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Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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herein, der eine Strumpfmaske trägt oder eine Machete schwingt oder sich sonst wie auffällig gebärdet?
    »Ich bin unterwegs«, sagte ich und saß im Wagen, ohne noch einen Gedanken an Menden verschwendet zu haben.
    »Moment mal«, bellte der Hauptkommissar und riss die Fahrertür wieder auf. »Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich Sie hier mit einem gestohlenen Fahrzeug vom Hof fahren lasse?«
    Ein erneuter Schwall von Wasser kam herab und erwischte Menden voll, und das gab mir die Sekunde, den Rückwärtsgang reinzuhauen und das Gas zu kicken. Nach kurzem jaulendem Sprint riss ich den Wagen mit Lenkung und Bremse herum, knallte die Tür und beschleunigte auf die Toreinfahrt zu. Dann sah ich noch einmal kurz in den Innenspiegel, bevor ihn Mendens Blick mit Raureif überzog.

Teil 3
    »Sie können da nicht durch«, sagte der Polizist, stolperte und fiel rücklings über die eigene Absperrung, während ich weiterhastete, auf das ganze Blaulichtgeflacker zu. Und den Feuerschein. Mit einem Doppeldonnerschlag explodierten zwei Gasflaschen und ließen die Funken nur so in den Nachthimmel stieben.
    »Bleiben Sie zurück«, sagte der Feuerwehrmann, ich blickte ihn an, er schluckte, machte einen Schritt zur Seite und fügte hinzu: »Aber behindern Sie meine Leute nicht bei der Arbeit.«
    Selbst wenn ich gewollt hätte, gab’s da nicht mehr viel zu behindern. Zum Missvergnügen aller Umstehenden hatten die Einsatzkräfte die Situation sehr rasch im Griff. Das Lodern der Flammen erstarb, die Glut verzischte. Zurück blieb im Licht eines einsamen Scheinwerfers ein äußerst dürftiges, schwarzes Gerippe.
    »He, Sie! Polizei! Stehen bleiben! Lassen Sie uns vor! Wir müssen erst Spuren sichern! He! Sie! Stehen bleiben! …«
    Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst und erklomm die beiden Stufen. Dampf umwaberte mich, Scherben knirschten unter meinen Sohlen, der ätzende Geruch verschmorten Plastiks füllte meine Stirn, das abkühlende Stahlskelett knackte leise in meinen Ohren. Das Dach des Wohnwagens war komplett verschwunden, so wie große Teile von Wandbeplankung und Inneneinrichtung. Zusammengeschmolzen oder in Rauch aufgelöst. Ich ging einmal auf, einmal ab durch die nasse, schwarze Verwüstung, dann stoppte mich ein Polizist in Zivil.
    »Das ist er!«, hörte ich einen Uniformierten rufen, und ein erwartungsvolles Raunen ging durch die Menge der Gaffer.
    »Hier ist niemand«, sagte ich zu dem Zivilen, »kein Körper, nichts.« Ein Knoten löste sich. Bei mir. Irgendwo auf Höhe des Brustbeins.
    »Was haben Sie denn erwartet?«
    »Das ist der, der mich tätlich angegriffen hat«, fuhr der Uniformierte fort, zur spürbaren Enttäuschung der Gaffer.
    »Eine … eine Freundin von mir hat hier gewohnt. Doch wie’s aussieht, war sie wohl nicht zu Hause, als das Feuer ausbrach.« Noch mit dem Aussprechen der Worte beschäftigte mich die Frage, wo sie wohl dann war, Anoushka.
    Der Zivile leuchtete noch ein bisschen mit seiner Taschenlampe in alle Ecken.
    Meine Erleichterung wich recht flott einem Wust beklemmender Vorstellungen.
    »Schön und gut«, fand der Kriminalbeamte. »Lassen Sie Namen und Adresse bei dem Kollegen. Auch den Ihrer Freundin. Wir melden uns, sobald die Brandursache geklärt ist und falls wir noch Fragen haben sollten.«
    »Folgen Sie mir!« Der Uniformierte schnappte sich meinen Personalausweis und stolzierte zu seinem Streifenwagen, gab den Ausweis an den Kollegen weiter, der träge im Beifahrersitz hing.
    »Überprüf mir den mal.« Dann, an mich gewandt: »Eine Anzeige wegen tätlichen Angriffs auf einen Polizeibeamten haben Sie auf alle Fälle an der Backe.«
    Ich schwieg, wie man zu solchen Albernheiten schweigt, ärgerte mich, das Handy im Wagen vergessen zu haben, und wusste, ich saß in der Kacke, als der Kollege aus seinem Beifahrersitz sprang und von mir verlangte, die Hände auf das Wagendach zu legen.
    »Haftbefehl«, freute er sich, »gerade reingekommen! Wegen Autodiebstahls!« Nur Sekunden später hatte ich die Hände hinterm Rücken und Stahl um die Gelenke.
     
    Die Feuerwehr packte ihren Kram zusammen, irgendwer bekam den Strom zum Laufen, die Gaffer zerstreuten sich, watschelten grüppchenweise zurück vor ihre endlich wieder aufflackernden Fernsehbildschirme.
    »Vermutlich Brandstiftung«, informierte mich der Zivile und meinte dann noch: »Sie haben Glück. Mülheim kommt Sie holen.«
    Ich sah Menden seinen Passat stoppen, sah ihn aussteigen, sah den Ausdruck in seinen

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