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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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dir irgendwas eingefallen?«
    »Bisher nicht«, gestand Subow.
    »Du bist schon einen ganzen Tag mit ihr zusammen. Was kannst du sagen?«
    Colt hatte Sofja nie gesehen, ebenso wenig wie ihren Vater. Sie gehörten zu jener namenlosen Menge, die er in seiner Vergangenheit als Komsomolfunktionär nur »Bevölkerung« genannt hatte. Sie sprachen russisch, waren für ihn aber fremder als Ausländer, eine Art Außerirdische. Er begriff nicht, wie man in solchen Wohnungen leben, solche Kleidung tragen, solche Lebensmittel essen konnte. Er verachtete sie nicht einmal, er bemerkte sie einfach nicht. Sie erschienen ihm als geisterhafte gesichtslose Masse, die keine Aufmerksamkeit verdiente. Menschen seiner Kreise kamen praktisch nie mit der »Bevölkerung« in Berührung. Sie hatten ihre eigenen Häuser, Geschäfte, Krankenhäuser, Züge, Abgeordnetenzimmer auf Flughäfen und Bahnhöfen, eine Sonderversorgung. Mit seinen fünfundsechzig Jahren war Colt noch nie mit der Metro oder mit einem Bus gefahren.
    Später, als die Sowjetmacht zusammengebrochen war, stiegen einzelne Vertreter der »Bevölkerung« auf und begannen einmenschliches oder fast menschliches Leben. Mit ihnen verkehrte Colt wie mit seinesgleichen. Doch diejenigen, die unten geblieben waren, ignorierte er weiterhin.
    »Und, was ist sie für ein Mensch? Genauso einer wie ihr verstorbener Vater? Oder kann man sich mit ihr einigen?« Colts Stimme klang nun ganz ruhig.
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt, Pjotr Borissowitsch. Sie wird arbeiten, da bin ich sicher. Sie ist besessen von ihrer Biologie, sie weiß viel über Sweschnikow und interessiert sich für ihn. Die Gelegenheit, das Präparat zu erforschen, wird sie nicht ausschlagen.«
    »Gut. Lass kein Auge von ihr.«
    »Haben Sie Angst, dass sie wegläuft?« Subow lachte.
    »Nein. Ich fürchte, dass wir mit unserer Suche nicht die Einzigen sind, Iwan.«
    »Unsinn, Pjotr Borissowitsch, niemand wird sie uns wegkaufen.«
    »Sie könnte getötet werden, Iwan.«
    »Nicht doch! Hier?«
    »Auf Sylt. Aber nicht gleich. Später.«
    »Von wem?«
    »Das fragst du mich? Forsche nach, überlege!«
    Subow setzte sich an einen Tisch und bestellte für sich und Sofja je ein Glas Ananassaft. Er ahnte, dass Colt ihn angerufen hatte, weil er wieder mit Agapkin gesprochen hatte. Der Alte macht ihn verrückt mit seinen Phantasien. Subow hielt diese Mutmaßungen für bloße Paranoia.
    Wäre jemand ernsthaft hinter dem Präparat her, wüsste er es, denn das beschäftigte ihn seit langem. Er hatte gründlich nachgeforscht und war sich sicher: Im Augenblick interessierte sich niemand außer Colt für Sweschnikows geheime Entdeckung. Natürlich konnte es gewiefte, hartnäckige Einzelgänger geben,aber die musste man kaum fürchten, schon gar nicht hier in Deutschland.
    Subow war überzeugt: Dmitri Lukjanow war eines natürlichen Todes gestorben. Das belegte vor allem der Obduktionsbericht, den er als gründlicher Mensch sich natürlich angesehen hatte.
    Die Einfahrt des Zuges wurde ausgerufen. Subow erschrak, weil Sofja noch immer nicht da war, da tauchte sie auf. Sie zog ihren Koffer hinter sich her und telefonierte.
    »Mama! Es ist einfach alles phantastisch, wie im Märchen! Nein, meine Nase ist nicht verstopft, mein Ohr tut nicht weh. Warte doch mal, hör mir zu! Hast du verstanden! Eine kleine Plastikdose. ›Vitacom plus‹ steht drauf. Ja, entweder im Medikamentenschrank im Bad oder im Schubfach neben der Liege. Nein, sie muss offen sein, angebrochen. Dann schau in der Küche nach, auf dem Tisch. Hast du sie? Ja, das sind sie. Wie viele sind noch drin? Hör mir zu! Oxana wird dich heute anrufen. Erinnerst du dich, so eine Große, Rothaarige. Du oder Nolik, ihr trefft euch mit ihr und gebt ihr die Dose. Sie weiß, wozu. Beruhige dich, Mama. Ja, ich werde Nolik schreiben und ihm alles ausführlich erklären. Mama, meine Karte ist gleich leer, ich muss Schluss machen. Tschüss, ich hab dich lieb!«
    Sofja steckte das Telefon in ihre Jackentasche und sah Subow an.
    »Entschuldigen Sie. Kaum hatte ich eine Drogerie gefunden, da klingelte ständig mein Telefon. Müssen wir schon los? Ist der Saft für mich?«
    »Ja. Sie können ihn mitnehmen. Geben Sie mir Ihren Koffer.«
    Sie gingen auf den Bahnsteig und stiegen in den Zug.
    »Das ist ja ein toller Zug!«, rief Sofja. »Und man darf sogar rauchen?«
    »Nicht überall. Nur in diesem Wagen.«
    »Oh! Eine Steckdose für den Computer und ein Tisch!«
    Als der Zug losfuhr, trank Sofja

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