Bis zum bitteren Tod (German Edition)
sie war ja auch kaum herumgekommen, bis sie Ravi kennengelernt hatte. Und alles, was sie wusste, hatte sie von ihm gelernt.
Wahrscheinlich hatte er mit seiner Einschätzung zu Amerika Recht. Aber bislang hatte sie nicht viel gesehen, was auf ein schreckliches, von Ogern wie Admiral Morgan bewohntes Land schließen ließ. Nein, davon hatte sie nichts gesehen.
Nachdenklich aß sie ihr Sandwich und trank etwas Saft. Sie überlegte, wann und wie sie von hier verschwinden sollte, um Ravi wiederzusehen. Ganz sicherlich würde sie Emily nichts erzählen. Wenn ihr Kipper gebracht wurde, würde die alte Lady vor einem kleinen Problem stehen. Einem Problem, das aber kaum mit dem zu vergleichen war, mit dem bald Kippers Herrchen, Admiral Morgan, konfrontiert sein würde.
Shakira hätte sich nur allzu gern von Emily verabschiedet und sich dazu bereiterklärt, auch weiterhin in Kontakt zu bleiben. Aber das stand völlig außer Frage. Wenn sie einfach kommentarlos verschwand, würde es ein bis zwei Tage dauern, bis allen klarwurde, dass sie fort war. Kündigte sie ihre Abreise aber an, würden alle bereits davon wissen, bevor sie überhaupt weg war. Nein, es gab keine andere Möglichkeit, sie musste schlicht verschwinden und dazu alles Erforderliche in die Wege leiten.
Ihr Handy klingelte. Sie eilte in die Wohnung und zog es aus ihrer Handtasche. Es gab nur einen Menschen auf der Welt, der diese Nummer anrufen würde, aber sie wusste, dass er nicht persönlich am Apparat war.
Sie drückte auf den Knopf und hörte eine aufgenommene Stimme sprechen: Dublin. Irland. Die große Moschee in Clonskeagh. 17 Uhr. 16. bis 18. Juli . Die Leitung war tot.
Shakira schaltete das Handy aus. Die Nachricht war, wie sie wusste, von niemandem abgehört worden. Und sie bedeutete, dass sie am Abend des 15. Juli in Dublin sein musste. Das war, vom nächsten Sonntag an gerechnet, in einer Woche. Dann musste sie also spätestens am Freitagabend, dem 13. Juli, einen Flug nehmen.
Sie verband ihren Computer mit dem Internet und kam zu dem Ergebnis, dass der beste Flug wohl der von Aer Lingus war. Sie buchte einen Flug erster Klasse und konnte ihr sehr teures Ticket von British Airways, die Dublin nicht anflog, auf die neue Fluggesellschaft umschreiben lassen.
Mit einem frischen Glas Saft kehrte sie auf den Balkon zurück. Dort saß sie eine halbe Stunde lang, las eines der Celebrity-Magazine, die sie so sehr liebte, und fragte sich, ob Emily und Charlie jemals an sie denken würden.
Sie spürte, dass es zwei Mrs. Rashud gab: die Shakira, die höflich und hilfsbereit zu sein versuchte, jene, die Emily so liebgewonnen hatte; daneben aber gab es die andere Shakira, die skrupellose Attentäter unterstützte. Es fiel ihr momentan schwer, diese beiden Seiten ihrer Persönlichkeit miteinander zu vereinbaren.
Mitternacht, am gleichen Tag (Montag, 2. Juli)
Gaza-Stadt
General Rashud führte den Vorsitz bei diesem Treffen der höchstrangigen militärischen Vertreter der Hamas. Erneut saßen sie auf Kissen in dem weiß getünchten Kellerraum des Hauses in der Omar-el-Mokhtar-Straße.
Er eröffnete die Diskussion, indem er darauf hinwies, dass in der kurzen Zeit seit dem Erscheinen des Artikels in der Washington Post über Admiral Morgan ein Aufschrei durch die liberalen Medien der USA gegangen sei. Man stellte viele Fragen über Morgans Treiben im Weißen Haus als rechte Hand des Präsidenten.
Die Vorwürfe lagen auf der Hand: Für wen hält sich der Admiral überhaupt? Warum brauchen die modernen USA einen abgehalfterten Kalten Krieger wie ihn? Lässt Arnold Morgan die Kanonenbootdiplomatie wiederaufleben? Wie gefährlich ist der ehemalige Atom-U-Boot-Kommandant wirklich? Präsident Bedford ist dem amerikanischen Volk einige Erklärungen schuldig … Wenn Arnold Morgan so viel Einfluss will, dann sollte er sich zur Wahl stellen.
Die Fernsehsender griffen das Thema auf. Politische »Gesprächsrunden« zielten vor allem darauf ab, den Ruf des Admirals zu erschüttern. Bald darauf sprang der arabische Sender Al Dschasira mit »Dokumentationen« wie Der Terroristenjäger im Weißen Haus mit auf den Zug – und zeichnete ein tiefgründiges Porträt des unbeugsamen Mannes.
General Rashud brachte diesem Ausbruch an Entrüstung in den USA ebenso wenig Interesse entgegen wie Admiral Morgan selbst, der sämtliche Journalisten für einen unwissenden Haufen hysterischer Scharlatane mit unausgegorener Halbbildung hielt. Oder Schlimmeres.
Was Rashud
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