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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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erschweren. Um seinen Stromschlag effektiv am Hals ansetzen zu können, würde Anselm wenigstens den Kragen vom Daunenmantel seines Opfers umgehen müssen, und selbst dann würde dessen Schal die Impulswirkung noch abschwächen. Sie sollte aber in jedem Fall genügen, um den Angegriffenen einige Sekunden lang außer Gefecht zu setzen. Diese Zeit würde ausreichen, um einen zweiten, wirkungsvolleren Schlag auszuführen.
    Noch vier Schritte.
    Jurek stand mittlerweile nicht mehr auf der Fahrbahn, sondern auf dem Bürgersteig an seiner Beifahrertür. So konnte sich Anselm seinem Opfer leichter nähern, als wenn er dafür auf die Fahrbahn hätte gehen müssen. Jurek in den Kofferraum zu wuchten würde etwa zehn bis zwanzig Sekunden in Anspruch nehmen, da Anselm dafür zunächst den Wagenschlüssel an sich bringen musste, um die Heckklappe zu öffnen. Drexler wollte gerade den Elektroschocker hervorziehen, als ihn ein unerwartetes Geräusch zusammenzucken ließ.
    Nicht jetzt!
    Das unerwartete Klingeln eines Handys hatte Anselm unmittelbar vor seinem Ziel aus der Bahn geworfen.
    Er hasste klingelnde Handys, ganz gleich, an welchem Ort und in welcher Situation. Ein Telefonat war in seinen Augen etwas Privates, das es Unbeteiligten nicht aufzuzwingen galt. Anselms Handy war stets auf Vibrationsalarm gestellt, und zum Telefonieren zog er sich entweder diskret in einen abgetrennten Raum zurück oder nahm, wenn ihm dies nicht möglich war, einen Anruf erst gar nicht entgegen. Menschen, die an allen möglichen Orten und zu allen möglichen Zeiten ihre mit lautem Klingeln eingehenden Anrufe entgegennahmen und sie in aller Gemütsruhe führten, als seien sie allein im Raum, hasste er beinahe noch mehr als falsch gesetzte Apostrophe oder den Umstand, dass es fast keinen Menschen mehr zu geben schien, der noch des Genitivs mächtig war.
    Jurek setzte indessen seinen Aktenkoffer auf dem Bürgersteig ab, zog seinen rechten Handschuh aus und griff in die Innentasche seines Mantels.
    Ich muss einfach nur weitergehen.
    Ohne sich seine Verunsicherung darüber anmerken zu lassen, dass er von seinem ursprünglich gefassten Plan abweichen musste, ging Anselm ruhigen Schrittes an seinem Opfer vorbei, das ahnungslos sein Gespräch entgegennahm. Anselm bewegte sich noch weitere zwanzig Schritte von Jurek weg, um dann wie zufällig stehen zu bleiben und einen bedeutungslosen Blick auf seine Armbanduhr zu werfen. Daraufhin tat er so, als habe er etwas vergessen, und kehrte wieder in Richtung seines Opfers um.
    Achtzehn Schritte.
    Kai Jurek hatte sein Handy derweil wieder eingesteckt und würde sich, so hoffte Anselm, jetzt auf den Weg zum Hauseingang machen. Die Planänderung war dem Anschein nach in einem Rahmen verlaufen, den Anselm gerade noch tolerieren konnte. Oder etwa doch nicht?
    Was ist denn jetzt schon wieder?
    Drexler musste zu seinem Entsetzen feststellen, dass Jurek jetzt nicht wie erwartet auf ihn zukam, sondern sich stattdessen in die entgegengesetzte Richtung umwandte. Er ging jetzt in die Richtung des Parks, der dem Wohnhaus schräg gegenüberlag. Anselm, dem dieses Verhalten Jureks während seiner Beobachtungsphase nicht ein einziges Mal untergekommen war,folgte diesem wie paralysiert in sicherem Abstand.Ohne dass ein Grund dafür ersichtlich war, bewegte sich sein Opfer zielstrebig auf den Park zu, der den Anwohnern in den wärmeren Monaten eine Vielzahl von Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten bot. Jetzt, mitten im Winter, waren dort aber nicht einmal Liebespärchen anzutreffen. Sicher, der Park konnte Anselm eine gewisse Abgeschiedenheit bieten, andererseits waren seine Pläne aber ganz und gar nicht darauf ausgelegt, durch Improvisationen auf den Kopf gestellt zu werden. Zudem missfiel ihm auch die Dunkelheit, die seine Gedanken mit jedem Schritt, den er tiefer in den Park hineinging, stärker lähmte. Bedacht darauf, nur nicht die Nerven zu verlieren, sah Anselm sich noch einmal um. Während er seinen Elektroschocker weiter mit der linken Hand umklammert hielt, überprüfte er mit der rechten zum einundfünfzigsten Mal den Inhalt der anderen Taschen.
    Es geht nicht, du kannst nicht einfach vom Plan abweichen. Aber andererseits, was sonst?
    Noch einmal dachte Anselm an das Geschenk, das er seinem Vater machen wollte.
    Also gut, entschied er dann schweren Herzens . Dann eben hier.

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    » Die Titten sind ganz okay, aber der Arsch geht gar nicht«, resümierte Veit Venske und warf das Foto der jungen Frau verächtlich auf den

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