Bis zum bitteren Tod (German Edition)
Gebete nicht verrichtete und stattdessen mit dieser Ungläubigen zusammensaß, solange sie nur sein Werk tat.
»Ein Königreich für Ihre Gedanken, Carla«, sagte Emily. »Noch etwas Kaffee? Oder einen dieser Kekse?«
»Oh, nein, danke. Ich glaube, ich habe ein wenig vor mich hin geträumt. Es ist so gemütlich hier.«
Sobald das Wort »Keks« fiel, kam Charlie angedonnert.
Shakira erhob sich. »Charlie, sitz!« Und Charlie setzte sich. »Wenn du artig bist, gebe ich dir was.« Vor Vorfreude wedelte er mit dem Schwanz. »Aber wenn du mich oder dein Frauchen anspringst und Kaffee verschüttest, dann kriegst du nichts.«
Charlie, der den Sinn ihrer Worte genau verstand, sah sie mit unendlich trauriger Miene an und neigte den Kopf, wie es Retriever so gern tun und womit er zum Ausdruck zu bringen schien, dass er seit mindestens einem Jahr nichts mehr bekommen hatte. Shakira schmolz das Herz. Und sie gab ihm einen der Kekse. Charlie zermalmte ihn augenblicklich, schluckte und nahm wieder seine schmachtende Haltung ein.
»Ich geh mit dir mal lieber spazieren«, sagte Shakira und dann, an Emily gewandt: »Es sieht nach Regen aus. Bleiben Sie doch einfach hier. Ich geh mit ihm zu dem Fluss. In einer Dreiviertelstunde bin ich wieder hier.«
Während sie die Leine holte und sie dem Hund anlegte, sah Mrs. Gallagher sie fragend an. Ihr war bei Shakira ein kleiner sprachlicher Lapsus aufgefallen; ein Lapsus, der nur einem Ausländer unterlief. Sie hatte gesagt, »ich geh mit ihm zu dem Fluss«, was grammatikalisch nicht ganz falsch war, ein Muttersprachler hingegen hätte sicherlich »zum Fluss« gesagt.
Für den großen Gesamtplan war das natürlich völlig irrelevant. Shakira Rashud hatte ihre Mission für die fanatischen HamasKämpfer bereits erfüllt – hier in Brockhurst, unter freundlicher Mithilfe von Emily Gallagher.
Ritz Hotel, Check-in Dienstagmorgen, 31. Juli, bis Donnerstagmorgen, 2. August, Admiral und Mrs. Arnold Morgan. Kein Problem.
Draußen auf der Straße schlug Shakira ein schnelles Tempo an, eilte zur Flusskehre, wo sie den kleinen Park betrat, den Charlie so sehr liebte, und wo sie auf das gegenüberliegende Flussufer im Osten starrte.
Niemand hielt sich hier auf. Sie begann zu flüstern:
Allahu akbar …
Ashhadu an la ilaha Allah …
Ashhadu anna Muhammadan rasulul-lah …
La ilaha ill Allah …
Niemand hörte sie. Außer Charlie. Und selbst er verstand ihre Worte nicht.
Es war natürlich das 1400 Jahre alte Glaubensbekenntnis der Muslime.
Gott ist groß.
Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Gott, und ich bezeuge, dass Mohammed sein Prophet ist.
Es gibt keinen Gott außer Gott.
Sie ließ Charlie von der Leine und stand einige Augenblicke nur so da. Dann zitierte sie aus der 2. Sure den Vers 153: Denkt an mich, damit ich auch an euch denke. Seid mir dankbar und keine undankbaren Ungläubigen! Oh! Gläubige, fasst euch in Geduld und betet um Hilfe!
In diesem Moment sprang Charlie in den Rappahannock. Shakira lief ans Ufer und schleuderte ihm Worte entgegen, die selbst der Prophet nicht ganz verstanden haben dürfte. Aber sie wurden von Charlie verstanden, der wieder herauskam und sich schüttelte, natürlich so, dass Shakiras Jeans völlig durchnässt wurden, nur um sich gleich darauf wieder in den Fluss zu stürzen.
Schließlich kam er heraus, schüttelte sich erneut, ließ sich an die Leine nehmen und kehrte mit Shakira nach Hause zurück, wo sie ihn erst mit dem Gartenschlauch abspritzte, um ihn vom Schlamm zu befreien. Dann ließ sie ihn draußen im Garten zum Trocknen.
Emily kam heraus. »Ich nehme an, er ist wieder in den Fluss gesprungen, Carla. Es tut mir leid, dass Sie so viele Unannehmlichkeiten haben. Bleiben Sie zum Essen?«
Sie waren mittlerweile so vertraut miteinander, es tat Shakira fast ein wenig leid, dass sie bald abreisen und dieses ruhige, schöne amerikanische Haus nie wiedersehen würde. Sie überlegte sogar kurz, ob sie und Ravi hier nicht auch glücklich werden könnten. Aber das war unmöglich. Höflich lehnte sie die Essenseinladung ab und sagte, man würde sich dann abends im Hotel sehen.
Wehmütig ging sie ins Stadtzentrum zurück, wo Fausi im Wagen wartete, um sie an eine einsame Stelle der Flussmündung zu fahren, wo sie mit ihrem Handy Verbindung mit dem Oberkommando der Hamas aufnehmen konnte.
Sie hatte die Stelle bereits ausgesucht. Ein verlassener Uferabschnitt in der Nähe von Grey’s Point, 20 Kilometer südlich von Brockhurst. Die
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