Bis zum Horizont
konkurriert haben. Sie fragen ständig nach dir.«
»Was sagst du ihnen?«
»Ich sage ihnen, du hättest einen Job bei BBDO in England angenommen.«
Ich lachte. »Warum sagst du ihnen nicht einfach die Wahrheit?«
»Die geht sie nichts an. Gestern habe ich Jason Stacey von Sixty-Second gesehen. Er hat mir erzählt, Kyle würde seine Kunden fast genauso schnell verlieren wie seine Haare, und er wusste auch, dass Kyle und Ralph inzwischen getrennte Wege gehen. Ralph hat einen Job bei irgendeiner Kreditgenossenschaft angenommen und kümmert sich dort um das hausinterne Grafikdesign.«
»Das hat ja nicht lange gehalten«, bemerkte ich. Kyle war mein Partner bei Madgic gewesen. Während ich mich um McKale gekümmert hatte, hatte er still und heimlich seine eigene Werbeagentur gegründet, alle meine Kunden abgeworben und Ralph, meinen Grafikdesign-Chef, überredet, als Partner bei ihm einzusteigen. Ich hatte Ralph selbst eingestellt und ausgebildet, daher traf mich sein Verrat besonders hart. »Das ist doch erst zwei Monate her.«
»Betrug lohnt sich offensichtlich nicht. Und du wirst nie darauf kommen, wer mich neulich angerufen hat. Phil Wathen.«
Bei dem Namen verspürte ich einen schmerzlichen Stich. Phil Wathen war ein Bauunternehmer. Ich war mitten in der Präsentation für seinen Sechs-Millionen-Dollar-Auftrag gewesen, als ich von McKales Unfall erfuhr.
»Was wollte Phil denn?«
»Er wollte wissen, ob du dir vorstellen könntest, ihn wieder als Kunden zu nehmen. Ich nehme an, er ist auch nicht glücklich mit Kyle.«
»Scheiß-Karma«, sagte ich.
Sie lachte. »Ich vermisse dich.«
»Ich dich auch.«
»Ich habe hier ein paar Steuerunterlagen, für die ich deine Unterschrift brauche. Wohin soll ich sie schicken?«
»Ich wohne im Moment bei einer Freundin. Du könntest sie hierher schicken.«
»Wie wär’s, wenn ich sie einfach vorbeibringe?«
Ihr Angebot überraschte mich. »Du musst dir nicht so viele Umstände machen.«
»Es macht keine Umstände. Ich würde dich sehr gern sehen. Außerdem habe ich die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr frei.«
»Ich würde mich freuen, wenn du kommst«, sagte ich.
»Dann komme ich.« Sie seufzte. »Ich muss jetzt Schluss machen. Frohes Thanksgiving.«
»Dir auch ein frohes Thanksgiving«, sagte ich.
»Jetzt ist es das«, erwiderte sie.
Ich legte auf. Ich hatte ganz vergessen, wie gut es tat, mit ihr zu reden.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Wir haben uns Citizen Kane angesehen. Ich bin froh, dass der Film in diesem Fall völlig anders endete, als er sollte.
Alan Christoffersens Tagebuch
Lange Gespräche mit meinem Vater (und auch kürzere) gehörten nicht zu den Erfahrungen meiner Kindheit und Jugend, daher fragte ich mich, worüber wir an diesem Nachmittag wohl reden würden. Meine Sorge war unbegründet. Mein Vater kam gegen Mittag und begann sofort, sich in Nicoles Wohnung nach irgendetwas umzusehen, was er reparieren könnte. Solche Arbeiten waren seine Lieblingsbeschäftigung. Seiner Bestandsaufnahme folgten zwei Fahrten zum Baumarkt. Er reparierte einen tropfenden Wasserhahn, dichtete zwei Fenster ab und ersetzte eine Glühbirne im Kühlschrank, bevor er sich mit mir hinsetzte, um das Spiel Alabama gegen Auburn anzusehen.
Nicole kam zur üblichen Zeit von der Arbeit nach Hause. Am Abend aßen wir die Reste von Thanksgiving, und bevor mein Vater sich verabschiedete, verabredeten wir uns für den nächsten Tag. Wir wollten uns um zwölf zum Mittagessen treffen.
Nachdem er gegangen war, machten Nicole und ich uns Popcorn, dann setzten wir uns auf die Couch und sahen uns Citizen Kane an.
Als der Film zu Ende war, sagte Nicole: »Hast du eigentlich gewusst, dass es in Citizen Kane um William Randolph Hearst geht? Ihm gehörten Dutzende von Zeitungen, und als der Film herauskam, hat er ihnen nicht nur verboten, den Film zu erwähnen, sondern auch damit gedroht, jedem Kino, das ihn zeigte, die Werbung zu entziehen.«
»Das kann ich ihm nicht verdenken«, sagte ich.
»Aber das zeigt doch nur, wie skrupellos er war. Der Film war ein echter Flop. Letztendlich hat der Film beide Männer ruiniert – Hearst und Welles.«
»Woher weißt du denn das alles?«
»Schon vergessen? Ich habe Filmwissenschaft studiert.«
»Ach ja.«
»Und bei Das Leben ist schön war es dasselbe.«
»Er hat Hearst nicht gefallen?«
Sie lachte. »Nein, er ist auch durchgefallen. Die Leute fanden ihn einfach zu deprimierend.«
Ich dachte darüber nach. »Aber heute gefällt er
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