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Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudenkauf
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die Wüste gelaufen wäre. Ihre Wimpern waren weg, und die Krankenschwester hatte ihre Arme mit einer dicken, glänzenden Creme eingeschmiert. P. J. und ich sprechen jeden Abend mit ihr, aber normalerweise nur für eine oder zwei Minuten. Sie ist meist zu müde oder zu zugedröhnt von den Schmerzmitteln, um länger zu sprechen, aber ich finde, meistens klingt sie einfach nur traurig. Ich weiß, sie fühlt sich schrecklich, weil P. J. und ich weggehen mussten, noch dazu nach Broken Branch, der Ort, von dem sie uns immer erzählt, dass sie es die ersten siebzehn Jahre ihres Lebens gar nicht hatte erwarten können, ihn endlich hinter sich zu lassen.
    Von irgendwo außerhalb des Klassenzimmers hören wir ein klopfendes und krachendes Geräusch, und ich bin mir sicher, jetzt kommt er zu uns. Beth, die neben mir sitzt, hält sich die Ohren zu und fängt an, mit dem Oberkörper vor und zurück zu wippen. Ich lege ihr einen Arm um die Schultern. Ich weiß nicht, was mit Beth los ist. Sie ist der Wildfang in unserer Klasse, sie fährt Quad und geht auf Hirschjagd, und jetzt ist sie nur noch ein Häufchen Elend.
    »Ich gehe«, sagt Noah. Er steht auf und geht in Richtung Fenster.
    »Setz dich, Noah«, sagt Mr Ellery streng.
    »Auf gar keinen Fall.« Noah versucht, stark zu klingen, als wäre er ein harter Typ. Aber die Worte kommen so quietschend heraus, dass er mir beinahe leidtut.
    »Noah, setz dich. Sollte da draußen jemand sein, wird er an uns vorbeigehen, wenn wir nur ganz still sind. Die Tür ist abgeschlossen. Er kommt hier nicht rein.«
    »Als wenn man das Schloss nicht aufschießen könnte«, erwidert Noah zickig und versucht, ein Fenster zu öffnen, das auf den Parkplatz der Lehrer hinausgeht. Ein weiteres Krachen hallt durch die Korridore, dann das Rieseln von gebrochenem Glas, weit entfernte Schreie. Noah lässt sich zu Boden fallen. Wenn ich nicht genauso viel Angst hätte wie er, würde ich mich über ihn lustig machen. Eine Minute lang hört man nur den schweren Atem aller Anwesenden und Beths klappernde Zähne.
    »Wer, glaubst du, ist das?«, flüstert mir Drew ins Ohr. Ich schüttele den Kopf. Ich kann nicht sprechen. Beth zieht an meinem Ärmel, und ich schaue zu ihr hinüber.
    Mein Dad, sagt sie lautlos und bedeckt ihr Gesicht mit den Händen.

MRS OLIVER
    Mrs Oliver drehte sich immer wieder auf ihrem Stuhl herum, um zu sehen, wie es ihren Schülern ging. Die meisten hielten sich tapfer, saßen schweigend da, aber Lucy Shelton machte ihr Sorgen. Das Mädchen hatte leicht autistische Tendenzen und kam nicht gut mit Veränderungen in ihrem üblichen Tagesablauf zurecht. Die Schulbusse sollten wegen des Ferienbeginns heute um zwanzig nach eins kommen, zwei Stunden früher als sonst. Es wirkte jedoch nicht so, als wenn ihr Geiselnehmer bald mit ihnen fertig wäre, und zwanzig nach eins rückte immer näher.
    Sie machte sich auch Sorgen um Wesley, dessen Blase die Größe eines Fingerhuts hatte. Die Toiletten lagen direkt nebenan, aber Mrs Oliver bezweifelte, dass den Kindern erlaubt würde, den Raum zu verlassen. Jedes Mal, wenn sie sich auf ihrem Stuhl umdrehte, um nach ihren Schäfchen zu sehen, befahl der Mann ihr, nach vorne zu schauen. Nun weiß ich, wie sich Bobby Latham gefühlt hat, dachte sie trocken. Bobby hatte unter der schlimmsten Form von Aufmerksamkeitsstörung gelitten, die sie in ihren dreiundvierzig Jahren als Lehrerin je erlebt hatte. »Bobby, sieh nach vorne«, hatte sie ihn immer und immer wieder ermahnt, bis sie schließlich aufgegeben und ihm einen Platz in der letzten Reihe zugewiesen hatte, wo er aufstehen, sich umdrehen, von ihr aus sogar Räder schlagen konnte, solange er die anderen Schüler in der Klasse nicht ablenkte. Das war lange vor der Zeit gewesen, als man angefangen hat, Ritalin und ähnliche Medikamente zur Behandlung von ADHS wie Lutschbonbons zu verschreiben. Oh, sie wusste die Effekte dieser Medikamente auf ihre Schüler mit Aufmerksamkeitsstörungen durchaus zu schätzen, aber ihr gefiel nicht, dass viele Lehrer und Eltern es für ein Allheilmittel hielten. Setz das Kind unter Medikamente und mach weiter. Doch so funktionierte es nicht. Schüler wie Bobby mussten Strategien lernen, die ihnen halfen, sich zu konzentrieren; sie brauchten Tipps, um sich besser organisieren zu können. Die Medikamente sollten nur ein Mittel sein, ihre Gehirnaktivitäten lange genug zu verlangsamen, damit ihre Lehrer ihnen diese Fähigkeiten beibringen konnten.
    Mrs Oliver atmete tief

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