ich kann nicht kündigen. Ich muss meine Kinder ernähren.«
    »Tanja ist verheiratet«, bemerkte Agapkin vorsichtig.
    »In ganz Russland leben die Offiziersfamilien in Armut. Kerenski zahlt zwar einigen eine geringe Unterstützung, aber nicht denen, deren Männer mit Kornilow zu tun haben. Pawel Nikolajewitsch hatte ein sehr gutes Offiziersgehalt und ein kleines Einkommen von seinem Landgut, aber das ist abgebrannt und geplündert.«
    »Hat auch er denn keinerlei Ersparnisse?«
    »Fjodor, Ihre Fragen sind taktlos und absurd.« Der Professor lächelte. »Was für Ersparnisse? In Zarenrubeln? In Kerenski-Rubeln? Im Übrigen verstehe ich von all dem nichts.«
    »Ihre Forschungen sind sehr wertvoll«, sagte Agapkin nach einer langen Pause.
    Der Professor lachte leise.
    »O ja. Früher habe ich für jede Ratte fünf Kopeken gezahlt, jetzt laufen sie kostenlos in unserem Hausflur herum.«
    »Sie haben mich falsch verstanden. Ihre Ergebnisse sind viel wert. Ich bin sicher, dass es selbst in unserer verrückten Zeit Menschen gibt, die weitsichtig genug sind, die Bedeutung Ihrer Forschungen richtig einzuschätzen, und stark genug, um Sie mit allem Notwendigen zu versorgen.«
    »Fjodor, Sie wissen doch am besten, wie weit wir noch von realen, auch nur halbwegs zuverlässigen Ergebnissen entfernt sind! Außerdem möchte ich mit weitsichtigen starken Leuten lieber nichts zu tun haben. Sie würden sich einmischen, und ich würde mich ihnen verpflichtet und nicht mehr frei fühlen. So könnte ich nur schwer oder gar nicht arbeiten. Sie würden für ihre Gunst ein Wunder erwarten, ewige Jugend, und ich bin nicht sicher, ob eine Entdeckung auf diesem Gebiet überhaupt gut wäre. Das würde sofort eine Menge Fragen aufwerfen, keine wissenschaftlichen, sondern ethische. Ich würde mir niemals das Recht anmaßen, die Antwort darauf zu geben.«
    Agapkin lief mit gesenktem Kopf, den Blick zu Boden gerichtet, doch plötzlich blieb er stehen, nahm seinen Schal ab und wickelte ihn dem Professor um den Hals.
    »Danke. Und Sie?«, fragte Sweschnikow erstaunt.
    »Ich hatte keine Angina. Ich werde den Kragen hochschlagen, es ist ja nicht mehr weit.«
    Sie bogen in die Twerskaja-Jamskaja ein. Mehrere Militärfahrzeuge rasten an ihnen vorbei, gefolgt von einem Trupp bewaffneterSoldaten. Stiefel polterten, Gewehre mit aufgepflanztem Bajonett hüpften auf den Schultern auf und ab. Als Motorenlärm und Stiefelgepolter verhallt waren, wurde dumpfes Grollen hörbar, das ganz aus der Nähe kam, vom Roten Platz her.
    »Was ist das? Ein Gewitter?«, fragte der Professor. »Ende Oktober? Da ist doch etwas im Gange, oder? Sehen Sie, Panzerwagen, sie fahren alle zum Kreml.«
    »Gehen wir schnell nach Hause«, sagte Agapkin und nahm seinen Arm, »ich weiß nicht, was da vorgeht, aber auf der Straße ist es gefährlich.«
    Weiter liefen sie schweigend. Im Hausflur war es dunkel und kalt. Der Fahrstuhl funktionierte schon lange nicht mehr.
    »Fjodor, haben Sie jemand Konkreten gemeint, als Sie von den weitsichtigen und starken Menschen sprachen?«, fragte der Professor plötzlich. »Hat sich jemand mit einem Angebot an Sie gewandt?«
    »An mich?! Nicht doch! Wenn man sich an jemanden wenden würde, dann an Sie.«
    Sie betraten die stille und dunkle Wohnung. Es war Stromsperre.
    »Ich würde gern einen heißen Tee trinken«, flüsterte der Professor, »aber alle schlafen. Ich möchte niemanden wecken.«
    »Ich mache auf dem Spirituskocher Wasser heiß«, schlug Agapkin vor.
    »Ich bin nicht sicher, ob noch Spiritus da ist.«
    »Doch. Ich habe gestern ein paar Flaschen besorgt. Gehen wir in die Küche, da ist es warm.«
    »Ich finde, es ist überall gleich kalt. Und bald ist November, dann beginnen die

Weitere Kostenlose Bücher