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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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stellte Anselm leise fest und sah Boesherz dabei bittend an, während ein Schweißtropfen seine Oberlippe benetzte.
    » Ich weiß«, antwortete der Kommissar.
    » Die Waffe runter!«, wiederholte Dennis. » Und weg von dem Bett!«
    Anselm sah verzweifelt zu seinem Vater, hielt die Pistole dabei aber weiterhin auf Boesherz gerichtet.
    » Es fühlt sich gut an«, sagte Drexler zu seinem alten Herrn. » Tot zu sein ist ein schönes Gefühl, voll Frieden und Geborgenheit. Am Beginn eines Wandels tut es immer weh, aber wenn das Übel erst mal ausgemerzt ist, stehen die Tore offen für Harmonie und Einigkeit.«
    Dann erst richtete er seine Waffe weg von Severin und hin auf den Kopf seines Vaters. Boesherz stürzte daraufhin los, aber nicht zu Anselm, sondern zu Dennis, der nur einen Meter hinter ihm im Türrahmen stand. Blitzschnell warf er sich auf seinen Kollegen, woraufhin beide Kommissare zu Boden stürzten. Ein Schuss löste sich noch aus Dennis’ Pistole, der aber nur in die Zimmerdecke einschlug, bevor die Waffe des jungen Beamten unter das Bett schlitterte. Anselm nutzte die Gelegenheit, um zwei Schüsse in die Richtung der Polizisten abzufeuern, die aber in sicherer Entfernung über ihnen in die Wand einschlugen. Dann sah Drexler noch ein Mal seinen Vater an und zog ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, die Korkscheibe aus dem Mund, woraufhin dessen Kiefer zusammenklappten und die Glaskapsel zerbrachen. Dann wandte sich Anselm von seinem Vater ab, feuerte noch einmal in die Wand, um die Kommissare davon abzuhalten, sich wieder aufzurichten, und lief dann, so schnell er konnte, aus dem Raum.
    » Der Mann liegt im Wachkoma, er kann nicht schlucken! Versuch ihm das Gift aus dem Mund zu wischen, bevor seine Schleimhäute es absorbieren, schnell!«, wies Boesherz Dennis an, während aus dem Erdgeschoss seelenruhig das Lied Lang ist’s her erklang. Dann richtete Severin sich auf, griff seine Pistole vom Nachttisch und nahm Drexlers Verfolgung auf. Er konnte sich gut vorstellen, wo Anselm hingelaufen war.
    » Ihr Vater war nicht die Eins und ich schon gar nicht«, erläuterte Boesherz gelassen, nachdem er Anselm erwartungsgemäß vor dem Grab im Garten angetroffen hatte.
    Drexler stand, Boesherz den Rücken zukehrend und in ausreichender Entfernung, direkt vor der Grube. Er hielt die Pistole seines Großvaters in der rechten Hand. Der Lauf war auf den Boden gerichtet.
    » Sie selbst sind die Eins!«, stellte Boesherz fest. » Sie wollten, dass ich Sie in Notwehr erschieße, damit Sie den Märtyrertod sterben können, der Ihrem Großvater nicht vergönnt war. Deswegen sollte ich auch allein zu Ihnen kommen. Weil Sie mich achten.«
    Tränen schossen in Anselms Augen, während er Boesherz mit brüchiger Stimme und beinahe freundschaftlich entgegnete: » Wer möchte schon von einem Unwürdigen gerichtet werden?«
    Boesherz streckte seine Hand aus, obwohl Anselm es nicht sehen konnte. » Geben Sie mir die Pistole.«
    Drexlers Tränen liefen ihm die Wangen hinunter, einige tropften dabei auf die Orden seiner Vorfahren.
    » Das Buch«, setzte er an, ohne auf die Bitte des Kommissars zu reagieren. » Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie es in der Asservatenkammer verschwinden lassen. Das Werk ist mein Vermächtnis an die Menschheit– und es wird an die Öffentlichkeit kommen! Dafür habe ich gesorgt.«
    » Solange Sie noch jemanden lieben, sollten Sie nicht aufgeben«, versuchte Boesherz sein Gegenüber von dessen offenkundigem Plan abzubringen, sich zu erschießen und danach symbolträchtig in seinen Sarg in der Grube zu stürzen.
    » Liebe ist ein egoistischer Trieb«, erwiderte Anselm. » Der Einzelne nimmt sich viel zu wichtig. Wir sind doch alle nur ein winziges Teilchen eines großen Ganzen. Und dafür bin ich gern bereit, alles andere aufzugeben. Auch meine egoistische kleine Liebe.«
    Jetzt drehte sich Anselm mit unheilschwangerer Ruhe zu Boesherz um. Die Entschlossenheit, die der Kommissar trotz der schwachen Lichtverhältnisse in dessen Gesicht erkennen konnte, schien unerschütterlich zu sein. Boesherz konnte nun auch sehen, dass Drexler sich selbst die Medaille mit der Eins um den Hals gehängt hatte. Sie schien auf makabre Weise die Orden von Anselms Vorvätern zu ergänzen.
    » Hören Sie auf!«, durchbrach jetzt eine atemlose Stimme die bedrohliche Atmosphäre.
    » Frau Dr. Bartholy?«, wunderte sich Anselm über Lindas unerwartetes Auftauchen.
    » Haben Sie denn alles vergessen, worüber wir gesprochen haben?«,

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