Bis zum bitteren Tod (German Edition)
lächelte. »Schießen Sie nicht daneben«, flüsterte er launig.
»Ich schieße nie daneben«, erwiderte der Hamas-General ernst.
9.00 Uhr, Mittwoch, 18. Juli
Polizeihauptquartier, Dublin
Detective Superintendent Ray McDwyer beschäftigte sich mit den von den Bus- und Eisenbahngesellschaften zusammengetragenen Indizien. Trotz Ravis Vorsichtsmaßnahmen, der häufigen Wechsel der Busse und Bahnabteile, konnte die irische Polizei seine Route mittlerweile bis nach Dublin verfolgen. McDwyer war daher ins dortige Polizeihauptquartier umgezogen, weil sich der Killer, davon war er überzeugt, in Dublin aufhielt.
Bislang gab es nur zwei Personen, die dem Mörder von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hatten. Es gab welche, die behaupteten, ihn gesehen zu haben, daneben Bus- und Eisenbahnangestellte, die ihn möglicherweise gesehen hatten. Aber nur zwei, die wirklich mit ihm gesprochen hatten.
Einer war der Fahrkartenverkäufer am Bahnhof in Waterford. Er wollte allerdings nichts beschwören und konnte sich auch nicht an das Gesicht des Passagiers erinnern, der das Wechselgeld seines 50-Euro-Scheins vergessen hatte.
Der andere war Mick Barton aus dem Shamrock Café. Er hatte den Fremden bedient, er konnte sich sehr wohl an seine Kleidung erinnern, und er hatte ihn schließlich zur Bushaltestelle vor dem Eldon Hotel gelotst. Officer Joe Carey hatte ihn gefragt, ob er nach Dublin kommen könnte, um einen Tag lang die Aufnahmen der Überwachungskameras nach jenem Mann zu durchforsten, dem er zwei große Gläser Orangensaft gebracht hatte.
»Vergiss es«, sagte Mick. »Ich bin hier vollauf beschäftigt, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen, ich kann es mir nicht leisten, so wie du einen ganzen Tag mit solchem Herumgestochere zu vertrödeln.«
Joe fragte, was er davon halte, wenn er einen Privathubschrauber für den Flug nach Dublin und als Ausgleich den Lohn für zwei Tage bekäme.
»Abgemacht«, sagte Mick. »Um wie viel Uhr?«
»Morgen früh, acht Uhr. Hier auf dem Platz.«
»Wo wird der Hubschrauber landen?«
»Dort drüben auf dem Feld.«
»O mein Gott, Joe … es geht nicht … ich hab ganz vergessen … ich hab morgen einen Zahnarzttermin.«
Joe stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
»Klar«, sagte er. »Also gut, Lohn für drei Tage.«
»Abgemacht«, antwortete Mick. »Letztes Angebot?«
»Letztes Angebot.«
»Ich werde da sein.«
9.00 Uhr, Donnerstag, 19. Juli
Dublin
Mick Barton traf stilvoll auf dem Rücksitz eines zivilen Polizeifahrzeugs im Polizeihauptquartier ein. Er wurde in einen Raum geführt, wo ihn Ray McDwyer mit einem fröhlichen »Guten Morgen, Michael« begrüßte.
An der Rückseite des Raums fand sich ein Projektor sowie ein Beamter, der das Gerät bediente. Vorne stand eine große weiße Leinwand.
»Okay, Junge, du weißt, was du zu tun hast. Wir werden dir eine lange Reihe von Leuten zeigen, die die Sicherheitskontrollen des Dubliner Flughafens passiert haben. Unterbrich uns einfach, wenn du den Mann identifizieren kannst, dem du am Montagmorgen den Orangensaft serviert hast.«
»Bekomm ich eine Prämie, wenn ich ihn finde?«
»Auf keinen Fall«, sagte Ray. »Du könntest ja einfach was erfinden, nur um die Prämie zu bekommen.«
»Was, ich?«
»Ich kenne dich, seitdem du drei Jahre alt bist. Ja, du.«
Mick lachte und fühlte sich ein wenig geschmeichelt. Schließlich sah er sich als durchtriebenen Geschäftsmann. Plötzlich aber wurde er ernst. »Dann fangt mal an«, sagte er. »Wenn er da drauf ist, werde ich ihn finden. Schwarzes T-Shirt, richtig?«
Der Film wurde abgespielt. Mick saß ruhig da, beugte sich manchmal vor, bat manchmal, den Film anzuhalten und zurückzuspulen. So ging es dreieinhalb Stunden, in all der Zeit trank er nur eine Tasse Kaffee, der ihn zu der Frage animierte, ob er in einer Jauchegrube gebrüht worden wäre. Alle lachten, was Mick erwartet hatte, da dieses Witzchen in Skibbereen fester Bestandteil beim Frühstück war.
Er betrachtete Hunderte von Flugreisenden, fand einige mögliche Kandidaten, letztendlich aber lief es immer auf die gleiche Aussage hinaus: »Nein, ist er nicht.«
Zum Mittagessen bekam er ein Schinkensandwich und ein Eis, dann wurden ihm die weit weniger umfangreichen Aufnahmen mit jenen Leuten vorgespielt, die auf irischen Fähren nach England übergesetzt hatten. Wie erwartet handelte es sich meistens um Anhalter und Rucksackreisende. »Mann, sind die abgerissen«, kam es von Mick, aber er
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