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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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berichteten sämtliche Zeitungen.
    Nicht nur Kornilow wartete auf einen öffentlichen Prozess. Ganz Russland wartete darauf. Aber es gab keinen. Kerenski stellte die Dritte Koalitionsregierung zusammen, erklärte Russland zur föderativen Republik und entließ Trotzki und andere Bolschewiki aus dem Gefängnis.
    Betriebe wurden bestreikt und geschlossen, die Eisenbahn stand still. Lenin verkündete, es sei an der Zeit, die Macht zu übernehmen.
    Im Oktober hatte Tanja nichts mehr anzuziehen. Auch ihre weitesten Röcke und Kleider ließen sich nicht mehr zuknöpfen, die Konfektionsgeschäfte in Moskau waren geschlossen, private Schneider gab es kaum noch, die wenigen verbliebenen verlangten unglaubliche Preise. Die Kinderfrau Awdotja holte aus ihren Truhen Kleider, die Tanjas Mutter in den letzten Monaten ihrer Schwangerschaft mit Andrej getragen hatte.
    »Hat Mama mit mir im Bauch genauso ausgesehen?«, fragte Andrej und betrachtete seine Schwester aufmerksam.
    »Nein. Anders. Sie war fünfzehn Jahre älter«, murmelte Sweschnikow mürrisch, »und überhaupt gefällt mir das nicht. Geht es wirklich nicht irgendwie anders?«
    »Papa, hör auf.« Tanja verzog das Gesicht. »Du warst doch nie abergläubisch.«
    Sweschnikow drehte sich um und antwortete nicht. Ihm ging eine beiläufige Bemerkung des Chirurgen Potapenko nicht aus dem Kopf.
    »Ich bewundere Ihre Tanja. Eine erstaunlich mutige junge Frau. Geht schwanger zur Uni, sogar zu den Stunden im anatomischen Theater, und will am letzten Tag von Pompeji ein Kind zur Welt bringen.«
Hamburg 2006
    Das Flugzeug setzte zum Landeanflug an. Subow, der bis dahin ruhig gedöst hatte, beugte sich zu Sofja und flüsterte: »Entschuldigen Sie, es ist mir sehr peinlich, aber darf ich Ihre Hand halten, bis wir gelandet sind?«
    »Bitte, wenn Sie Angst haben.« Sofja war ein wenig erstaunt, überließ ihm aber ihre Hand.
    »Ich habe eine Phobie«, erklärte er und drückte sanft ihre Hand. »Ich saß einmal in einem Flugzeug, das beinahe abgestürztwäre, und zwar bei der Landung. Die Maschine wurde von Turbulenzen geschüttelt, die Stewardessen wiesen die Fluggäste an, die Sauerstoffmasken aufzusetzen. Ich hatte wirklich das Gefühl, wir würden jeden Moment abstürzen. Ihre Hände sind ganz kalt. Frieren Sie?«
    »Nein. Ich habe nur ein bisschen Schüttelfrost. Ich war vor kurzem krank. Eine Mittelohrentzündung.«
    »Oh, ich wusste zwar, dass Sie krank waren, aber nicht, dass es so ernst war. Ich hatte als Kind zweimal Mittelohrentzündung, so mit zehn. Erst habe ich mich gefreut, dass ich nicht in die Schule musste, und dann habe ich alles auf der Welt verflucht. Das waren fürchterliche Schmerzen. Sind Ihre Ohren jetzt taub?«
    Sie flüsterten. Die Kabinenbeleuchtung war erloschen, nur die kleinen Lampen brannten. Subow drückte noch immer Sofjas Hand.
    »Ja, ein bisschen.«
    »Haben Sie keine Angst?«, fragte Subow.
    »Beim Start hatte ich Angst, mir haben sogar die Knie gezittert. Aber das war schnell vorbei, dann fand ich es interessant. Ein ganz neues Gefühl. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal geflogen bin.«
    »Ich fliege dauernd. Und jedes Mal habe ich furchtbare Angst und fühle mich entsetzlich. Mein Gleichgewichtsapparat taugt nichts. Aber was soll man machen. Wissen Sie, ich freue mich sehr, dass meine Chefs von den vielen Bewerbern gerade Sie ausgewählt haben.«
    »Danke. Übrigens wollte ich Sie schon lange fragen – wieso eigentlich?«
    »Sie sind eine begabte Biologin. Sie sind tüchtig, anständig, nicht eitel.« Subow drückte ihre Hand noch einmal leicht und ließ sie los. »Ich persönlich habe mich für Ihre Kandidatur eingesetzt.Neben allem anderen sind Sie mir menschlich äußerst sympathisch.«
    »Aber Sie haben mich doch erst einmal gesehen, damals im Restaurant.«
    »Oh, das glauben Sie.« Er lächelte und zwinkerte ihr zu. »Ich habe mich eingehend mit Ihnen beschäftigt, fast ein Jahr lang. Das ist mein Job.«
    »Schrecklich! So gründlich wurde ich überprüft? Davon habe ich überhaupt nichts gemerkt.«
    »Hinter dem Projekt steht sehr viel Geld. Meine Chefs brauchen absolut zuverlässige Experten, nicht nur erstklassige Spezialisten, sondern Leute, denen man vollkommen vertrauen kann, die sich nicht von anderen kaufen lassen.«
    Draußen strahlten Lichter. Ein endloses Lichtermeer. Das nächtliche Hamburg. Auf dem Sitz vor ihr sagte eine strenge Stimme zum wiederholten Mal: »Katja, hör auf mit der Zappelei. Warum

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