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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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selbst lachen.
    »Ich bin nur überrascht, weil ich nicht gedacht hätte, dass du zur Katzenfraktion gehörst.«
    »Katzenfraktion? Was soll das denn sein?«, fragt sie neugierig.
    »Na ja … es gibt die Leute, die auf Katzen stehen …« Er sieht sie mit hochgezogenen Brauen an und sie schüttelt heftig den Kopf. »Und solche, wie du und ich. Leute, die auf Hunde stehen.«
    »Okay, ich hab’s kapiert.« Sie nickt. »Du meinst, so wie es die Schokoladen- und die Vanilleeisfraktion gibt … und na türlich auch eine kleine Splittergruppe, die auf Wassereis abfährt.« Sie mustert ihn eingehend. »Kaffee, stimmt’s?«
    »Stimmt genau.« Guy verschränkt die Arme hinterm Kopf. »Aber das war ja auch echt nicht schwer zu erraten.«
    »Was?! Woher hätte ich das denn wissen sollen?«
    »Hallo? Immerhin wollte ich dich neulich auf einen Cappuccino einladen …«
    »Also gut.« Willow verdreht die Augen. »Aber wenn du die Welt schon in Fraktionen einteilst, kannst du dir dann nicht ein paar interessantere Kategorien einfallen lassen?«
    » Odyssee oder Ilias ?«, fragt er wie aus der Pistole geschossen.
    »Das ist ja wohl keine Frage! Die Ilias natürlich!«
    »Wow!« Er nickt anerkennend.
    »Wie du schon gesagt hast – ich hab es praktisch mit der Muttermilch aufgesogen, aber was hast du für eine Entschuldigung?«
    »Du hast da ein Blatt in den Haaren«, murmelt Guy und schnippt es sanft weg. Einen Moment lang schweigen sie.
    »Na los.« Sie zupft ihn am Ärmel. »Sag schon.«
    »Okay.« Er setzt sich auf und streckt die Beine aus. »Meine Eltern sind keine Profs. Mein Vater ist Banker und wir sind ziemlich viel in der Weltgeschichte herumgereist, als ich klein war. An ein paar echt abgelegene Ort, meine ich.« Er zögert.
    Willow nickt. »Red weiter«, bittet sie ihn. Weil ihr die Arme eingeschlafen sind, sucht sie sich eine bequemere Position und legt sich schließlich so hin, dass ihr Kopf auf seinem Sweatshirt liegt und sie ihn von der Seite anschauen kann.
    »Zwei Dinge sind passiert«, fährt Guy fort. »Erstens gab’s nie gutes Fernsehen, aber dafür Bücher so viele ich wollte, und zweitens haben meine Eltern mich noch zusätzlich zu Hause unterrichten lassen. Mein Hauslehrer war ein echtes Urgestein, so ein Typ mit Weste und einer Taschenuhr, die an einer goldenen Kette hing. Er war Engländer und schätzungsweise hundertfünfzig Jahre alt. Er hat in Oxford und Cambridge studiert …«
    »An zwei Eliteuniversitäten gleichzeitig. Das glaub ich nicht!« Willow lacht.
    »Doch, glaub mir. Okay, vielleicht hat er auch an der einen studiert und an der anderen unterrichtet. Jedenfalls hat er mich in die Welt der Bücher eingeführt.«
    Willow ist fasziniert. »Was hast du alles gelesen?«
    »Alles Mögliche. Wenn er mir Science-Fiction gegeben hat, hab ich das gelesen, wenn er mir Milton gegeben hat, eben den.«
    »Science-Fiction?« Sie verzieht das Gesicht.
    »Was ist so schlimm daran?«
    »So ziemlich alles. Und warum Milton? Warum nicht Shakespeare?«
    »Den hab ich auch gelesen. Hey, das ist mal eine gute Kategorie«, sagt er nachdenklich. »Milton versus Shake speare.«
    »Wobei die, die mehr auf Milton als auf Shakespeare stehen, total verrückt sind!«
    »Stimmt – meinem Hauslehrer gefiel Milton besser.«
    »Klar, er hat dich ja auch Science-Fiction lesen lassen! Was magst du von Shakespeare am liebsten?« Sie fragt sich, ob es auch ihr Lieblingsstück ist.
    »Hmmm. Wahrscheinlich Macbeth .«
    »Ach komm! Das sagst du doch nur, weil du ein Typ bist!«
    »Jetzt erzähl mir bloß nicht, dass dir Macbeth nicht gefällt?« Guy sieht sie an, als zweifle er an ihrem Verstand.
    »Doch, klar, aber es kommt auf keinen Fall an Der Sturm heran. Wer braucht schon irgendein zugiges altes Schloss in Schottland, wenn er auf einer verzauberten Insel stranden kann?«
    »Hab ich nie gelesen.«
    »Aber es ist das Beste! Die Liebesgeschichte zwischen Ferdinand und Miranda ist großartig! Tausendmal romantischer als Romeo und Julia …« Willow hält abrupt inne und errötet ein bisschen.
    »Ich tippe mal darauf, dass diese verzauberte Insel einer dieser nur in der Vorstellung existierenden Orte ist, auf die du so stehst?«
    »Stimmt.« Sie nickt. »Aber erzähl du doch mal. Was waren das denn bei dir für Orte? Wo hast du gelebt, als du diese ganzen Sachen gelesen hast?«
    »Fernost. Singapur. Kuala Lumpur.«
    »Sprichst du …« Sie sucht nach der richtigen Bezeichnung. »Kuala Lumpurisch?«
    »Malaiisch.« Guy lacht.

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