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Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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schwarzen Gläsern waren nicht zu sehen, trotzdem bohrten sie sich in meine. So langsam schien er sich, ähnlich mir, zu fragen, wohin die Reise ging »Erst mal ist eine marktbeherrschende Stellung nie von Nachteil«, dozierte er.
    »Ja, aber … ruft das nicht eine Menge Neider, eine Menge Konkurrenz auf den Plan?«
    »Es gibt momentan ein paar Schwierigkeiten, zugegeben, doch die werden sich bald … in Rauch auflösen. Mit so was muss man umgehen können. Schließlich kommen meine Brüder jetzt einer nach dem andern raus. Endlich. Und ich habe ihnen allen Jobs versprochen.«
    Deckart. Deckarts Brüder. Ich schluckte an einem faustgroßen Klumpen, und er wollte und wollte nicht rutschen.
    Wildecker Herzbuben, mein Arsch.
    Deckart. Mit vollem Namen: Moritz Deckart. Wesentlich bekannter als: Drecksack. Ehemaliger Präsident des von der Polizei aufgelösten Düsseldorfer Chapters der Hell’s Angels. Dammich. Jetzt wusst ich’s wieder. Spät, aber doch.
    Jetzt wäre es eigentlich logisch erschienen, mich auch als Biker zu outen, in der Hoffnung, ein paar Punkte zu machen, Sympathie, Schulterschluss oder so was in der Art zu erwirken, doch ich wusste es besser. Genauso gut könntest du einem KSK-Kampfschwimmer mit deinem Seepferdchen kommen. Für einen Hell’s Angel bist du entweder ein Angel, also ein Bruder, oder du bist nichts, gar nichts, besseres Ungeziefer.
    Wie viele Semi-Prominente ging er wohl die ganze Zeit schon davon aus, dass ich wusste, mit wem ich hier sprach. Zeit, ihn zu bestätigen.
    »Weil sie beim Prozess alle so schön dichtgehalten haben«, hörte ich mich sagen.
    Deckart nahm die Arme runter, beugte sich vor. Er machte den Eindruck eines Mannes, der sich in aller Stille amüsiert. Mit etwas, das er jeden Augenblick zerquetschen kann.
    »Natürlich. Doch weil die Bullen schlechte Verlierer sind und mir auch nach Jahren noch immer im Genick sitzen, musste es etwas Legales sein. Trotzdem profitabel. Und Geschäftsführer einer Schwulenbar ist beides.«
    Er grinste in unverhohlener Selbstzufriedenheit. Dann nahm er die Brille ab. Seine Augen waren schmal, stark gerötet, hitzig. Das Grinsen verschwand. Schlagartig.
    »Du warst das, der mich vorgestern angerufen hat«, grollte er.
    Und riss die Gesprächsführung damit an sich. Ich hatte einfach zu lange herumgedödelt.
    »Pass auf, Deckart«, begann ich zögerlich.
    »Nenn mich Drecksack«, forcierte er, und die Eukalyptus-Fahne in meinem Nacken kam in kurzen Schüben, als der Dicke tonlos lachte. Vorfreude, nehme ich an.
    »Ich bin doch nicht lebensmüde«, entgegnete ich, und Deckart sah mich an, als ob er so seine Zweifel an dieser Aussage hätte. »Ja«, gestand ich dann, »das war ich am Telefon. Und ich bin hier, um das von Dimitrij angeleierte Geschäft zum Abschluss zu bringen.«
    Deckart lehnte sich wieder zurück. Er schien wie ich den Wortlaut des Telefonats noch mal zu rekapitulieren. Da war irgendwas von einer Lehrstunde in einer neuen Art von Schmerz gewesen, erinnerte ich mich, und spürte mein Deo versagen. Rein vom Gefühl her schuldete Menden mir jetzt schon einen Freibrief bis hoch zu, sagen wir, räuberischer Erpressung.
    »Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber ich kenne keinen Dimitrij.«
    Ich verstand nicht ganz. Das hatten wir doch schon am Telefon geklärt, »Oder kennst du ’nen Dimitrij, Barnie?«
    »Nch, nch.« Wie wenn einem ein Koala in den Nacken furzt.
    »Also …« Deckart hob meine Karte. »… Kristof. Sieht aus, als ob du dich ganz umsonst herbemüht hättest. Doch ich vergesse meine Manieren als Gastgeber. Barnie, geh mal rasch hoch und hol uns ein paar Gin Tonics, ja?«
    Barnie schob ab. Deckart sah mich kalt an. Schnickte meine Karte wieder auf den Schreibtisch.
    »Wie hast du mich gefunden?«, wollte er wissen.
    Ich wies mit dem Kinn zum Telefon auf dem Schreibtisch.
    »Dimitrij hat mehrmals hier angerufen.«
    »Weiß jemand, dass du hier bist?« Eine Frage wie aus der Pistole geschossen, auf die es nur eine einzige Antwort gibt.
    »Ja klar.«
    »Auch warum?«
    »Nein.«
    »Hast du das Wort?«
    »Noch nicht. Doch ich bin dran. Ich bin mir sicher, ich finde es, sobald ich …«
    »Sobald du was?«
    »Sobald ich weiß, was es ist.« Kryszinski beim Offenbarungseid. Mal wieder. »Ich meine, reden wir hier über ein Köfferchen oder einen Überseecontainer?«
    Deckart lachte. Einmal, und auch das nur kurz. »Barnie, gib ihm seinen Drink und dann schmeiß ihn raus.« Barnie war wieder hinter mir

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