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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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Straßenlaterne parken musste, doch wenigstens auf den schwachen Schein des Lichts wollte er nicht verzichten.
    Wie gefällt es dir, tot zu sein?
    Das Einzige, was Drexler der Kälte entgegensetzen konnte, war seine winterfeste Kleidung, die aber wiederum seine Bewegungsfreiheit einschränkte. Er wippte zweimal kurz mit dem Oberkörper nach vorn, bevor er seinen Feldstecher vom Beifahrersitz griff, mit dessen Hilfe er die Kennzeichen der herannahenden Autos kontrollieren konnte. Wenn gerade kein Auto in die Straße einbog, beobachtete er darüber hinaus mit wachsendem Unbehagen die Anwohner, die nach und nach von ihrer Arbeit nach Hause kamen.
    Braune Schuhe am Abend. Wie läuft der denn rum? … Was hat der denn da im Gesicht? Das ist weder ein Bart noch glatt rasiert. … Lauf doch bitte in der Mitte des Bürgersteigs, nicht am Rand!
    Drexler überprüfte gerade ein weiteres Mal, ob sein Elektroschockgerät noch in der linken äußeren Manteltasche steckte, als sein Blick auf einen großen, beleibten Mann fiel, der sich mit ruhigen Schritten durch das immer stärker werdende Schneegestöber kämpfte.
    » Darüber würden Sie doch höchstens lachen, oder?«, sagte er und stellte sich dabei vor, wie der Stromschlag seine Wirkung bei dem Koloss verfehlen würde.
    Als Anselm gerade in seinem Rückspiegel eine junge Frau ausmachte, die in geduckter Haltung ging und dabei ihre Hände in den Taschen verbarg, blendeten ihn von vorn plötzlich die Scheinwerfer eines Autos. Sein Puls beschleunigte sich rasant, als er erkannte, dass der Wagen dem Mann gehören konnte, auf den er seit fast einer halben Stunde wartete. Bestimmt zum fünfzigsten Mal tastete er seine Taschen darauf ab, ob Handschellen, Messer, Elektroschocker und seine Notfallabsicherung noch immer einsatzbereit an ihren Plätzen waren. Dann überprüfte er ein weiteres Mal, ob seine Polaroidkamera noch betriebsbereit auf dem Beifahrersitz lag. Nachdem alles genau so war, wie er es präpariert hatte, atmete Anselm tief aus und sah erneut durch den Feldstecher. Dabei ging er in Gedanken sein Beobachtungsprotokoll noch einmal durch.
    Nummer zwei: Kai Jurek. Busfahrer, Dienstbeginn acht Uhr morgens, Feierabend siebzehn Uhr. Geht dienstags, mittwochs und freitags nach der Arbeit zum Sport, bleibt dort circa eine Stunde. Empfängt keine Besucher in seiner Wohnung, verlässt die Wohnung abends nicht mehr. Körperliche Gefahr: kräftig, muss kampflos niedergestreckt werden. Besondere Vorkommnisse während der Beobachtungsphase: keine. Zugriff: wie geplant möglich.
    Jetzt konnte Anselm mit Sicherheit erkennen, dass es tatsächlich Kai Jurek war, der soeben nach Hause gekommen war. Adrenalin schoss durch seinen Körper, Schweiß trat auf seine Stirn, und sein Puls beschleunigte sich, während er sich selbst Mut zuredete.
    » Bring es hinter dich. Auf das Blut folgt das Gold.«
    Drexler passte exakt die richtige Sekunde ab und öffnete dann die Tür seines Wagens in dem Moment, in dem Kai Jurek aus seinem Auto ausstieg. Denn in dem Augenblick, in dem ein Mensch aus seinem Auto ausstieg, war er nach Anselms Überzeugung beinahe unfähig dazu, das Geschehen um sich herum wahrzunehmen. Tatsächlich nahm Jurek keine Notiz von seinem Beobachter, der sich jetzt langsam und mit rhythmischen Schritten auf ihn zubewegte. Die minus acht Grad brannten unangenehm auf seinem Gesicht, doch Anselms immer weiter steigender Adrenalinspiegel ließ ihn vorübergehend jeglichen Gedanken an die Kälte verdrängen. Unter anderen Umständen wäre Drexler selbst in dieser Situation noch darauf bedacht gewesen, nicht auf die Linien zwischen den Pflastersteinen zu treten, doch der Bürgersteig war vollständig mit Schnee bedeckt.
    Noch zehn, vielleicht zwölf Schritte, schätzte Anselm die verbleibende Entfernung zu seinem Opfer ein.
    Jurek hielt unterdessen noch immer seinen Autoschlüssel in der Hand, sein Fahrzeug hatte er noch nicht verriegelt. Die junge Frau und der kräftige Mann hatten sich zwischenzeitlich weit genug vom Geschehen entfernt, und auch sonst befürchtete Anselm nicht, dass sein Zugriff von einem Außenstehenden gestört werden würde.
    Ein Mann stürzt bei Glätte zu Boden, ein anderer hilft ihm auf. Wen wird das schon misstrauisch machen? Noch acht Schritte.
    Seine Handschuhe hatte Anselm bereits im Wagen ausgezogen. Mit starren Fingern hielt er jetzt das Elektroschockgerät in seiner linken äußeren Manteltasche umklammert. Kai Jureks dicke Kleidung würde den Überfall

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