Bis zum bitteren Ende
dunklen Makel auf ihrer Seele gegenüber.
Ihr Schädel war kahl - dunkelbraune glattrasierte Haut. Ihr Kopf war zierlich. Er wirkte zerbrechlich und war ebenso ohne Narben wie ihr Gesicht. Sie hatte große Augen von der Farbe alten Leders, vom Zahn der Zeit verblichen, aber widerstandsfähig und slark. Ihre Nase war schmal, der Mund voll.
Unter dem Hals war ihre braune Haut ein Gemälde aus Narben. Tiefe Runen, als bluteten eingestanzte Tätowierungen die Farbe aus. Es waren die Runen ritueller Blutmagie, Runen der blutmagischen Gestalt, lind sie bedeckten Arme und Schultern, Brüste und Bauch, Rücken und Gesäß, Oberschenkel und Beine. Solch eine Verstümmelung war gräßlich und unnatürlich.
Für einen winzigen Augenblick sah Lucero an den Narben vorbei auf die Frau, die sie einmal gewesen war, bevor Oscuro sie pervertiert, bevor er ihre Sucht nach Lebensenergie in metamenschlichem Blut geweckt hatte. Sie konnte die strahlenden intelligenten Augen sehen, die glatte junge Haut, die sich straff über ihren Bauch spannte. Makellos und geschmeidig. Sie versuchte sich zu erinnern, was es für ein Gefühl war, die zarte Berührung eines intimen Freundes zu spüren. Begehrt zu werden.
Ein leises Klopfen an der Tür riß sie aus ihren Grübeleien. Er wird mich wieder mitnehmen auf die Metaebenen, dachte sie, als sie in das graue Gewand schlüpfte. Er wird mich mitnehmen zu dem dunklen Kreis, zu jenem Ort, an dem einst strahlendes Licht und wunderschöne Musik herrschten.
Lucero liebte das Lied und das Licht. Sie wußte, es war ihre einzige Chance auf Erlösung. Señor Oscuro hatte einen scharfen Keil seiner eigenen Dunkelheit in die Schönheit getrieben, und sie wußte, daß er vorhatte, das Licht völlig zu zerstören. Außerdem wußte sie, daß er dafür aus irgendeinem Grund ihre Hilfe benötigte.
Diesmal werde ich ihn daran hindern, schwor sie.
Sie öffnete die Tür und folgte den drei Akoluthen die Treppe hinunter und hinaus in die drückende Hitze. Sie führten sie über das Gras, das sich unter ihren nackten Füßen verdorrt und brüchig anfühlte, dann die erst kürzlich errichtete Holzrampe hinunter auf den trockenen Grund des Sees und weiter zu der kleinen Versammlung rings um den Locus.
Die Kraft, die der glatte schwarze Quader ausstrahlte, durchdrang sie und zog sie an. Er war wie eine dunkle Manasonne, ein magischer Fokus von derart beispielloser Kraft, daß ihr die Sinne schwanden. Die Luft schien schwerer zu werden, als sie sich dem Stein näherte, so daß es immer mühsamer wurde weiterzugehen, obwohl der hypnotische Bann des Steins sie nichts mehr verlangen ließ, als ihn zu berühren.
In dem Augenblick, als sie glaubte, keinen Schritt weitergehen zu können, trat Señor Oscuro aus der Menge und lächelte Lucero mit seinem hübschen, bärtigen Gesicht an. Seine Miene drückte Wärme aus und beruhigte sie. Das Lächeln entblößte seine Zähne, die absolut gerade und makellos weiß waren, fast glänzend.
Oscuro trug das braune Gewand der alten Aztekenmagier, das mit Profilen der alten Götter bestickt war. Um den Hals hing ein ritueller Kragen aus Gold und Drachenfedern. Die Federn waren dunkelblau und rot, leuchtend grün und gelb. Sie waren emailliert und am Rand vergoldet.
Oscuros Haut leuchtete vor Leben, strahlte Hoffnung auf sie ab, gab ihr die Kraft fortzufahren. Doch seine Augen waren dunkel umrandete Löcher der Schwärze, und unter ihrem falschen Funkeln schnitten sie Lucero auf wie chirurgische Laser. Sie verrieten sein wahres Wesen.
Oscuro griff mit einer blassen Hand nach ihr, auf deren Rücken Hunderte schwarzer Haare sprossen. »Mein Kind«, sagte er. »Wir sind dem Sieg nahe.« Er bedachte sie mit einem verschwörerischen Lächeln. »Die Brücke wird bald uns gehören.«
Sie legte ihre warme Hand in seine, die so kalt wie ein nasser Fisch war, und gestattete ihm, sie in die Menge zu führen. Sie passierten medizinische Techniker und Mitglieder der Jaguargarde mit automatischen Waffen, während Oscuro sie zu der kurzen Holztreppe lenkte, die auf den eigentlichen Stein führte. Die Kraft des Locus verdickte die Luft ringsumher, bis sie ihr beinahe fest vorkam.
Dann traten sie durch die Reihen der Wachen, und Lucero sah den Quader aus der Nähe. Der teilweise freigelegte Stein war facettiert. Jede Facette war wie eine Scheibe aus schwarzem Glas und durchmaß fünfzehn Meter. Die Oberfläche war unnatürlich glatt, makellos und perfekt, als sei sie poliert worden. Die Fäden aus
Weitere Kostenlose Bücher