Bis zum bitteren Tod (German Edition)
syrische Rundfunksendungen zu sehen bekommen, wussten aber, dass Ben Joel und sein Team sicher nach Hause zurückgekehrt waren und in den frühen Morgenstunden die Meldung erstattet hatten, die Mission erfolgreich beendet zu haben.
Wenn was schiefläuft, ging es Jerry durch den Kopf, dann aber richtig.
Am Mittwoch, dem 8. Februar, um elf Uhr verließen Ravi und Shakira das Krankenhaus, um ins wartende Taxi zu steigen. Sie wurden von Reportern und Fotografen begrüßt, die ihnen Fragen zubrüllten … Wie sind Sie entkommen? … Wissen Sie, wer dahintersteckt? … Shakira! Shakira! … hier entlang. Mr. Rashud, haben Sie Ihrer Frau das Leben gerettet?
Der Alptraum jedes Terroristenführers: öffentliche Aufmerksamkeit, Fotos, Fragen. Aber er trat den Medien gleichmütig entgegen. »Ja, ich bin Shakira Rashuds Ehemann … nein, wir haben das Restaurant nicht zusammen verlassen … meine Frau ist mit ihrem Stiefbruder vorausgefahren, um Kaffee und Süßigkeiten vorzubereiten … 20 Minuten später bin ich mit Abduls Frau gefolgt. Ja, natürlich sind beide Frauen äußerst bestürzt.«
Als Antwort auf die Frage Glauben Sie, jemand wollte Sie umbringen? erwiderte er: »Das bezweifle ich. Es war entweder ein unglücklicher Unfall, oder man hat mich mit jemandem verwechselt.«
Für einige Stunden waren mit dieser Aussage die Gemüter zu beruhigen. Ravi und Shakira zogen übergangsweise ins Barada Hotel an der Said-al-Jabri-Avenue. Doch im Lauf des Nachmittags sah sich die Polizei zunehmend mit einem Problem konfrontiert: Das war ein verdammt großer Sprengsatz – wer zum Teufel hatte ihn gezündet? Und warum?
Es handelte sich augenscheinlich nicht um einen Molotow-Cocktail, der von einer verzweifelten Dschihadisten-Gruppierung zusammengebastelt worden war. Der Sprengsatz deutete auf professionelle Arbeit hin, ausgeführt von Experten, die ihn in das Haus geschmuggelt und kurz nach Shakira und Abduls Rückkehr gezündet hatten.
Es war kein Unfall. Es stand ein Plan dahinter, möglicherweise war er gescheitert, trotzdem handelte es sich um eine vorsätzliche Aktion. Nicht das Geringste deutete auf einen Selbstmordattentäter. Nach Meinung der Polizei in Damaskus war der Sprengsatz über eine Fernbedienung gezündet worden und hätte Mr. Rashud und vielleicht auch seine Frau töten sollen. Das Problem war nur: Keiner wusste, wer Mr. Rashud eigentlich war.
Während die syrische Polizei diesem Rätsel nachging, kam der Kriegsrat der Hamas blitzschnell in die Gänge. Von einem Außenposten in der südlichen Grenzstadt Der’a schickte man zwei Dschihad-Kämpfer nach Damaskus, die General Ravi und seine Frau nach Jordanien brachten. Auf den Pässen, die sie ihren hochrangigen Gästen zur Verfügung stellten, war die Tinte noch nicht trocken. In Amman quartierten sich die Rashuds als Mr. und Mrs. Anwar Mehadi im Rhum Continental Hotel ein. Alles war so schnell abgelaufen, dass es schien, als wären Mr. und Mrs. Rashud vom Angesicht der Erde verschwunden.
Was die syrische Polizei und die Medien in eine verzwickte Lage brachte. Für die polizeiliche Führungsebene bestand nicht der geringste Zweifel, dass der Sprengsatz mit großer Präzision gebaut und gezündet worden war und dass jemand es mit aller Macht darauf abgesehen hatte, Ravi Rashud umzubringen. Aber wie die Journalisten hatten sie keine Ahnung, wer er eigentlich war und warum er solche entschlossenen Gegner hatte. Er hatte offenbar seit einigen Jahren in Damaskus gelebt und war, soweit man wusste, bislang nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Bis 19 Uhr jedoch wurde eines klar: Die Polizei wusste nicht nur nicht, wer er war, sie wusste auch nicht, wo er war. Man überwachte den Flughafen und den Bahnhof und den Busbahnhof. Man erkundigte sich im Barada Hotel, nichts.
Dem Mossad seinerseits wurden die Ereignisse nur stückweise geliefert. Da Jerry keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Informationen aus den Fernseh- und Radioberichten und den Nachmittagsausgaben der Zeitungen zusammenzutragen.
In dem Sekundenbruchteil, in dem um Mitternacht der Sprengsatz hochgegangen war, hatte der Mossad sämtliche seiner Vorteile verspielt. Wie schon so oft, hatte sich General Rashud ihrem Zugriff entzogen. Sie kannten seine Adresse nicht mehr, kannten noch nicht einmal das Land, in dem er sich aufhielt, und wussten erst recht nicht, unter welchem Namen.
ÜBERLEBENDE DER EXPLOSION UND IHR MANN VERSCHWUNDEN
bestätigte
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