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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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Hätten wir nicht schon nach unserem eigenen Auftritt unsere Garderobe auseinandergenommen, um unsererseits gegen die Eintrittspreise und die schlechte Organisation zu demonstrieren -es wäre ein richtig fader Abend geworden.

    Nach erfolgter Freigabe...
    Wann immer uns ein Veranstalter linkte, hielten wir uns auf diese Weise an seinem Besitzstand schadlos. Das Protokoll für solche Zerstörungsaktionen sah vor, daß wir die rituelle Eröffnung durch Jäckie Eldorado, den kompromißlosen Tourmanager jener Tage, unbedingt abwarteten.
    Sobald Jäckie »Meine Herren, die Garderobe ist freigegeben!« rief, legten wir los. Dann aber gab es kein Halten mehr...
    Ernsthafter machten uns dagegen manchmal die gewalttätigen Leute in den vordersten Reihen zu schaffen. Skins, Rok-ker, Idioten. Unsere Abmachung für solche Fälle war, daß wir im Notfall von der Bühne runter und auf diese Arschgeigen drauf sprangen, und zwar alle fünf. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber du hast eine dermaßen überwältigende Autorität, wenn du zu fünft von der Bühne steigst und ohne zu zögern loskeilst, daß du es locker mit Grüppchen von bis zu zwanzig, dreißig Leuten aufnehmen kannst. Unsere Erfolge waren der beste Beweis für die Methode, Frieden durch Fressepolieren zu stiften, wenn es nicht mehr anders ging. Es gibt keinen Gandhi-Pokal dafür und keinen Schönheitspreis, aber es war eine sehr effektive Lösung.
    Wir haben nie zugesehen, wenn fünfMetervoruns ein Haufen Idioten ein paar Kids mit Stiefeln bearbeiteten. Und wir haben es nie zugelassen, wenn uns irgendwer als Zielscheibe für Wurfgeschosse und andere Attacken nahm. Einmal nahm Campi einen harmlosen Witzbold auseinander, der sich auf seine Frage gemeldet hatte, wer diese Flasche auf die Bühne geworfen hätte. Der Junge war wohl unschuldig, mußte aber dafür bezahlen, daß man in diesen heißen Tagen keinen besonders feinen Sinn für solche Scherze entwickeln konnte. Auch Breiti, Andi und Trini, die einer Keilerei nach Möglichkeit immer aus dem Weg gingen, standen Schulter an Schulter mit uns, wenn es darauf ankam. Wir fingen uns Beulen und Platzwunden ein und ausgerupfte Haarbüschel und eingerissene Ohrläppchen, aber am Ende gewannen wir eigendich immer.
    Fast immer. In Zürich gab es mal einen nächtlichen Zusammenstoß mit etwa fünfundzwanzig Typen, die vor einer Hooligan-Kneipe standen, als wir nach einer Fernsehaufzeichnung durch die Stadt schlenderten. Es begann damit, daß mich einer von denen angriff, und als der am Boden lag, kam der Rest hinter uns her. Das böse Spiel hieß »Fünf gegen fünfundzwanzig«, am Ende wurden wir mit Leuchtmunition beschossen und mußten zwei von uns, Wölli und Andi, mit Platzwunden am Kopf in die Ambulanz bringen. Es muß komisch ausgesehen haben, wie wir am nächsten Tag mit blutverkrusteten Haaren am Düsseldorfer Flughafen ankamen. Das war ein technisches Unentschieden mit angeschlossenem Rückzug, aber keine Skin-Attacke. Der große Showdown mit den Glatzköpfen fand bald nach unserer Einlage im »Pi« bei einem Gig in Grenzach statt, als etwa dreißig bis vierzig Skins vor dem »Haus der Begegnung« auf uns und unsere Fans warteten. Das wurde ihr Fiasko.
    Wir hatten gerade begonnen, keine Skins mehr auf unseren Konzerten zu akzeptieren, weil es mit denen tatsächlich ständig Ärger gab. Manchmal reichten schon fünf von denen aus, einen ganzen Abend zu versauen. Jetzt wollten sich die Ausgesperrten an uns rächen, wie einer von draußen uns rechtzeitig mitteilte. Wir machten eine entsprechende Ansage und forderten alle auf, sich mit irgendwas zu bewaffnen und selbst anzugreifen. Als die Glatzköpfe plötzlich die drei-bis vierfache Menge Punks, mit Stativteilen und anderem Gerät, aus dem Saal direkt auf sie zustürmen sahen, nahmen sie in Panik reißaus. Die stolzen Deutschen kniffen, zurück blieb nur ein menschenleeres »Haus der Begegnung«.
    Ganz schön schlimm manchmal, diese Zeiten, aber auch hier gilt die alte Sportschau-Weisheit: Der Zusammenschnitt täuscht. Es gab eine Menge Ärger, aber es gab auch ganz normale Konzerte, wo nachher alles froh und friedlich auseinanderlief. Diese Abende, die für uns genauso wichtig waren, lassen sich in einem Rock’n’Roll-Buch vielleicht nicht so toll erzählen. Wer will schon hören, daß im »Laß das« in Hagen oder im »Flash« in Kaiserslautern Superstimmung und ansonsten alles in Ordnung war? Oder daß wir nach dem Gig im »Spektrum« in Castrop-Rauxel noch

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