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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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obwohl du ihm natürlich fehlst und er sich nur schwer vorstellen kann, sich von mir und Andrej zu trennen. Aber in der Tante sieht er eine Gefährtin im Unglück, er hat zu mir gesagt: Sie ist ebenso eine Waise wie ich.«
    Sogar Graf Rutter, ein harter, wortkarger Mann, äußerst sparsam mit Gefühlsäußerungen, schrieb zu Sweschnikows großer Überraschung einen Brief: Natascha sei aufgelebt und fröhlicher geworden, seit dieses Kind im Haus sei, ihre seelische Wunde verheile nun endlich.
    »Es ist, als hätte Gott ihn uns gesandt. Du, Michail, hast drei Kinder. Natascha und ich sind allein. Soviel ich weiß, ist es dir bislang nicht gelungen, die Vormundschaft zu regeln. Ich meinerseits habe bereits alle nötigen Erkundigungen eingeholt. Du weißt, ich habe weitreichende Beziehungen. Natascha und ich würden Ossja gern adoptieren. Ich glaube, auch er hat Zuneigung zu uns gefasst. Sorgen macht ihm nur eines: Wie du darauf reagieren wirst.«
    Sweschnikow antwortete, er freue sich sehr.
    »Sie haben nicht nur ein Leben gerettet, sondern gleich drei«, sagte Agapkin, als ihm der Professor die Neuigkeit mitteilte.»Sie haben ein Kind aus dem Jenseits zurückgeholt, und nun ist es ein Trost für Ihre Schwester und deren Mann. Meinen Sie nicht, dass das ein göttliches Zeichen ist? Sie müssen die Versuche einfach fortsetzen. Das ist Ihre Pflicht vor Gott und den Menschen. Ihnen ist eine große Gabe zuteil geworden, und die dürfen Sie nicht verschmähen. Es ist doch offenkundig, dass Ihr Werk Licht und Gutes bringt.«
    Sweschnikow ärgerte sich immer mehr über Agapkins pathetischen Stil, er runzelte die Stirn und bat ihn, sich einfacher auszudrücken. Was die Versuche angehe, sei in jedem Fall eine Pause nötig. Das Präparat sei genug Tieren injiziert worden, nun müsse man einfach beobachten.
    Der Ratz Grigori hatte sich endgültig aufgerappelt und konnte die Hinterpfoten wieder bewegen. Aber ein radikaler Verjüngungseffekt trat nicht mehr ein. An den kahlen Stellen wuchs kein neues Fell, seine Reflexe waren verlangsamt. Er fraß wenig, interessierte sich nicht für die Weibchen, saß die meiste Zeit in einer Ecke im Käfig und schaute gleichgültig seinen Artgenossen zu. Sie schienen ihn gar nicht zu bemerken, gingen ihm aus dem Weg, traten nicht in Kontakt mit ihm.
    Während Sweschnikow beobachtete, wie die Ratten im Käfig Grigori mieden, überlegte er, dass ein Tier, das ein zweites oder gar drittes Leben lebte, von seinen Artgenossen wohl als Gespenst betrachtet wurde.
    Einsamkeit, das ist der Preis. Ratten sind sehr kluge und sensible Geschöpfe. In Grigoris bloßer Anwesenheit spüren sie den kalten Hauch des Jenseits.
    Eines Abends erschien ein Kriminalpolizist. Er entschuldigte sich respektvoll, setzte sich im Wohnzimmer auf eine Stuhlkante, legte eine dünne Mappe vor sich auf den Tisch und fragte: »Wann haben Sie Herrn Gribko zum letzten Mal gesehen?«
    »Wie sagten Sie? Gribko?«, erkundigte sich der Professor verwundert. »Ich habe nicht die Ehre, jemanden dieses Namens zu kennen.«
    »Ach ja, natürlich, ich bitte um Verzeihung. Ihnen ist dieser Herr vermutlich nur unter seinem Pseudonym bekannt. Vivarium.«
    »Der Boulevardreporter? Das letzte Mal habe ich ihn vor rund einem Monat gesehen. Was ist denn passiert?«
    »Vor drei Tagen wurde er in Polikarpows Appartements in der Presnja ermordet aufgefunden.
    »Das ist nicht weiter erstaunlich.« Wolodja, der in einem Sessel dabeisaß, lachte nervös. »Dort ist ein Wirtshaus, ein Freudenhaus, ein schmutziger, gefährlicher Ort. Da werden dauernd Leute abgestochen.«
    »Woher wissen Sie, dass Gribko erstochen wurde?«, fragte der Polizist rasch und sah Wolodja an.
    »Er wurde also erstochen?« Wolodja hob erstaunt die Brauen. »Nein, ich weiß überhaupt nichts. Ich kenne diesen Herrn gar nicht.«
    »Ach nein? Zeugen behaupten aber, Sie hätten eine heftige Auseinandersetzung mit ihm gehabt. An dem Vorfall soll auch ein gewisser Doktor Fjodor Fjodorowitsch Agapkin beteiligt gewesen sein.«
    »Sehen Sie«, mischte sich der Professor ein, »Herr Gribko hat sich recht unhöflich aufgeführt, er hat versucht, ohne Erlaubnis in diese Wohnung einzudringen, und mein Sohn und mein Assistent haben ihn gebeten, zu gehen. Das war Mitte Mai.«
    »Zeugen behaupten, Herr Gribko sei die Treppe hinuntergeworfen worden. Doktor Agapkin habe ihm einen Schlag gegen den Kiefer versetzt und offen gedroht, ihn zu töten.«
    Das Gespräch nahm eine immer unangenehmere Wendung.

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