Bis Zum Letzten Tropfen
aber da kann ich jetzt noch nicht hin.
Also lasse ich mich erst mal zur Bowery fahren.
Das Schöne an einem miesen Hotel wie dem Whitehouse ist, dass es niemanden interessiert, wenn man zu später Stunde noch einen Gast besuchen will. Das Schlimme an einem miesen Hotel wie dem Whitehouse sortiert man besser alphabetisch – angefangen mit Autodiebstahl über Drogenhandel, Kakerlaken, Massenmord und Vergewaltigung bis hin zu einem Klassiker: Zoophilie.
Man füge hinzu eine Stammbesetzung aus halbtoten Pennern, ausgerissenen Teenagern aus dem Mittleren Westen und sturzbesoffenen europäischen Touristen ohne Geld, und man erhält eine stinkende Wolke aus Kotze und Scheiße, die sich im Treppenhaus ausbreitet wie Rauch in einem Kamin.
Ich kann den Gestank fast sehen, als ich die Treppe hinaufsteige.
Oben angekommen, muss ich mich zur Seite drehen, um mich überhaupt in den gelben Korridor quetschen zu können, von dem zahllose weiße Türen abführen. Ich höre Schnarchen, Sex am frühen Morgen und jemanden, der so laut Kraftwerk über die Ohrstöpsel seines iPod hört, dass er das Ding gleich an ein paar Lautsprecher anschließen könnte. Außerdem eine Toilettenspülung, das Gurgeln der verstopften Rohre des Gemeinschaftsbadezimmers und den unverwechselbaren Klang eines von einem Knebel gedämpften Schreis, während ein Gürtel auf nackte Haut klatscht.
Ich sehne mich nach Streichhölzern und einem Benzinkanister.
Am Ende des Korridors, der um eine Ecke wieder zur Frontseite des Gebäudes führt, bleibe ich vor der letzten Tür stehen.
Ich höre nichts, obwohl ich eigentlich Zähneknirschen erwartet hätte. Das Türschloss ist das lächerlichste Stück Schrott, das mir je untergekommen ist. Ich klappe das Rasiermesser auf, schiebe es in den zentimetergroßen Spalt zwischen Tür und Rahmen und fange an, den Schnapper aus seiner Vertiefung zu drücken. Dabei ziehe ich fest am Türgriff, um genug Reibung zu erzeugen, damit der Riegel nicht wieder an den ursprünglichen Platz zurückgleitet.
Die Tür des Gemeinschaftsbads geht auf, und ein Mädchen kommt raus. Der Saum ihres kurzen Rocks steckt in ihrem Höschen, ein Ring aus Knutschflecken ziert ihren Hals und eine glänzende rosa Perücke hängt schief auf ihrem Kopf. Sie taumelt den Korridor zu dem Raum hinunter, in dem ich vorhin die Fickerei gehört habe.
Sie rüttelt an der Tür, aber niemand öffnet ihr.
Sie trommelt dagegen.
– Ihr Arschlöcher! Hört auf zu ficken und lasst mich rein.
Das Keuchen und Stöhnen hinter der Tür wird lauter und schneller.
Sie klopft noch mal.
– Scheiße, macht auf! Ich warte doch nicht hier draußen, bis ihr fertig seid.
Die Fickerei geht weiter.
Sie lehnt die Stirn gegen die Tür, zieht die Schultern hoch, dreht sich um und bemerkt, wie ich mit dem Rasiermesser am Schloss hantiere.
– Hey.
Ich beobachte ihren Puls, der einen der Knutschflecke an ihrem Hals zum Vibrieren bringt.
– Hey.
Sie leckt sich über die trockenen Lippen.
– Ich dachte, da wohnt dieser Typ.
Ich betrachte die Tür, mit der ich gerade beschäftigt bin.
– Welcher Typ?
Sie schließt ein Auge und versucht, sich über die immer lauter werdenden Geräusche ihrer fickenden Freunde hinweg zu konzentrieren.
– Genau. Hat gesagt, er wohnt da.
– Wann hat er das gesagt?
Sie blickt an sich herab, bemerkt, dass ihr Rock im Höschen steckt und versucht, ihn aus dem Gummizug zu befreien.
– Scheiße. Wann? Gestern.
Sie zieht das Höschen runter und zupft den Rock zurecht, ohne das Höschen danach wieder hochzuziehen.
– Er, äh...
Sie legt eine Hand auf den Mund.
– Als ich ihm einen geblasen hab. Da hat er’s gesagt. Hat gesagt, ich kann jederzeit wiederkommen, wenn ich was brauche.
Sie senkt den Kopf und deutet auf die Tür.
– Das war doch kein Scheiß, oder? Mann, ich wollte mir von ihm ein bisschen X für die Party heute Abend besorgen.
Ich schüttle den Kopf.
– Nein, kein Scheiß.
Sie grinst und zieht sich das Höschen hoch, wobei sie den Rock wieder mit hineinschiebt.
– Cool. Echt cool.
Die beiden hinter der Tür erreichen den Höhepunkt. Ein Schrei, ein Kreischen, Glas splittert.
Sie blinzelt mich an.
– Hey, also, falls du was da hast, ich kann echt was vertragen. Nicht umsonst, klar, aber vielleicht können wir uns ja auf was einigen?
Ich schüttle den Kopf.
– Nein, ich hab nichts dabei.
Sie seufzt.
– Scheiße.
Die Tür knallt gegen ihren Hintern, und sie richtet sich ruckartig auf.
– Wird
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